Erfurt (jur). Die Zuständigkeit des Betriebsrats für schwerbehinderte Arbeitnehmer umfasst auch schwerbehinderte leitende Angestellte. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Dienstag, 10. Oktober 2023, veröffentlichten Leitsatzbeschluss entschieden (Az.: 1 ABR 14/22). Danach müssen Arbeitgeber dem Betriebsrat eine Liste aller schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten übermitteln, einschließlich leitender Angestellter.
Im entschiedenen Fall geht es um einen Betrieb im Raum Karlsruhe. Von der Arbeitgeberin hatte der Betriebsrat Auskunft über die Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten und eine entsprechende Namensliste verlangt. Zur Begründung verwiesen die Arbeitnehmervertreter auf ihren gesetzlichen Auftrag, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb zu fördern.
Die Arbeitgeberin kam dem Auskunftsbegehren nicht nach und verwies ihrerseits auf den Datenschutz.
Das BAG bekräftigte nun die Aufgabe des Betriebsrats, sich um schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu kümmern. Insbesondere müsse er überwachen, ob die Arbeitgeberin ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommt. Das gelte etwa für die leidensgerechte Gestaltung der Arbeitsplätze und die Möglichkeit von Teilzeitarbeit.
Diese Aufgabe könne der Betriebsrat auch nur erfüllen, wenn er die Namen der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten kennt. Nach dem Erfurter Beschluss muss die Arbeitgeberin dabei aber nur die ihr bekannten Beschäftigten auflisten, die ihre Schwerbehinderung selbst offengelegt haben.
Mit dieser Einschränkung seien dann alle schwerbehinderten und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer erfasst, „und damit auch solche, die leitende Angestellte sind“, entschied das BAG. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschriften und den Zielen des Gesetzgebers. Danach beziehe sich die Aufgabe der Behinderten-Förderung „auf sämtliche beim Arbeitgeber vorhandene ‚Arbeitsplätze‘“.
Darauf, welche Aufgaben und Befugnisse schwerbehinderte Arbeitnehmer in ihrem Betrieb haben, komme es nicht an. Aus der Gesetzeshistorie ergebe sich „eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung“, diese Aufgabe nicht dem sonst die Belange der leitenden Angestellten vertretenden Sprecherausschuss zuzuweisen.
Datenschutz stehe dem Auskunftsanspruch des Betriebsrats dann nicht entgegen, wenn er ein ausreichendes Datenschutzkonzept verfolgt. Dies sei hier der Fall. Auch eine Zustimmung der schwerbehinderten Mitarbeiter zur Weitergabe ihrer Daten an den Betriebsrat sei dann nicht mehr erforderlich, so das BAG in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 9. Mai 2023.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock








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