Sozialrecht

Auch Unfall in der Pause kann versichert sein

Zuletzt bearbeitet am: 08.01.2024

Stuttgart (jur). Arbeitspausen gelten eigentlich als Privatsache. „Spezifische betriebsbezogene Gefahren“ fallen aber dennoch unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Montag, 6. März 2023, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: L 1 U 2032/22). 

Der Kläger war in einer Arbeitspause zum Luftschnappen im Freien und hielt sich in einem vom Arbeitgeber ausgewiesenen Pausenbereich auf. Dort fuhr ihn ein Gabelstapler an. Bei dem Unfall brach sich der Mann einen Arm und erlitt eine Zerrung im Kniegelenk. 

Die zuständige Unfallgenossenschaft erkannte dies nicht als Arbeitsunfall an. Mit seinem Urteil vom 27. Februar 2023 gab nun jedoch das LSG Stuttgart der Klage des Mannes statt. 

Üblich sind Arbeitnehmer nicht unfallversichert, wenn sie sich etwa in der Kantine oder anderen Pausenbereichen aufhalten. Das Essen oder andere Pausentätigkeiten gelten als privat. Darauf hatte hier auch die Berufsgenossenschaft verwiesen. 

Doch davon gibt es eine Ausnahme, wie nun das LSG Stuttgart betonte. Danach gelte der Unfallschutz auch in der Pause, wenn sich „eine spezifische betriebsbezogene Gefahr verwirklicht“. Arbeitnehmer dürften „darauf vertrauen, während einer gestatteten Pause in einem vom Arbeitgeber ausgewiesenen Bereich keinen gegenüber dem allgemeinen Leben erhöhten Gefahren ausgesetzt zu sein“. 

Hier habe aber eine erhöhte Gefahr vorgelegen. Nach mehreren Untersuchungen der Unfallversicherung seien Gabelstapler erheblich gefährlicher als etwa der Straßenverkehr. 

Hiergegen ließ das LSG allerdings die Revision zu. Das Bundessozialgericht müsse insbesondere klären, ob die Ausnahme auch für Pausenbereiche gilt, die nicht unmittelbar bei dem Betrieb liegen. 

Nicht unfallversichert ist das Luftschnappen, wenn keine besondere betriebliche Gefahr vorliegt. So hatte in einem früheren Fall das LSG Stuttgart eine Arbeitnehmerin abgewiesen, die wegen eines Unwetters draußen nach ihrem Fahrrad sehen wollte (Urteil vom 27. März 2017, Az.: L 3 4821/16; JurAgentur-Meldung vom 17.07.2017). 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© cardephotography - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Sozialrecht Verwaltungsgericht Aachen: Hautkrebs eines Polizisten keine Berufskrankheit

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seinem Urteil (Az.: 1 K 2399/23 ) die Hautkrebserkrankung eines ehemaligen Polizisten nicht als Berufskrankheit anerkannt. Polizist fordert Anerkennung von Hautkrebs als Berufskrankheit Ein langjähriger Polizeibeamter, der nahezu sein ganzes Berufsleben im Streifendienst verbrachte, forderte die Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit. Der Betroffene argumentierte, während seiner fast 46 Dienstjahre hauptsächlich im Freien tätig gewesen zu sein, ohne dass ihm Schutzmittel gegen UV-Strahlung zur Verfügung gestellt wurden oder auf die Wichtigkeit solcher Schutzmaßnahmen hingewiesen wurde. Aufgrund ... weiter lesen

Sozialrecht LSG-Urteil: Einzelfahrten von Fahrtrainern als Arbeitsunfall anerkannt

Im aktuellen Fall des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde entschieden, dass die Erkundungsfahrt eines Fahrtrainers als Arbeitsunfall gilt (Az.: L 8 U 3350/22 ). Fahrtrainer-Unfall auf Erkundungsfahrt: Streit um Arbeitsunfall Ein selbständiger Motorrad-Fahrtrainer verletzte sich schwer, als er allein auf Erkundungsfahrt für ein bevorstehendes Training stürzte. Der Unfall ereignete sich 50 km entfernt von seinem Zuhause. Er argumentierte, dass die Fahrt zur Vorbereitung auf ein spezielles Training notwendig war, um die Straßenverhältnisse zu prüfen. Seine Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da sie die Fahrt als private ... weiter lesen

Sozialrecht Landessozialgericht entscheidet: Kein Unfallversicherungsschutz auf indirektem Arbeitsweg

Im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde der Fall einer Klägerin behandelt, die auf einem Umweg zur Arbeit verunfallte und daher keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hatte (Az.  L 10 U 3232/21 ). Mutter nach Umweg-Unfall ohne Versicherungsschutz Eine Frau begleitete ihre Tochter auf dem Schulweg zu einem Treffpunkt, der entgegengesetzt zu ihrer Arbeitsstelle lag. Nach diesem Umweg ereignete sich auf dem Weg zur Arbeit, jedoch noch vor dem Erreichen der direkten Route von ihrer Wohnung aus, ein Unfall, bei dem sie schwer verletzt wurde. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ... weiter lesen

Sozialrecht Sozialgericht Düsseldorf: Kein Arbeitsunfall bei Hilfe für Schwiegersohn

Das Sozialgericht Düsseldorf (Az.: S 6 U 284/20 ) hat entschieden, dass die Renovierung im Haus des Schwiegervaters nicht als Arbeitsunfall gilt. Verletzung bei Schwiegersohn ist kein Arbeitsunfall Der 51-jährige Kläger unterstützte bei Renovierungsarbeiten im Haus seines Schwiegersohnes, wo dieser mit der Tochter des Klägers und deren Sohn lebte. Während der Arbeiten verletzte sich der Kläger schwer und forderte von der Berufsgenossenschaft die Anerkennung als Arbeitsunfall, um Leistungen der Unfallversicherung zu erhalten. Die Berufsgenossenschaft wies dies zurück, da eine "Wie-Beschäftigung" aufgrund der familiären Bindung nicht vorliege. ... weiter lesen

Ihre Spezialisten