Migrationsrecht

Bei Tod von anerkanntem Flüchtling erlischt Familienasyl

Zuletzt bearbeitet am: 16.11.2023

Leipzig (jur). Stirbt ein anerkannter Flüchtling, erlischt das Familienasyl von Angehörigen. Können Familienangehörige nicht aus anderen Gründen Schutz erlangen, kann eine Abschiebung drohen, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem am Donnerstag, 9. November 2023, zugestellten Urteil (Az.: 1 C 35.22). Familienmitglieder des Verstorbenen könnten nicht die Rechtsposition von dessen Flüchtlingsanerkennung „erben“. Damit ende aber nicht automatisch auch die Aufenthaltserlaubnis, betonten die obersten Verwaltungsrichter. 

Die aus Eritrea stammende, mittlerweile 73-jährige Klägerin hatte vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Familienasyl erhalten. Der Familienflüchtlingsschutz wurde ihr gewährt, weil ihr Ehemann als Flüchtling anerkannt worden war. 

Doch als der Mann verstarb, widerrief das BAMF die der Klägerin zuerkannte Flüchtlingseigenschaft und deren Anerkennung als Asylberechtigte. Mit dem Tod des als Flüchtling anerkannte Ehemanns erlösche auch der daraus abgeleitete Familienflüchtlingsschutz für seine Ehefrau. Weder stehe der Witwe eine eigene Flüchtlingsanerkennung zu, noch bestehe ein Grund für einen eingeschränkten subsidiären Flüchtlingsschutz. Ein Abschiebungsverbot bestehe ebenfalls nicht, so die Behörde. 

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte mit Urteil vom 11. Oktober 2023 die Entscheidung des BAMF. Die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung des internationalen Schutzes seien nach den gesetzlichen Bestimmungen zu widerrufen, „wenn der Schutzstatus des Stammberechtigten, von dem die Anerkennung des Familienasyls und die Zuerkennung des internationalen Familienschutzes abgeleitet worden sind, erlischt und der Familienangehörige nicht aus anderen Gründen Schutz erlangen könnte“, heißt es in dem Urteil. 

Damit werde dem Grundgedanken des Asylrechts Rechnung getragen, „dass Schutz nur demjenigen gewährt wird, der der Schutzgewährung auch bedarf“, so die obersten Verwaltungsrichter. Andernfalls würde der Familienangehörige eine Rechtsposition „erben“, die ihm gar nicht zustehe. 

Der Widerruf des asylrechtlichen Familienschutzes führe allerdings nicht automatisch zum Widerruf der dem Familienangehörigen erteilten Aufenthaltserlaubnis, betonten die Leipziger Richter. So können etwa Menschen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären oder beruflichen Gründen erhalten. Die Aufenthaltserlaubnis „soll“ zudem erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. 

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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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