Erfurt (jur). Auch bei einer Kündigung wegen übler Nachrede muss zunächst der Arbeitgeber die konkreten Gründe belegen. Der Arbeitnehmer muss erst dann entlastend vortragen, wenn sich tatsächlich feste Anhaltspunkte für den Vorwurf ergeben, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Freitag, 4. März 2022, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: 2 AZR 356/21). Danach kann es für die Auflösung des Arbeitsvertrags aber auch ein Grund sein, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess bewusst falsche Tatsachen vorträgt.
Im Streitfall hatte die Klägerin eine neue Teamleiterin bekommen. Daraufhin wandte sie sich mit einer E-Mail an den Vorstand der Muttergesellschaft und äußerte erhebliche Kritik an ihrer neuen Chefin. Der Arbeitgeber hielt die Behauptungen für unwahr und kündigte.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg hielt die Kündigung für nicht gerechtfertigt, eine Abmahnung hätte gereicht. Dies hob das BAG nun auf und verwies den Streit an das LAG zurück.
Zum einen habe das LAG nicht berücksichtigt, dass schon ein falscher Tatsachenvortrag des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könne (Bestätigung BAG-Urteil vom 24. Mai 2018, Az.: 2 AZR 73/18). Konkret geht es hier um die Behauptung, die Kritik werde von Kolleginnen mitgetragen. Dem sei das LAG nicht ausreichend nachgegangen.
Wenn sich die Behauptungen über die Teamleiterin als unwahr erweisen, gehe es zudem nicht „nur“ um den Wahrheitsgehalt, sondern auch um den Vorwurf der üblen Nachrede. Wenn er zutrifft, könne dies die Kündigung ebenfalls tragen. Auch dies müsse das LAG daher nochmals prüfen.
In der Beweispflicht sei dabei aber zunächst der Arbeitgeber, so der Leitsatz des jetzt schriftlich veröffentlichten Urteils vom 16. Dezember 2021. Erst wenn der den Vorwurf mit erheblichen Anhaltspunkten untermauern kann, müsse die Arbeitnehmerin entlastend vortragen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Symbolgrafik:© Gina Sanders - stock.adobe.com
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock