Das Arbeitsgericht Siegburg (Az.: 5 Ca 1465/24) entschied am 23.01.2025, dass ein laufendes Ermittlungsverfahren wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte bei einem Sozialarbeiter im Arbeitszeugnis erwähnt werden darf, wenn der Schutz von Kindern dies erfordert.
Ermittlungsverfahren gegen Sozialarbeiter führt zu Zeugnisstreit
Ein Sozialarbeiter, der über vier Jahre beim Jugendamt einer Stadt tätig war und sich dort insbesondere um Kinderschutzmaßnahmen kümmerte, wurde verdächtigt, kinderpornographisches Material zu besitzen. Im Rahmen der Ermittlungen durchsuchte die Polizei sein Dienstzimmer und beschlagnahmte das Diensthandy.
Der Polizeibericht empfahl, den Zugang des Mitarbeiters zu Kindern und Jugendlichen zu unterbinden. Daraufhin kündigte die Stadt das Arbeitsverhältnis und stellte dem Kläger ein Arbeitszeugnis aus, das ausdrücklich das laufende Ermittlungsverfahren sowie die damit verbundenen Vorwürfe erwähnte.
Der Sozialarbeiter klagte auf Entfernung dieser Angaben, da er befürchtete, das Zeugnis könne seine Chancen auf eine neue Anstellung erheblich beeinträchtigen. Er berief sich auf die Unschuldsvermutung, da bislang kein rechtskräftiges Urteil gegen ihn vorliege.
Schutz von Kindern hat Vorrang vor Unschuldsvermutung
Das Arbeitsgericht Siegburg wies die Klage ab.
Zwar müssten Arbeitszeugnisse grundsätzlich wohlwollend formuliert sein und dürften aufgrund der Unschuldsvermutung in der Regel keine nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren erwähnen. Im vorliegenden Fall sah das Gericht jedoch eine Ausnahmesituation, bei der der Schutz von Kindern und Jugendlichen überwiege.
Besonders relevant war für das Gericht, dass der Kläger den Besitz der kinderpornographischen Dateien auf seinem Diensthandy im Prozess nicht bestritten hatte. Daher sei es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, diesen wesentlichen Aspekt im Zeugnis zu verschweigen. Das Zeugnis müsse nicht nur wohlwollend, sondern auch wahrheitsgemäß sein. Der Schutz potenziell gefährdeter Kinder stehe hier klar im Vordergrund, was die Erwähnung des Ermittlungsverfahrens im Zeugnis rechtfertige.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, eine Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln ist möglich.
Tipp: Wer in sensiblen Arbeitsbereichen tätig ist, sollte sich bewusst sein, dass Ermittlungsverfahren in Ausnahmefällen im Arbeitszeugnis erwähnt werden können, insbesondere wenn der Schutz Dritter – hier von Kindern – gefährdet wäre. Offenheit und Klarheit im Umgang mit solchen Vorwürfen sind daher entscheidend.
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