In einer richtungsweisenden Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg am 16. August 2024 eine wichtige Klärung in Bezug auf die Arbeitszeitregelungen bei Abwesenheiten durch Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit vorgenommen. Dieses Urteil konkretisiert die Anforderungen an die Erfassung von Arbeitszeiten auf Arbeitszeitkonten und hat maßgebliche Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern sowie Arbeitnehmern in Bayern und potenziell darüber hinaus.
Sachverhalt und Hintergründe
In dem verhandelten Fall klagte ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitszeiten während seiner Urlaubs- und Krankheitstage nicht entsprechend dem Dienstplan anerkannt wurden. Dabei war strittig, wie die Arbeitszeiten bei Abwesenheit auf dem Arbeitszeitkonto zu verbuchen sind. Der Kläger forderte eine Korrektur der Zeiterfassung für die Tage, an denen er laut Dienstplan hätte arbeiten sollen, aber abwesend war.
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg
Das LAG Nürnberg stellte in seinem Urteil (Az. 4 Sa 339/20) klar, dass die dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitszeit grundsätzlich auch dann auf dem Arbeitszeitkonto anzurechnen ist, wenn der Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz war. Dies betrifft Zeiten des Urlaubs sowie der Arbeitsunfähigkeit. Die Entscheidung basiert auf der tarifvertraglichen Regelung des § 11 Abs. 2 U Abs. 3 des Manteltarifvertrags (MTV), die eine Gutschrift der planmäßigen Arbeitszeit in solchen Fällen vorschreibt.
Relevanz der tariflichen Regelungen
Das Gericht betonte die Bedeutung der tarifvertraglichen Vereinbarungen, welche eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden vorsehen. Die richterliche Auslegung dieser Regelungen sichert, dass die Beschäftigten ihre vertraglich zugesicherte Arbeitszeit erreichen und dabei kein negatives Arbeitszeitkonto entsteht, was wiederum deren Gehaltsansprüche beeinträchtigen könnte.
Rechtsfolgen und ihre Bedeutung für die Praxis
Durch das Urteil sind Arbeitgeber nun angehalten, die Arbeitszeiten entsprechend der Dienstpläne auch während der Abwesenheit ihrer Arbeitnehmer (aufgrund von Urlaub oder Krankheit) auf den Arbeitszeitkonten korrekt zu erfassen. Dies stellt eine gerechtere und transparentere Handhabung der Arbeitszeitkonten sicher und vermeidet rechtliche Auseinandersetzungen über Arbeitszeitdifferenzen, die durch Abwesenheiten entstehen können.
Praxis-Tipp
Es empfiehlt sich für Arbeitgeber, die eigenen Dienstpläne und die Erfassung der Arbeitszeiten genau zu überprüfen, um Konformität mit den aktuellen gerichtlichen Entscheidungen und tariflichen Vorgaben zu gewährleisten. Bei Unsicherheiten kann die Einholung von rechtlichem Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht zur Absicherung beitragen.
Exkurs: Arbeitszeiterfassung
Die Arbeitszeiterfassung spielt eine zentrale Rolle im Arbeitsrecht. Sie dient nicht nur der Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeitvorgaben, sondern auch dem Schutz von Arbeitnehmern. Während das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) keine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung vorschreibt, bestehen spezifische Aufzeichnungspflichten für Überstunden und Minijobs. Arbeitgeber können dabei verschiedene Methoden nutzen. Darüber hinaus trägt die Arbeitszeiterfassung wesentlich zur Wahrung von Ruhezeiten und zur Vermeidung zeitlicher Entgrenzung, insbesondere im Homeoffice, bei. Sie fördert so nicht nur die Rechtskonformität, sondern auch eine gesunde Work-Life-Balance.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Nürnberg (Az. 4 Sa 339/20) stellt eine bedeutende Klarstellung in der Behandlung von Dienstplanzeiten bei Urlaub und Krankheit dar. Sie schützt die Rechte der Arbeitnehmer, indem sie sicherstellt, dass diese für ihre planmäßige Arbeitszeit auch im Fall von Abwesenheiten angemessen berücksichtigt werden. Arbeitgeber sollten diese neuesten richterlichen Hinweise umgehend prüfen und in ihre Arbeitszeitmanagement-Praktiken integrieren, um rechtliche Risiken zu minimieren und eine faire Behandlung aller Beschäftigten zu gewährleisten.
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