Steigern Sie Ihre Sichtbarkeit und gewinnen Sie mehr Mandate. Jetzt 1 Monat kostenlos testen!Pfeil rechtsPremiumeintrag jetzt kostenlos testenPfeil rechts

Arbeitszeitregelungen bei Abwesenheit: LAG Nürnberg stärkt Rechte von Arbeitnehmern

Zuletzt bearbeitet am: 04.12.2024

In einer richtungsweisenden Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg am 16. August 2024 eine wichtige Klärung in Bezug auf die Arbeitszeitregelungen bei Abwesenheiten durch Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit vorgenommen. Dieses Urteil konkretisiert die Anforderungen an die Erfassung von Arbeitszeiten auf Arbeitszeitkonten und hat maßgebliche Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern sowie Arbeitnehmern in Bayern und potenziell darüber hinaus.

Sachverhalt und Hintergründe

In dem verhandelten Fall klagte ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitszeiten während seiner Urlaubs- und Krankheitstage nicht entsprechend dem Dienstplan anerkannt wurden. Dabei war strittig, wie die Arbeitszeiten bei Abwesenheit auf dem Arbeitszeitkonto zu verbuchen sind. Der Kläger forderte eine Korrektur der Zeiterfassung für die Tage, an denen er laut Dienstplan hätte arbeiten sollen, aber abwesend war.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg

Das LAG Nürnberg stellte in seinem Urteil (Az. 4 Sa 339/20) klar, dass die dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitszeit grundsätzlich auch dann auf dem Arbeitszeitkonto anzurechnen ist, wenn der Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz war. Dies betrifft Zeiten des Urlaubs sowie der Arbeitsunfähigkeit. Die Entscheidung basiert auf der tarifvertraglichen Regelung des § 11 Abs. 2 U Abs. 3 des Manteltarifvertrags (MTV), die eine Gutschrift der planmäßigen Arbeitszeit in solchen Fällen vorschreibt.

Relevanz der tariflichen Regelungen

Das Gericht betonte die Bedeutung der tarifvertraglichen Vereinbarungen, welche eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden vorsehen. Die richterliche Auslegung dieser Regelungen sichert, dass die Beschäftigten ihre vertraglich zugesicherte Arbeitszeit erreichen und dabei kein negatives Arbeitszeitkonto entsteht, was wiederum deren Gehaltsansprüche beeinträchtigen könnte.

Rechtsfolgen und ihre Bedeutung für die Praxis

Durch das Urteil sind Arbeitgeber nun angehalten, die Arbeitszeiten entsprechend der Dienstpläne auch während der Abwesenheit ihrer Arbeitnehmer (aufgrund von Urlaub oder Krankheit) auf den Arbeitszeitkonten korrekt zu erfassen. Dies stellt eine gerechtere und transparentere Handhabung der Arbeitszeitkonten sicher und vermeidet rechtliche Auseinandersetzungen über Arbeitszeitdifferenzen, die durch Abwesenheiten entstehen können.

Praxis-Tipp

Es empfiehlt sich für Arbeitgeber, die eigenen Dienstpläne und die Erfassung der Arbeitszeiten genau zu überprüfen, um Konformität mit den aktuellen gerichtlichen Entscheidungen und tariflichen Vorgaben zu gewährleisten. Bei Unsicherheiten kann die Einholung von rechtlichem Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht zur Absicherung beitragen.

Exkurs: Arbeitszeiterfassung

Die Arbeitszeiterfassung spielt eine zentrale Rolle im Arbeitsrecht. Sie dient nicht nur der Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeitvorgaben, sondern auch dem Schutz von Arbeitnehmern. Während das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung vorschreibt, bestehen spezifische Aufzeichnungspflichten für Überstunden und Minijobs. Arbeitgeber können dabei verschiedene Methoden nutzen. Darüber hinaus trägt die Arbeitszeiterfassung wesentlich zur Wahrung von Ruhezeiten und zur Vermeidung zeitlicher Entgrenzung, insbesondere im Homeoffice, bei. Sie fördert so nicht nur die Rechtskonformität, sondern auch eine gesunde Work-Life-Balance.

Fazit

Die Entscheidung des LAG Nürnberg (Az. 4 Sa 339/20) stellt eine bedeutende Klarstellung in der Behandlung von Dienstplanzeiten bei Urlaub und Krankheit dar. Sie schützt die Rechte der Arbeitnehmer, indem sie sicherstellt, dass diese für ihre planmäßige Arbeitszeit auch im Fall von Abwesenheiten angemessen berücksichtigt werden. Arbeitgeber sollten diese neuesten richterlichen Hinweise umgehend prüfen und in ihre Arbeitszeitmanagement-Praktiken integrieren, um rechtliche Risiken zu minimieren und eine faire Behandlung aller Beschäftigten zu gewährleisten.

