Arbeitsrecht

Ausgehängter Dienstplan ist „aufgestellt“

Zuletzt bearbeitet am: 22.03.2024

Erfurt (jur). Hängen Zuschläge beispielsweise zu Bereitschaftsdiensten davon ab, wann der entsprechende Dienstplan „aufgestellt“ wurde, meint dies die Bekanntgabe durch den Arbeitgeber. Auf die Rechtmäßigkeit des Dienstplans oder eine noch fehlende Zustimmung durch den Betriebs- oder Personalrat kommt es dabei in der Regel nicht an, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Samstag, 6. Mai 2023, veröffentlichten Urteil zum Tarifvertrag für Ärzte an kommunalen Kliniken entschied (Az.: 6 AZR 130/22). 

Der Tarifvertrag bestimmt, dass der Dienstplan für Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften „spätestens einen Monat vor Beginn des jeweiligen Planungszeitraumes aufgestellt wird“. Wird diese Frist nicht eingehalten, gibt es seit Jahresbeginn 2023 einen Zuschlag von 17,5 Prozent, hier im Streitzeitraum 2020 noch zehn Prozent. Aus wichtigen Gründen, etwa Krankheit, sind kurzfristigere Änderungen aber auch ohne Zuschlag möglich. 

Der Kläger ist Oberarzt an einer kommunalen Klinik in Nordbaden. Er verlangte Zuschläge in Höhe von 1.320 Euro für 16 Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften von Februar bis September 2020. Die entsprechenden Dienstpläne hingen zwar pünktlich aus, es fehlte aber jeweils die Zustimmung des Betriebsrats. Er hatte diese verweigert, weil nach seiner Überzeugung die Dienstpläne gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen hatten. Die Einigungsstelle hatte der Arbeitgeber nicht angerufen. 

Der klagende Oberarzt meint, unter diesen Voraussetzungen seien die Dienstpläne nicht „aufgestellt“ gewesen, so dass ihm der Zuschlag zustehe. 

Dem folgte das BAG nicht. Die Dienstpläne seien rechtzeitig bekanntgegeben und damit auch rechtzeitig „aufgestellt“ worden. 

Zur Begründung verwiesen die Erfurter Richter auf den Wortsinn. Nach den einschlägigen Wörterbüchern gelte ein Plan als „aufgestellt“, wenn er „erarbeitet“ oder „erdacht und veröffentlicht“ wurde. Es gehe dabei also allein um „seine Errichtung und Bekanntgabe“. Weitere Vorbehalte, wie hier seine rechtliche Wirksamkeit, würden nach allgemeinem Sprachgebrauch durch Zusätze wie „gültig“ oder „(rechts-)wirksam“ zum Ausdruck gebracht. 

Hier gebe es solche Zusätze nicht. Auf den unumstrittenen Verstoß der Klinik gegen das Mitbestimmungsrecht komme es daher ebenso wenig an wie auf mögliche Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz, urteilte das BAG. Diese Auslegung entspreche auch dem Zweck der Regelung, den Ärzten eine gewisse Planungssicherheit zu geben. 

Rechtlos seien die Krankenhausärzte dadurch nicht. Denn ohne die Zustimmung des Betriebsrats beziehungsweise Personalrats stehe den Arbeitnehmern ein Leistungsverweigerungsrecht zu. 

Das BAG räumte ein, dass in Krankenhäusern eine Leistungsverweigerung aus Gründen der Patientensicherheit problematisch ist. „Gleichwohl haben die Tarifvertragsparteien die Leistungsverweigerungsmöglichkeit offenkundig als ausreichende Sanktion für die Rechtswidrigkeit des Dienstplans angesehen“, heißt es in ihrem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 16. März 2023. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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