Bonn (jur). Ein Arbeitgeber muss nicht aktiv Gewerkschaftsinformationen per E-Mail an die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbreiten. Zwar darf eine Gewerkschaft selbst E-Mails ohne Einwilligung des Arbeitgebers an dienstliche E-Mail-Adressen ihrer Mitglieder versenden, der Arbeitgeber kann jedoch nicht zum Organisieren des E-Mail-Versandes verpflichtet werden, entschied das Arbeitsgericht Bonn in einem am Montag, 23. Mai 2022, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 2 Ca 93/22).
Das Grundgesetz sichert die Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften und damit ihr Recht auf Mitgliederwerbung und Information über ihre Aktivitäten. Nutzt die Arbeitnehmervertretung allerdings für ihre Information Betriebsmittel des Arbeitgebers, muss das Interesse der Gewerkschaft mit dem Interesse des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf miteinander abgewogen werden.
Im konkreten Fall arbeiteten in einem Unternehmen wegen der Corona-Pandemie mehrere Beschäftigte im Homeoffice. Damit die klagende Gewerkschaft Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über ihre Arbeit informieren kann, hatte der Arbeitgeber ihr das unternehmenseigenen Intranet zur Verfügung gestellt.
Dies hielt die Gewerkschaft nicht für ausreichend. Sie wollte gerichtlich erzwingen, dass der Arbeitgeber E-Mails mit einem von der Arbeitnehmervertretung gestalteten Inhalt an alle, auch im Homeoffice beschäftigten Arbeitnehmer verschickt.
Doch das ist etwas zu viel verlangt, urteilte am 11. Mai 2022, das Arbeitsgericht Bonn. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dürfe zwar eine Gewerkschaft auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers selbst E-Mails an die ihr bekannten dienstlichen E-Mail-Adressen ihrer Mitglieder versenden.
Hier solle aber dem Arbeitgeber eine „aktive Handlungspflicht“ auferlegt werden. Er solle nach den Vorstellungen der Gewerkschaft unter anderem den E-Mail-Versand organisieren. Die Arbeitnehmer würden dann, unabhängig davon, ob sie Gewerkschaftsmitglieder seien, die E-Mails während der Arbeitszeit zur Kenntnis nehmen. Das Recht des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf würde damit „übermäßig beeinträchtigt“, befand das Arbeitsgericht. Schließlich bestehe die Möglichkeit, dass die Gewerkschaft über das Intranet auch selbst alle im Homeoffice beschäftigten Arbeitnehmer erreichen kann.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock