Steigern Sie Ihre Sichtbarkeit und gewinnen Sie mehr Mandate. Jetzt 1 Monat kostenlos testen!Pfeil rechtsPremiumeintrag jetzt kostenlos testenPfeil rechts

BAG: Probezeit darf nicht genauso lang sein, wie das Arbeitsverhältnis

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem Urteil vom 5. Dezember 2024 (2 AZR 275/23) eine wegweisende Entscheidung getroffen: Eine Probezeit, die der gesamten Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses entspricht, ist in der Regel unverhältnismäßig und damit unwirksam. Diese Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen und den Schutz von Arbeitnehmern.

Dauer der Probezeit: Die rechtlichen Grundlagen und das Urteil im Detail

Gemäß § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) dürfen befristete Arbeitsverträge nicht so ausgestaltet werden, dass sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Das BAG entschied, dass eine Probezeit nicht die gesamte Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags umfassen darf, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor. Eine solche Regelung würde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen und dem Arbeitnehmer wesentliche Schutzmechanismen des Kündigungsschutzgesetzes vorenthalten.

Probezeit im BAG-Fall

Im verhandelten Fall hatte ein Arbeitnehmer einen auf sechs Monate befristeten Arbeitsvertrag mit einer ebenfalls sechsmonatigen Probezeit abgeschlossen. Diese Regelung hätte bedeutet, dass der Arbeitnehmer während der gesamten Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses ohne regulären Kündigungsschutz geblieben wäre. Das BAG erklärte diese Vertragsklausel für unwirksam.

Diese Entscheidung hat große Bedeutung, da ähnliche Vertragsgestaltungen in vielen Unternehmen üblich sind. Arbeitgeber müssen daher ihre bestehenden Vertragsmuster überprüfen und anpassen, um rechtliche Risiken zu vermeiden.

Auswirkungen auf Unternehmen: Was Arbeitgeber jetzt beachten müssen

Das Urteil schränkt die Vertragsgestaltungsmöglichkeiten von Unternehmen erheblich ein. Arbeitgeber müssen künftig sicherstellen, dass eine Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis verhältnismäßig ist. Andernfalls drohen rechtliche Konsequenzen, insbesondere die Unwirksamkeit der vereinbarten Probezeit und die Anwendung des regulären Kündigungsschutzes.

Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

Die Probezeit sollte immer kürzer als die Gesamtlaufzeit des befristeten Vertrags sein. Wenn eine längere Probezeit erforderlich ist, sollten besondere Umstände dokumentiert werden. Alternativ kann geprüft werden, ob eine kürzere Befristung ohne Probezeit sinnvoller ist. Eine Verlängerungsoption kann eine rechtssichere Alternative darstellen. Unternehmen sollten ihre Personalverantwortlichen schulen, um die neuen rechtlichen Anforderungen zu erfüllen, und Arbeitsverträge regelmäßig durch eine Rechtsabteilung oder Fachanwälte überprüfen.

Praxistipp für Unternehmen: Falls Sie befristete Arbeitsverträge mit einer Probezeit abschließen, sollten Sie sicherstellen, dass die Probezeit im Verhältnis zur Vertragsdauer angemessen ist. Eine frühzeitige Abstimmung mit der Rechtsabteilung kann helfen, rechtliche Risiken zu minimieren. Alternativ können flexiblere Vertragsgestaltungen, wie eine kürzere Erstbefristung mit Verlängerungsoption, eine sinnvolle Lösung sein.

Konsequenzen für Arbeitnehmer: Stärkung des Kündigungsschutzes

Für Arbeitnehmer bringt das Urteil eine erhebliche Verbesserung des Kündigungsschutzes. Eine unangemessen lange Probezeit kann nicht mehr ohne Weiteres durchgesetzt werden, sodass Arbeitnehmer schneller in den Genuss der gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen kommen. Allerdings bleibt die Befristung als solche weiterhin zulässig.

Rechte und Möglichkeiten für Arbeitnehmer:

  • Arbeitnehmer können eine unverhältnismäßige Probezeit vor dem Arbeitsgericht anfechten.
  • Falls das Arbeitsverhältnis innerhalb einer unzulässigen Probezeit beendet wurde, könnten Schadensersatzansprüche oder eine Weiterbeschäftigung geltend gemacht werden.
  • Arbeitnehmer sollten vor Vertragsunterzeichnung die Probezeitklauseln genau prüfen.
  • Wer sich bereits in einem befristeten Arbeitsverhältnis befindet, kann gegebenenfalls eine nachträgliche Anpassung der Probezeit verhandeln.
  • Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht kann helfen, die eigene Rechtsposition zu klären.

Arbeitnehmer, die befristete Verträge unterschreiben, sollten sich bewusst sein, dass sie nun eine stärkere Verhandlungsposition haben und sich gegen unangemessene Regelungen wehren können.

Zusammenfassung

Das BAG-Urteil schafft eine klare Regelung zur Verhältnismäßigkeit der Probezeit in befristeten Arbeitsverhältnissen und sorgt für mehr Rechtssicherheit. Arbeitgeber müssen ihre Vertragsgestaltung anpassen, um rechtskonform zu bleiben, während Arbeitnehmer von einem verbesserten Kündigungsschutz profitieren.