Symbolgrafik:© fotomek - stock.adobe.com

Diesen Artikel bewerten: SternSternSternSternStern
Diesen Artikel teilen: Linkedin Xing X
Whatsapp
Facebook
Fragen? Jetzt Fachanwalt.de-KI kostenlos fragen

Ihr Chatverlauf

Schildern Sie Ihr Problem ausführlich und erhalten innerhalb von Sekunden eine kostenlose KI-Ersteinschätzung:

Mit Nutzung unseres KI-Features akzeptieren Sie unsere Nutzungsbedingungen.

SofortantwortSofortantwort 24/7
NachfragemöglichkeitNachfragemöglichkeit
Kostenlos!Kostenlos!
Antwort erhalten Pfeil nach rechts
Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Einführung von Headset-Systemen: Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats bestätigt
16.01.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 16. Juli 2024 ( Az.: 1 ABR 16/23 ) entschieden, dass die Einführung und Nutzung eines Headset-Systems, das Vorgesetzten das Mithören der Kommunikation unter Arbeitnehmern ermöglicht, der Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrats unterliegt. Solche technischen Einrichtungen sind ein typisches Beispiel für Systeme, bei denen Mitbestimmung erforderlich ist, insbesondere wenn sie potenziell zur Überwachung der Arbeitnehmer geeignet sind. Dies gilt auch dann, wenn die Gespräche nicht aufgezeichnet oder gespeichert werden. Rechtliche Grundlagen § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Regelt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu...

weiter lesen weiter lesen

Behandelnde Ärztin kann bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit als Zeugin aussagen
15.01.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht

Das Arbeitsgericht Berlin hat am 19. März 2024 ( Az.: 22 Ca 8667/23 ) entschieden, dass eine behandelnde Ärztin als sachverständige Zeugin aussagen kann, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers bestehen. Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für den Umgang mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) und deren Beweiswert im arbeitsrechtlichen Kontext, da sie zeigt, dass der Beweiswert einer AU unter bestimmten Umständen erschüttert werden kann, was eine ärztliche Zeugenaussage erforderlich macht. Arbeitsunfähigkeit: Rechtliche Grundlagen Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin basiert auf dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), insbesondere § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Wesentliche Punkte: Anspruch auf Entgeltfortzahlung setzt eine ärztliche Bescheinigung voraus....

weiter lesen weiter lesen
Neue Verdienstgrenze bei Minijobs: Mehr Verdienstmöglichkeiten 2025
SternSternSternSternStern
(1 Bewertung)09.01.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht

Mit Beginn des Jahres 2025 treten bedeutende Änderungen für Minijobber in Kraft. Neben einer Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12,82 Euro pro Stunde wird auch die monatliche Verdienstgrenze für geringfügige Beschäftigungen von aktuell 538 Euro auf 556 Euro erhöht. Diese Anpassungen betreffen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen und bieten neue Chancen, erfordern jedoch auch eine präzise Planung.  Verdienstgrenze bei Minijobs: Rechtliche Grundlagen der Anpassung Mindestlohngesetz (MiLoG): Regelt den gesetzlichen Mindestlohn, der ab Januar 2025 auf 12,82 Euro pro Stunde steigt. Sozialgesetzbuch IV (§ 8 Abs. 1a SGB IV): Definiert die Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs, die dynamisch an den Mindestlohn gekoppelt ist. Mit diesen gesetzlichen Grundlagen wird sichergestellt,...

weiter lesen weiter lesen

Der digitale Arbeitsvertrag ab 2025: Das sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten
SternSternSternSternStern
(1 Bewertung)12.12.2024Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht

Ab dem 1. Januar 2025 wird es in Deutschland erstmals möglich sein, digitale Arbeitsverträge abzuschließen. Diese Neuerung, eingeführt durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV), markiert einen entscheidenden Meilenstein in der Modernisierung des Arbeitsrechts. Schnellere, effizientere und rechtlich abgesicherte Verfahren werden den Arbeitsalltag transformieren und die Digitalisierung in der Arbeitswelt entscheidend voranbringen. Dieser Fortschritt steht exemplarisch für die Anpassung des Arbeitsrechts an die Erfordernisse einer zunehmend digitalen Gesellschaft. Neue Chancen durch digitale Arbeitsverträge Die Möglichkeit, Arbeitsverträge digital abzuschließen, revolutioniert den Einstellungsprozess. Bislang war die eigenhändige Unterschrift auf Papier notwendig.  Ab 2025 können...

weiter lesen weiter lesen

Rechtsanwalt gesucht?
Sie haben Fragen?