Mannheim. Zumindest in Baden-Württemberg muss eine als Ersatzschule anerkannte Privatschule nicht zwingend Religionsunterricht anbieten. Wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in einem am 24. Juni 2022 verkündeten Urteil entschieden hat, darf die staatliche Schulaufsicht dies nicht zur Voraussetzung für die Anerkennung als Ersatzschule machen (Az.: 9 S 994/21).
Damit gab das Gericht einer gemeinnützigen Träger-GmbH für ein zweisprachigen Privatgymnasiums in Ulm recht. Dieses wurde 2012 genehmigt und 2018 als Ersatzschule für die Klassen 5 bis 10 anerkannt worden. Im Jahre 2019 erhielt das Gymnasium dann auch für die gymnasiale Oberstufe die Anerkennung als Ersatzschule. Aufgrund dieser Anerkennung kann die Schule selbst Prüfungen durchführen und staatlich anerkannte Zeugnisse ausgeben. Bei Fehler dieser Anerkennung müssen die Schüler die Prüfung an einer ihnen fremden staatlichen Schule ablegen.
Die Anerkennung als Ersatzschule war in diesem Fall jedoch mit der Auflage verbunden, dass sie auch katholischen und/oder evangelischen Religionsunterricht in der Oberstufe anbietet. Die Träger-GmbH klagte dagegen.
Der VGH Mannheim hat der Klage nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen nun stattgegeben. Die staatliche Anerkennung als Ersatzschule setze nicht voraus, dass Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach an der Schule angeboten wird.
Als Begründung verwiesen die Richter in Mannheim auf den Katalog der Zulassungsvoraussetzungen für eine Anerkennung nach dem Gesetz Landes-Privatschulgesetz. Dort werde der Religionsunterricht nicht genannt. Die Voraussetzungen würden in dem Paragrafen jedoch „abschließend konkretisiert". Hierdurch werde ausgeschlossen, unter Heranziehung weiterer Vorschriften eine Pflicht zum Religionsunterricht abzuleiten.
Der VGH ließ den Hinweis, dass eine anerkannte Ersatzschule nicht hinter den Lehrzielen der öffentlichen Schule zurückstehen dürfe, nicht gelten. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei klargestellt, dass private Schulen nicht allein deshalb hinter öffentliche Schulen zurückstehen, weil sie keinen Religionsunterricht anbieten.
Der Religionsunterricht stehe auch wegen der positiven und negativen Religionsfreiheit verfassungsrechtlich "in einem besonderen Spannungsverhältnis zur staatlichen Schulaufsicht". Daher wäre nach dem Urteil des VGH Mannheim vom 09. Mai 2022 auch die Pflicht, Religion zu unterrichten „ein besonders intensiver Eingriff in die Privatschulfreiheit“.
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