Sozialrecht

Bei hohen Heizkosten und niedriger Miete mehr Sozialhilfe

Zuletzt bearbeitet am: 29.01.2024

Darmstadt. Sozialhilfeempfänger dürfen gegenüber Arbeitslosengeld-II-Empfängern bei der Berücksichtigung angemessener Miet- und Heizkostenübernahmen nicht benachteiligt werden. Das Sozialgericht Hessen (LSG) hat in seinem am Dienstag, den 15.03.2022, verkündeten Urteil entschieden, dass sich wie bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern die Kosten für Unterkunft und Heizung nach einer Gesamtangemessenheitsgrenze orientieren müssen (Az.: L 4 SO 143/19). Die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel wurde von den Richtern in Darmstadt jedoch zugelassen.

Im streitigen Fall bewohnten der Kläger und seine Ehefrau eine 78 Quadratmeter große Wohnung im Landkreis Kassel. Er war zunächst in Bezug von Hartz-IV-Leistungen. Außerdem zahlte das Jobcenter monatlich 322 Euro Kaltmiete und 121 Euro Heizkosten.

Als der Mann aufgrund Erreichens der Altersgrenze nun Grundsicherungsleistungen im Alter und kein Hartz IV mehr erhielt, wurde ihm vom Landkreis für seine Wohnung weniger gezahlt. Monatlich angemessen seien für zwei Personen 60 m² Wohnfläche und entsprechende Heizkosten von bis zu 69,25 Euro im Monat.

Der Sozialhilfeempfänger ging vor Gericht. Er war der Ansicht, dass die Sozialhilfe die Angemessenheit der Kaltmiete sowie der Heizkosten nicht voneinander getrennt bewerten dürfe. Stattdessen müsse eine Gesamtangemessenheitsgrenze festgelegt werden ,wie es auch bei Beziehern von Arbeitslosengeld II gemacht werde.

Das LSG ist in seinem Urteil vom 19. Januar 2022 dieser Ansicht gefolgt. Es müsse auch für Sozialhilfeempfänger die 2016 eingeführte Regelung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende gelten, nach der die Wohn- und Heizkosten nach einer Gesamtangemessenheitsgrenze beurteilt werden. Die Gesamtangemessenheitsgrenze kommt bisher vor allem Arbeitslosen-II-Beziehern zugute, die hohe Heizkosten und eine sehr niedrige Kaltmiete haben oder niedrige Heizkosten und eine hohe Kaltmiete haben.

Der Gesetzgeber habe es im Bereich der Sozialhilfe versäumt, entsprechende Regelungen zu erlassen. Das LSG führte aus, dass die Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums gleichermaßen Arbeitslosengeld-II-Empfänger und für Sozialhilfeempfänger gelte. Daher seien im vorliegenden Fall, wo der Kläger in einer Wohnung mit niedriger Kaltmiete wohne, die höheren Heizkosten zu berücksichtigen.

Quelle: © Fachanwalt.de

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