München (jur). Wenn Behinderte eine Erbschaft in eine private Rentenversicherung einzahlen, führt dies in der Regel nicht zum Ende des Kindergeldanspruchs der Eltern. Denn nur der in den Rentenzahlungen enthaltene sogenannte Ertragsanteil ist dem Kind als Einkommen anzurechnen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag, 11. Mai 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: III R 23/22).
Eltern eines behinderten Kindes haben auch über den 25. Geburtstag hinaus Anspruch auf Kindergeld, solange das Kind „außerstande ist, sich selbst zu unterhalten“. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung werden dabei die laufenden Einkünfte dem Bedarf des Kindes gegenübergestellt. Vermögen wird nicht berücksichtigt.
Im Streitfall geht es um das Kindergeld für einen heute 62 Jahre alten Mann, seit 1980 aufgrund einer seelischen Störung behindert. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist ihm nicht möglich.
Nach dem Tod seiner Mutter erbte er 2016 knapp 380.000 Euro. Dies stockte er aus eigenem Vermögen auf und zahlte 400.000 Euro in eine private Rentenversicherung ein. Von dieser erhält er seitdem 1.060 Euro monatlich.
Die Familienkasse stellte daraufhin die Kindergeldzahlungen an den Vater ein. Sein behinderter Sohn habe nun ausreichende Einkünfte, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Schon das Finanzgericht (FG) Stuttgart war dem nicht gefolgt und hatte dem Vater Kindergeld zugesprochen (Urteil vom 14. April 2022, Az.: 1 K 2137/21; JurAgentur-Meldung vom 7. Juni 2022). Bei der Rentenversicherung sei nur der Ertragsanteil als Einkommen zu berücksichtigen, also quasi die Zinsen, die der Versicherer mit dem eingezahlten Kapitalstock erwirtschaftet. Dem Bedarf des behinderten Sohnes von monatlich 990 Euro stünden damit Einkünfte in Höhe von insgesamt 510 Euro gegenüber. Dies reiche für den Lebensunterhalt nicht aus.
Dem schloss sich der BFH nun an. Maßgeblich seien nur einkommensteuerpflichtige Einkünfte. Da eine Erbschaft nicht der Einkommensteuer unterliegt, sei sie für das volljährige Kind Vermögen. Die Einzahlung der Erbschaft in eine private Rentenversicherung sei daher nur „eine Vermögensumschichtung“. Von den Rentenzahlungen sei nur der Ertragsanteil als Einkommen zu berücksichtigen. Dieser führe hier aber noch nicht dazu, dass das Kind sich selbst unterhalten kann.
Nach dieser Begründung würde Gleiches auch gelten, wenn das Geld für die private Rentenversicherung nicht aus einer Erbschaft und nicht von den Eltern kommt. Denn die Einzahlung in die Versicherung wird üblich aus bereits versteuertem Einkommen geleistet. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, ist laut Gesetz dann generell nur der Ertragsanteil steuerpflichtig. Um hinsichtlich des Kindergeldes bestehende Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, sollte die Zuwendung aber mit der Auflage verbunden sein, das Geld in eine Rentenversicherung einzuzahlen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock