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Betriebsbedingte Kündigung nach Wegfall eines Großauftrages möglich

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(1 Bewertung)20.03.2025 Arbeitsrecht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hat mit seinem Urteil vom 15. Januar 2024 (Az.: 3 SLa 156/24) klargestellt, dass eine unternehmerische Entscheidung, die auf außerbetrieblichen Umständen (Wegfall eines Großauftrages) beruht und zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs führt, ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) darstellen kann.

Rechtlicher Rahmen der betriebsbedingten Kündigung

Voraussetzungen nach dem KSchG

Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Dabei muss die unternehmerische Entscheidung zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs führen. Dies setzt voraus, dass die Maßnahme aus objektiven, wirtschaftlichen Gründen resultiert und nicht willkürlich erfolgt.

Bedeutung des Wegfalls eines Großauftrages

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern (Az.: 3 SLa 156/24) stellte klar, dass der Wegfall eines Großauftrages ein solches dringendes betriebliches Erfordernis darstellen kann, sofern der Arbeitgeber nachweist, dass sich die Auftragssituation nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft verändert. Entscheidend sind hierbei die Dokumentation und die Beweisführung. Unternehmen müssen aufzeigen, dass der Arbeitskräftebedarf nicht nur temporär sinkt, sondern strukturell nicht mehr benötigt wird.

Abgrenzung zu anderen Kündigungsarten

Während eine personenbedingte Kündigung auf die individuelle Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers abzielt und eine verhaltensbedingte Kündigung auf Pflichtverletzungen basiert, liegt der Schwerpunkt der betriebsbedingten Kündigung auf wirtschaftlichen und betrieblichen Notwendigkeiten. Arbeitgeber dürfen betriebsbedingte Kündigungen nicht als Vorwand für die Entlassung unliebsamer Mitarbeiter nutzen, sondern müssen die Rechtsprechung zum Kündigungsschutz genau beachten.

Auswirkungen auf die unternehmerische Praxis

Sorgfaltspflichten des Arbeitgebers

Für Unternehmen bedeutet das Urteil eine Stärkung der Entscheidungsfreiheit im Personalmanagement. Dabei ist es wichtig, die unternehmerische Entscheidung gründlich zu dokumentieren und nachzuweisen, dass die Änderungen nicht nur vorübergehend sind. Darüber hinaus müssen soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Arbeitgeber sollten prüfen, ob interne Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen, und sicherstellen, dass besonders schutzwürdige Arbeitnehmer bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden.

Risiken für Arbeitgeber

Ein Fehler in der Dokumentation oder eine fehlerhafte Sozialauswahl kann die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge haben. Zudem können Arbeitnehmer Kündigungsschutzklagen einreichen, was zu langwierigen Gerichtsverfahren und erheblichen finanziellen Belastungen führen kann. Arbeitsgerichte prüfen Kündigungen sehr streng und setzen hohe Maßstäbe an die Begründung betriebsbedingter Kündigungen.

Alternativen zur Kündigung

Vor der Durchführung betriebsbedingter Kündigungen sollten Arbeitgeber alternative Maßnahmen in Betracht ziehen, um soziale Härten zu vermeiden und das Unternehmensimage nicht zu gefährden:

  • Kurzarbeit: Eine vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit kann helfen, kurzfristige Auftragsschwankungen zu überbrücken.
  • Weiterbildungsmaßnahmen: Arbeitnehmer können durch Qualifizierungsmaßnahmen für neue Aufgaben innerhalb des Unternehmens vorbereitet werden.
  • Angebot von Aufhebungsverträgen: Eine einvernehmliche Trennung mit Abfindung kann für beide Seiten vorteilhaft sein.
  • Interne Umstrukturierung: Falls an anderer Stelle Bedarf besteht, sollten Versetzungsmöglichkeiten geprüft werden.

Fallstricke und rechtliche Unsicherheiten

Trotz der Klarstellungen durch das LAG Mecklenburg-Vorpommern bestehen Unsicherheiten hinsichtlich der Abgrenzung zwischen dauerhaften Auftragseinbrüchen und temporären Krisen. Unzureichende Dokumentation oder fehlerhafte Sozialauswahl können zur Unwirksamkeit der Kündigungen führen. Arbeitgeber sollten frühzeitig arbeitsrechtliche Beratung in Anspruch nehmen und den Betriebsrat einbinden, um Risiken zu minimieren. Eine sorgfältige Vorbereitung, rechtlich fundierte Dokumentation und transparente Kommunikation sind entscheidend, um formelle Fehler zu vermeiden und den Kündigungsprozess erfolgreich zu gestalten.

Zusammenfassung

Das Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt sein kann, wenn ein Großauftrag dauerhaft entfällt und der Arbeitskräftebedarf sinkt. Unternehmen müssen alle rechtlichen Anforderungen einhalten, um arbeitsgerichtliche Konflikte zu vermeiden. Eine vorausschauende Planung und professionelle arbeitsrechtliche Beratung können helfen, Risiken zu minimieren und soziale Verantwortung zu übernehmen.

Symbolgrafik:© DOC RABE Media - stock.adobe.com

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