Karlsruhe. Stadtbewohner in Umwelt- oder LKW-Durchfahrtsverbotszone können nicht direkt gegen Autofahrer oder Speditionen vorgehen, die gegen solche Verbote verstoßen. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) hat am Dienstag, den 14.06.2022 entschieden, dass das Verbot zwar auf die Reinhaltung der Luft insgesamt abzielt, dem Einzelnen diesbezüglich aber keine individuellen Rechte einräumt (Az.: VI ZR 110/21).
Der BGH wies damit die Stuttgarter Grundstückseigentümer und Anwohner ab. Seit März 2008 ist das gesamte Stadtgebiet Umweltzone. Autos mit besonders hohen Abgasemissionen dürfen nicht in die Umweltzone einfahren. Außerdem gilt seit März 2010 ein Durchfahrtsverbot für Lkw über 3,5 Tonnen. Beides soll dazu beitragen, die Luftqualität zu verbessern und die EU-Grenzwerte für städtische Luftemissionen einzuhalten. Diese Maßnahmen sind Bestandteil des Stuttgarter Luftreinhalteplans.
Der beklagten Spedition werfen die Kläger vor, mit ihren Lkw mehrmals am Tag gegen das Durchfahrtsverbot verstoßen zu haben. Die damit verbundene zusätzliche Feinstaub- und Stickoxidbelastung sei für sie gesundheitsschädlich.
Der BGH entschied jedoch wie bereits die Vorinstanzen auch, dass den Klägern der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehe.
Zur Begründung wurde von den Richtern in Karlsruhe auf das Ziel der Maßnahmen verwiesen. Das Durchfahrtsverbot gelte in der gesamten Stadt zur allgemeinen Verbesserung der Luftqualität und um einem Überschreiten der Immissionsgrenzwerte entgegenzuwirken. Das Ziel bestehe nicht darin, Einzelinteressen zu schützen.
Der BGH argumentierte, dass einzelne Anwohner wie die Kläger vielmehr nur als Teil der Allgemeinheit begünstigt seien. Aufgrund der Größe der Verbortszone könne auch nicht festgestellt werden, ob bestimmte Laster für einzelne Anwohner zur Überschreitung der Schadstoffgrenzwerte führen.
Im Luftreinhaltestreit in München hat das Bundesverwaltungsgericht am 27. September 2007 entschieden, dass Bürger Luftreinhaltungsmaßnahmen verlangen können, wenn der EU-Grenzwert überschritten wird (Az.: 7 C 36/07). Das bedeutet, dass Anwohner und nach weiterem Urteil auch Umweltverbände (Urteil vom 05.09.2013, Az.: 7 C 21.12) nicht gegen einzelne Verstöße vorgehen können, sondern nur das Land auffordern können, den jeweiligen Luftreinhalteplan zu verschärfen.
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