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Am 11. September 2024 hat das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) mit einem richtungsweisenden Beschluss (Az.: 206 StRR 286/24) die Revision eines Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11. März 2024 abgewiesen. Der Beschluss bietet wichtige Klarstellungen zu den Anforderungen an die Belehrungspflicht und die Bindungswirkung von Verständigungen ("Deal") in Strafverfahren, die auch für künftige Verfahren von Bedeutung sind.
Kernpunkte des Beschlusses zum Deal
Verständigung nach § 257c StPO: Im erstinstanzlichen Verfahren hatte eine Verständigung (auch als "Deal" bekannt) zwischen den Verfahrensbeteiligten stattgefunden. Dabei wurde der Strafrahmen festgelegt, um das Verfahren zu vereinfachen.
Bindungswirkung bei Berufungsverhandlung: Nach der allgemeinen Rechtsauffassung entfällt die Bindungswirkung einer Verständigung, wenn das Berufungsgericht sich nicht an den vereinbarten Strafrahmen halten möchte. Im vorliegenden Fall führte das Berufungsgericht allerdings erneut ein Rechtsgespräch mit dem Ziel einer neuen Verständigung, die jedoch nicht zustande kam. Dies verdeutlichte dem Angeklagten, dass die ursprüngliche Verständigung nicht mehr bindend war.
Belehrungspflicht des Angeklagten: Die Verteidigung argumentierte, dass der Angeklagte nicht ausreichend darüber belehrt worden sei, dass die ursprüngliche Verständigung keine Bindungswirkung mehr habe. Das BayObLG stellte jedoch klar, dass durch das erneute Rechtsgespräch im Berufungsverfahren dem Angeklagten implizit klar gemacht wurde, dass die ursprüngliche Verständigung keine Rechtskraft mehr besaß.
Bedeutung für die Praxis
Der Beschluss ist von Bedeutung für alle Verteidiger, Staatsanwälte und Richter, die mit Verständigungen im Strafprozess zu tun haben. Er stellt klar, dass ein Angeklagter nicht zwingend explizit über den Wegfall der Bindungswirkung belehrt werden muss, wenn die Verfahrensgestaltung, wie im vorliegenden Fall, deutlich macht, dass die Verständigung ihre Wirkung verloren hat. Ein erneutes Rechtsgespräch während der Berufungshauptverhandlung erfüllt in solchen Fällen die Informationspflicht.
Darüber hinaus betont das Gericht, dass es keine rechtsfehlerhaften Nachteile für den Angeklagten gegeben habe, da das erneute Gespräch verdeutlichte, dass eine neue Verständigung angestrebt wurde.
Dieser Beschluss verdeutlicht die Praxis der deutschen Justiz im Umgang mit Verständigungen und schafft mehr Rechtssicherheit bei der Auslegung der Belehrungspflicht in Fällen, in denen die Verständigung nicht fortwirkt.
Symbolbild/ (se)