Symbolgrafik:© Zerbor - stock.adobe.com

Diesen Artikel bewerten:
Diesen Artikel teilen: Linkedin Xing X
Whatsapp
Facebook
Fragen? Jetzt Fachanwalt.de-KI kostenlos fragen

Ihr Chatverlauf

Schildern Sie Ihr Problem ausführlich und erhalten innerhalb von Sekunden eine kostenlose KI-Ersteinschätzung:

Mit Nutzung unseres KI-Features akzeptieren Sie unsere Nutzungsbedingungen.

SofortantwortSofortantwort 24/7
NachfragemöglichkeitNachfragemöglichkeit
Kostenlos!Kostenlos!
Antwort erhalten Pfeil nach rechts
Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Kein Automatismus bei Kündigungen wegen Facebook-Posts
16.04.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht
Kein Automatismus bei Kündigungen wegen Facebook-Posts

Am 8. Oktober 2024 entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf , dass strafbare oder extremistische Äußerungen eines Arbeitnehmers in sozialen Medien nicht ohne Weiteres eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Entscheidend sei vielmehr, ob das Verhalten die arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und das Vertrauen des Arbeitgebers in die Integrität des Arbeitnehmers nachhaltig stört. In dem verhandelten Fall kam das Gericht zu dem Schluss, dass eine Abmahnung als milderes Mittel vorzuziehen sei. Sachverhalt: Facebook-Posts mit problematischem Inhalt Ein langjährig beschäftigter Schlosser hatte auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil zwei Beiträge veröffentlicht, die antisemitische Inhalte sowie Aufrufe zu Gewalt enthielten. Diese Posts fielen in den zeitlichen Kontext der Eskalation des...

weiter lesen weiter lesen

Fiktive Beurteilung von freigestelltem Personalratsmitglied unzulässig
SternSternSternSternStern
(1 Bewertung)15.04.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht
 Fiktive Beurteilung von freigestelltem Personalratsmitglied unzulässig

Mit Beschluss vom 8. April 2025 (Az. 5 ME 65/24 ) hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen eine wichtige Entscheidung zum Benachteiligungsverbot von Mitgliedern der Personalvertretung getroffen. Es erklärte die fiktive Fortschreibung einer dienstlichen Beurteilung eines freigestellten Personalratsmitglieds für unzulässig, wenn eine regelkonforme Beurteilung möglich gewesen wäre. Das Verfahren betrifft den Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG und hat weitreichende Bedeutung für künftige Auswahlentscheidungen im öffentlichen Dienst. Hintergrund: Auswahlentscheidung um Führungsposition Die Antragsgegnerin , eine Bundesbehörde, hatte den nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten eines Geschäftsfeldmanagers ausgeschrieben. Neben mehreren Bewerbern bewarb sich auch der...

weiter lesen weiter lesen
Kaffeepause ohne Ausstempeln: Landesarbeitsgericht Hamm bestätigt fristlose Kündigung
SternSternSternSternStern
(2 Bewertungen)03.04.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht
Kaffeepause ohne Ausstempeln: Landesarbeitsgericht Hamm bestätigt fristlose Kündigung

Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte mit Urteil vom 27. Januar 2023 ( Az. 13 Sa 1007/22 ) entschieden, dass eine zehnminütige Kaffeepause während der Arbeitszeit ohne vorheriges Ausstempeln als vorsätzlicher Arbeitszeitbetrug gewertet werden kann – selbst dann, wenn die betroffene Arbeitnehmerin schwerbehindert ist und langjährig im Unternehmen tätig war. Das Urteil unterstreicht, wie ernst Gerichte Verstöße gegen arbeitsvertragliche Dokumentationspflichten nehmen – auch bei vermeintlich harmlosen Pausen. Was war geschehen? Der Fall im Detail Die Klägerin war seit 2013 bei einem Dienstleistungsunternehmen als Reinigungskraft angestellt. Sie weist einen Grad der Behinderung von 100 % auf. Am 8. Oktober 2021 verließ sie während der Arbeitszeit das Betriebsgelände, um ein nahegelegenes Café zu besuchen. Dauer...

weiter lesen weiter lesen

Charakterliche Eignung im Polizeidienst: Polizeianwärter nach diskriminierenden Äußerungen entlassen
SternSternSternSternStern
(1 Bewertung)03.04.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht
Charakterliche Eignung im Polizeidienst: Polizeianwärter nach diskriminierenden Äußerungen entlassen

Das Verwaltungsgericht Aachen hat mit Urteil vom 26. Februar 2025 die Entlassung eines Polizeikommissaranwärters bestätigt, der im Rahmen seiner Ausbildung durch frauenfeindliche und rassistische Äußerungen negativ aufgefallen war. Das Urteil unterstreicht die besondere Bedeutung der charakterlichen Eignung im öffentlichen Dienst und konkretisiert die Anforderungen an die persönliche Integrität von Polizeibeamtinnen und -beamten. Charakterliche Eignung im Polizeidienst: Der konkrete Fall Der Kläger war während seines Studiums an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV) wiederholt durch inakzeptables Verhalten aufgefallen. Laut Berichten von Dozierenden und Kommilitoninnen äußerte er sich herabwürdigend gegenüber Frauen und nutzte rassistische Begriffe im Unterricht....

weiter lesen weiter lesen

Rechtsanwalt gesucht?
Sie haben Fragen?