Das Bundesarbeitsgericht (Az. 8 AZR 370/20) erklärte eine tarifliche Regelung zu Überstundenzuschlägen für unwirksam.
Benachteiligung von Teilzeitkräften
Eine Pflegekraft in Teilzeit klagte gegen ihren Arbeitgeber, einen ambulanten Dialyseanbieter mit über 5.000 Mitarbeitern. Laut Manteltarifvertrag (MTV) wurden Überstundenzuschläge nur für Arbeitszeiten über der regulären Wochenarbeitszeit von Vollzeitkräften gewährt. Diese Regelung benachteiligte Teilzeitbeschäftigte, da ihre Mehrarbeit nicht berücksichtigt wurde.
Die Klägerin, deren Arbeitszeitkonto über 129 Überstunden aufwies, erhielt keine Zuschläge oder Zeitgutschriften. Sie verlangte eine Gutschrift von 38 Stunden und 39 Minuten sowie eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe eines Vierteljahresverdienstes.
Während das Arbeitsgericht die Klage abwies, entschied das Landesarbeitsgericht zugunsten der Zeitgutschrift, nicht jedoch der Entschädigung. Das Verfahren wurde aufgrund europarechtlicher Fragen an den EuGH verwiesen, der eine mittelbare Diskriminierung von Teilzeitkräften feststellte.
Entscheidungsbegründung des Bundesarbeitsgerichts
Das BAG folgte der EuGH-Rechtsprechung und erklärte § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV teilweise für unwirksam.
Die Regelung verstoße gegen § 4 Abs. 1 TzBfG, da sie keine anteilige Anpassung für Teilzeitkräfte vorsieht. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung war nicht erkennbar. Zudem bestätigte das Gericht eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts, da mehr als 90 % der Teilzeitbeschäftigten Frauen sind.
Die Klägerin erhielt daher sowohl die beantragte Zeitgutschrift als auch eine Entschädigung von 250 Euro. Dieser Betrag wurde als angemessen erachtet, um den immateriellen Schaden auszugleichen und eine abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu entfalten.
Tipp: Arbeitgeber sollten tarifliche Regelungen sorgfältig auf ihre Vereinbarkeit mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz sowie dem AGG prüfen. Eine Benachteiligung von Teilzeitkräften oder mittelbare Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts können erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Arbeitnehmern wird geraten, bei ähnlichen Fällen ihre Rechte genau prüfen zu lassen und Ansprüche gegebenenfalls gerichtlich geltend zu machen.
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