Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Urlaubskürzung bei Kurzarbeit

19.09.2021
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Nach einer Entscheidung des EuGH (08.11.2012, Az. C-229/11) und des LAG Düsseldorf (Urteil vom 12.03.21, Az. 6 Sa 824/20) ist es zulässig, bei Kurzarbeit Null den Urlaubsanspruch zu kürzen. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes gibt es hierzu bislang nicht und es gibt im Arbeitsrecht auch keine gesetzliche Kürzungsregelung für den Urlaub bei Kurzarbeit. Ob die Rechtsprechung des LAG Düsseldorf Bestand haben wird, ist deshalb durchaus noch unsicher.

Nachfolgend wollen wir erläutern, wie bei der Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit Null vorzugehen ist.

Gem. § 3 Abs. 1 BurlG ist der Jahresurlaub zu kürzen, wenn sich die Anzahl der jährlichen Arbeitstage verringert, sofern sich nichts anderes aus gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen ergibt (BAG, Urteil vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 315/17).

1. Berechnung der Urlaubskürzung bei Kurzarbeit

Ist der Arbeitnehmer in einer Fünf-Tage-Woche beschäftigt, ergeben sich im Kalenderjahr 260 Arbeitstage. Arbeitstage, die infolge von Kurzarbeit entfallen, werden als Arbeitstage abgezogen. Es sind die Urlaubstage zu berücksichtigen, die sich aus § 3 Abs. 1 BurlG ergeben, sofern keine vertraglichen Sonderregelungen eingreifen. Der gesetzliche Urlaubsanspruch beträgt 20 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche (LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.21, Az. 6 Sa 824/20).

Hat also ein Arbeitnehmer mit einer Fünf-Tage-Woche und dem gesetzlichen Mindesturlaub wegen der Kurzarbeit 10 Tag nicht gearbeitet, ergibt sich folgende Berechnung der Urlaubstage:

20 gesetzliche Urlaubstage x 250 tatsächliche Arbeitstage : 260 jährliche Arbeitstage = 19,23 tatsächliche Urlaubstage

2. Ankündigung der Urlaubskürzung

Die Urlaubskürzung muss nicht angekündigt werden, da sie kraft Gesetzes eintritt (§ 3 Abs. 1 BurlG). Eine Ankündigung ist dennoch sinnvoll, da der Arbeitnehmer aufgefordert werden muss, seinen Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Wurde der Arbeitnehmer nicht aufgefordert Resturlaub rechtzeitig zu nehmen, kann er nicht verfallen.

Dem Arbeitnehmer sollte deshalb ein etwaig verkürzter Urlaub unter konkreter Bezifferung des verbleibenden Urlaubsanspruchs mitgeteilt werden.

3. Zuviel genommener Urlaub

Hat der Arbeitnehmer bereits seinen Jahresurlaub genommen und es kommt zu einer Kürzung des Urlaubsanspruchs infolge Kurzarbeit, dann kommt es dazu, dass der Arbeitnehmer mehr Urlaub erhält, als ihm zusteht.

Die durch den Arbeitgeber einmal erteilte Freistellungserklärung wird aber nicht einseitig widerrufen werden können. Stimmt der Arbeitnehmer der Aufhebung der Freistellung nicht zu, müsste das gerichtlich geltend gemacht werden. Ob eine Rückforderung der Freistellung in Betracht kommt, weil der Arbeitnehmer ungerechtfertigt bereichert ist, wäre möglich (BAG, Urteil vom 23.04.1996, Az. 9 AZR 317/95). Eine gerichtliche Klärung steht jedoch insoweit noch aus.

Auch zu viel gezahltes Urlaubsentgelt wird der Arbeitgeber wohl nicht zurückfordern können. Der Arbeitgeber ist zunächst verpflichtet, zur Vermeidung von Kurzarbeit etwaigen Resturlaub zu gewähren (§ 96 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB III). Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aber zunächst auffordert, seinen Resturlaub zu nehmen, wird er nicht anschließend etwaig zu viel gezahltes Urlaubsentgelt zurückfordern können.

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