Baurecht und Architektenrecht

Bestandsschutz im Baurecht: Was bedeutet das bei Gebäuden?

12.01.2017
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Zuletzt bearbeitet am: 01.01.2024

Immer wieder kommt es vor, dass Gebäude ohne Einholung einer Baugenehmigung errichtet worden sind. Dies kann für den Eigentümer auch noch nach Jahren mit einschneidenden Konsequenzen verbunden sein. Welche das sind und inwieweit Sie sich dagegen wehren können, verrät dieser Beitrag.

Oftmals stellt sich erst nach vielen Jahren heraus, dass es sich bei einem Gebäude um einen Schwarzbau handelt. Die zuständige Bauaufsichtsbehörde geht dann dagegen vor und verlangt vom Eigentümer den Abriss des Hauses. Sie beruft sich darauf, dass der Bauherr nicht die erforderliche Baugenehmigung eingeholt hatte. In der Regel begründet die Behörde den Abriss auch damit, dass der Bauherr durch die Errichtung gegen Vorschriften des Baurechtes verstoßen hat. Beispielsweise wurde der in der jeweiligen Landesbauordnung vorgeschriebene Abstand nicht eingehalten. Oder das Haus wurde im Außenbereich errichtet, in dem normalerweise nicht gebaut werden darf. Hier darf die örtliche Bauaufsichtsbehörde normalerweise nach deutschem Baurecht eine Abrissverfügung erlassen.

Wann sich der Eigentümer auf Bestandsschutz berufen darf

Dies gilt allerdings nicht immer. Die Situation sieht anders aus, wenn der Eigentümer darauf vertrauen durfte, dass die Bauaufsichtsbehörde nicht mehr gegen den Schwarzbau vorgeht. Dann kann er sich auf Bestandsschutz berufen.

Lange Zeitdauer reicht nicht für Bestandsschutz

Hierzu reicht allerdings nicht aus, dass das Gebäude bereits vor längerer Zeit errichtet wurde. Dies wird an einem Fall deutlich, über den das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat. Hierbei ging es um ein Gebäude, das im Jahr 1945 errichtet worden war. Hiergegen ging die Bauaufsichtsbehörde vor und verlangte den Abriss. Dabei berief sich die Behörde neben der fehlenden Baugenehmigung darauf, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung nicht vorgelegen haben. Die Klägerin berief sich demgegenüber darauf, dass die Bauaufsicht die Errichtung seit über 45 Jahren nicht beanstandet hatte.

Eigentümer muss sich auf besondere Umstände berufen

Hierzu stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 05.08.1991 (Az. 4 B 130.91) klar, dass selbst eine Zeitspanne von über 45 Jahren für sich alleine nicht ausreicht, damit sich der Eigentümer auf Bestandsschutz berufen kann.

Vielmehr muss er aufgrund des Verhaltens der Behörde drauf vertrauen dürfen, dass sie von ihren Befugnissen keinen Gebrauch macht. Hierzu muss diese klipp und klar zu erkennen geben, dass sie gegen den Schwarzbau nichts unternimmt. Hiervon ist dann auszugehen, wenn die Bauaufsicht in einem Schreiben eindeutig erklärt, dass sie sich mit dem Gebäude dauerhaft abfindet. Dabei sollte dem Schreiben zu entnehmen sein, dass dem Amt die fehlende Baugenehmigung beziehungsweise der Verstoß gegen bestimmte Vorschriften aus dem Baurecht bekannt ist. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein-Westfalen vom 18.11.2008 (Az. 7 A 103/08). Darüber hinaus reicht auch aus, wenn aus anderweitigen Genehmigungen zu schließen ist, dass sich die Bauaufsicht mit dem Schwarzbau abgefunden ist. So etwas kommt allerdings selten vor.

Bloße Duldung des Gebäudes durch die Bauaufsichtsbehörde genügt nicht

Demgegenüber reicht die bloße Duldung gewöhnlich auch dann nicht, wenn die Bauaufsicht eine Ortsbesichtigung durchgeführt hat. Auch hier muss sich der Bauherr gedulden, bis die Baugenehmigung erteilt worden ist.

Fazit:

Hieraus ergibt sich, dass vor allem Grundstückskäufer aufpassen sollten. Ansonsten müssen sie damit rechnen, dass die Bauaufsicht gegen sie vorgeht und den Abriss des Schwarzbaus verlangt. Sie können sich hier normalerweise nicht darauf berufen, dass Sie dies nicht gewusst haben. Am besten erkundigen Sie sich vor dem Kauf bei der Bauaufsichtsbehörde oder lassen sich zumindest eine Kopie der Baugenehmigung aushändigen. Besonders vorsichtig sollten Sie bei Gebäuden aus der Kriegszeit beziehungsweise Nachkriegszeit sein. Hier kommt es besonders häufig vor, dass der Voreigentümer keine Baugenehmigung eingeholt hat.

Hinweis:

Sie sollten sich übrigens auch dann mit der örtlichen Bauaufsichtsbehörde in Verbindung setzen, wenn Sie an dem Gebäude baulichen Änderungen vornehmen möchten. Hierzu gehört etwa ein Anbau oder wenn das Haus noch mit einem zusätzlichen Stockwerk versehen wird. Das Gleiche gilt auch dann, wenn eine wesentlich andere Nutzung des Gebäudes erfolgen soll (z.B. Dachraum soll plötzlich als Wohnung genutzt werden). Häufig benötigen Sie hierzu ebenfalls eine Baugenehmigung, die vor Beginn des dieses Bauvorhabens eingeholt werden muss.

(Harald Büring)

Symbolgrafik: © nmann77 - Fotolia.com

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