Erfurt (jur). Wenn ein Arbeitgeber es manchmal erlaubt oder duldet, dass Mitarbeiter Material aus dem Betrieb mitnehmen, ohne dass es dafür klare Regeln gibt, dann sollten Beschäftigte besser fragen. Denn ohne klare Regeln gibt es auch keine klare Erlaubnis, betonte das Thüringer Landesarbeitsgericht (LAG) in Erfurt in einem inzwischen schriftlich veröffentlichten Urteil vom 19. April 2023 (Az.: 4 Sa 287/21). Danach reichte im Streitfall die Mitnahme von zwei Silikontuben für eine Kündigung aus.
Der Kläger ist Bautischler und arbeitete in einer Schreinerei. Er hatte einen Arbeitskollegen gebeten, ihm zwei Tuben Silikon aus einem Schrank zu geben. Diese steckte er dann in seinen Rucksack. Der Chef und seine Frau hatten dies mitbekommen. Sie fand neben Holzteilen auch die Tuben bei einer Kontrolle am Ausgang. Zwei Tage später erhielt der Kläger die fristlose Kündigung.
Dagegen wehrte sich der Bautischler mit dem Hinweis, es sei üblich gewesen, dass Beschäftigte der Schreinerei Materialien mit nach Hause nehmen. Manchmal habe der Chef dies auf Zuruf erlaubt, manchmal habe man dafür auch einen Zettel ausfüllen oder Geld in eine „Kaffeekasse“ tun sollen. Teils habe es auch Abmahnungen gegeben; das sei ebenfalls normal gewesen und habe nie weitere Folgen gehabt. Der Arbeitgeber habe ihn aus anderen Gründen loswerden wollen und dafür nun einen Grund konstruiert. Mit seiner Klage verlangte der Bautischler die Auflösung des Arbeitsvertrags gegen eine Abfindung.
Wie schon das Arbeitsgericht Suhl wies nun auch das LAG die Klage ab. Die fristlose Kündigung sei wirksam. Der Kläger habe ohne Erlaubnis oder auch nur Kenntnis des Arbeitgebers und auch ohne Bezahlung zwei Silikontuben aus der Firma mitnehmen wollen. Damit habe er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.
Der Kläger behaupte zwar, es sei generell erlaubt gewesen, Materialien aus dem Betrieb mitzunehmen. Dies sei aber von seinen eigenen Angaben nicht gedeckt. Denn er selbst behaupte auch, es habe keine klaren Regeln für die Materialmitnahme gegeben. „Daraus folgt aber, dass es auch keine klare Gestattung gegeben haben kann“, heißt es in dem Erfurter Urteil.
Dafür, dass sein Chef nicht immer einverstanden gewesen sei, sprächen auch die teilweisen Abmahnungen, unter anderem gegen den Kläger selbst. Im konkreten Fall sei sich der Bautischler dessen wohl auch bewusst gewesen, denn er habe die Silikontuben in einer gesonderten Tasche seines Rucksacks verwahrt gehabt und habe diese erst auf ausdrückliche Aufforderung geöffnet.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock