Luxemburg (jur). Die Auslieferung von EU-Bürgern an Drittstaaten ist zulässig, „um der Gefahr der Straflosigkeit entgegenzuwirken“. Das gilt insbesondere dann, wenn hier Deutschland völkerrechtlich zur Auslieferung verpflichtet ist, urteilte am 22. Dezember 2022 der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-237/21).
Im konkreten Fall begehrt Bosnien von Deutschland die Auslieferung eines Bosniers, um eine Freiheitsstrafe zu vollstrecken. Der Mann hat auch die kroatische Staatsangehörigkeit, ist also EU-Bürger.
Das damit befasste Oberlandesgericht (OLG) München ist sich unsicher, ob Deutschland dem Auslieferungsersuchen nachzukommen hat. Nach dem EU-Auslieferungsabkommen mit Bosnien und Herzegowina sei Deutschland dazu verpflichtet. Allerdings könne dies zu einer nach EU-Recht unzulässigen Ungleichbehandlung wegen der Staatsangehörigkeit führen. Denn deutsche Staatsangehörige würden nicht ausgeliefert. Zudem könne der Mann seine Strafe gegebenenfalls auch in Deutschland absitzen. Auf eine entsprechende Anfrage hat Bosnien bislang allerdings nicht reagiert.
Hierzu urteilte nun der EuGH, dass sich Deutschland aktiv um die Zustimmung Bosniens bemühen muss, um eine Auslieferung des EU-Bürgers zu vermeiden. Könne Deutschland diese Zustimmung nicht erlangen, stünden das Diskriminierungsverbot und auch die EU-Reisefreiheit der Auslieferung aber nicht entgegen. „Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass der Betroffene straflos bliebe“, argumentierten die Luxemburger Richter. Anderes gelte nur, wenn im Zielland der Auslieferung die Todesstrafe, Folter oder eine andere unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock