Lüneburg. Auch in allgemeinen Wohngebieten ist ein sozialtherapeutisches Zentrum zulässig. Dies gilt auch dann, wenn es dort zu einer Unterbringung von für Personen mit Neigung zur Selbstgefährdung kommen soll, wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg in einem am Montag, 26. September 2022 bekannt gegebenen Beschluss entschieden hat (Az.: 1 ME 90/22).
Das Gericht hat damit die Baugenehmigung zur Errichtung eines sozialtherapeutischen Zentrums in einem allgemeinen Wohngebiet in Bad Eilsen im Südwesten Niedersachsens bestätigt. Das Zentrum soll über 41 Wohnplätze verfügen. Davon sind 17 in einem „geschützten Bereich“ für Personen, die wegen einer seelischen oder geistigen Behinderung oder Erkrankung möglicherweise ein selbstgefährdendes Verhalten aufweisen können.
Eine Anwohnerin wendet sich gegen dieses Vorhaben. Eine Unterbringung im „beschützenden Bereich“ sei nicht freiwillig und daher in einem allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig. Sie hat auch Befürchtungen vor unzumutbaren Belästigungen durch Lärm sowie fremdgefährdendes Verhalten.
Das OVG betonte hingegen, dass „der Wunsch, von einem Aufenthalt von Menschen mit seelischen oder geistigen Behinderungen in unmittelbarer Umgebung des eigenen Grundstücks verschont zu bleiben“ keine baurechtliche Relevanz habe. Ein derartiger Wunsch sei vielmehr nicht vereinbar mit dem Gebot der Achtung der Menschenwürde.
Ein sozialtherapeutisches Zentrum sei dazu da, Menschen mit Behinderungen unterzubringen. Daher sei es „als Anlage für soziale Zwecke in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig“. Daran ändere nichts, dass es hier auch um Menschen gehe, die wegen eines betreuungsgerichtlichen Beschlusses in die Einrichtung kommen, da auch dann die „Fürsorge für die Menschen und deren Wohl im Vordergrund“ stehe.
In einem allgemeinen Wohngebiet sei es zwar unzulässig, eine Einrichtung des Justiz- oder Maßregelvollzugs, in der auch Personen untergebracht werden, die Dritte gefährden können, zu errichten. Aber hier gehe um Menschen, die sich selbst gefährden könnten. Es sei nicht erkennbar, dass von ihnen eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgehen könne. Vielmehr seien auch in einem allgemeinen Wohngebiet die „Lebensäußerungen psychisch erkrankter Bewohner“ hinzunehmen. Etwas anderes gelte laut Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 22. Juli 2022 nur, wenn diese insbesondere nachts ein „unzumutbares Ausmaß“ annehmen.
Quelle: © Fachanwalt.de
Symbolgrafik: © Zerbor - stock.adobe.com