Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs stärkt die Erfolgsaussichten von Spielern, die Geld in illegalen Online-Casinos verloren haben: Dieser hat jetzt bestätigt, dass das deutsche Online-Glücksspielverbot mit geltendem EU-Recht vereinbar ist. Online-Casinobetreiber können sich daher vor Gericht nicht mehr auf das Argument des Rechtsverstoßes berufen.
Der BGH-Beschluss vom 22.07.2021 bestätigt, dass das deutsche Online-Glücksspielverbot laut § 4 Abs. 4 GlüstV mit europäischem Recht vereinbar ist. Eine Vorlage vor den EuGH hält das oberste deutsche Gericht nicht für notwendig, denn der hatte schon im Jahr 2010 entschieden, dass die Prüfung beschränkender Maßnahmen im Glücksspielsektor den nationalen Gerichten zu überlassen sei. Im Beschluss des Bundesgerichtshofs heißt es:
„Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Kammergerichts - 5. Zivilsenat - vom 6. Oktober 2020 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Der Gerichtshof hat entschieden, dass die unionsrechtliche Kohärenzprüfung beschränkender Maßnahmen im Glücksspielsektor im Einzelfall Sache der nationalen Gerichte ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, Slg. 2010, I-8149 = NVwZ 2010, 1422 Rn. 65 - Carmen Media Group). Die für diese Prüfung maßgeblichen Grundsätze des Unionsrechts hat er bereits geklärt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - C-347/09, Slg. 2011, I-8185 = EuZW 2011, 841 Rn. 44, 56 - Dickinger und Ömer, mwN). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.“ (BGH, Beschluss vom 22.07.2021 – I ZR 199/20)
Schon am 06.10.2020 kam das nationale Kammergericht Berlin zu dem Schluss, dass das Online-Glücksspielverbot mit der einhelligen, höchst- und obergerichtlichen, bis heute geltenden Rechtsprechung in Einklang stünde (Az.: 5 U 72/19). Die Entscheidung des KG Berlin hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 22.07.2021 jetzt also höchstrichterlich bestätigt.
Casino-Betreiber verlieren wichtigstes Argument
Somit können sich Online-Glücksspielanbieter in Rechtsstreitigkeiten also nicht mehr mit dem angeblichen EU-Rechtsverstoß des deutschen Gesetzgebers verteidigen. In Gerichtsverfahren war dies eines der Hauptargumente der Online-Casinobetreiber gewesen. Die Prüfung durch den EuGH, auf die Online-Glücksspielanbieter gehofft hatten, hat sich damit erledigt.
Indirekt hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung außerdem klargestellt, dass auch der Erlaubnisvorbehalt gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV nicht gegen geltendes EU-Recht verstößt. Nach Auffassung der Anwaltskanzlei Lenné (und des LG Nürnberg-Fürth) folgt daraus für Sportwettenanbieter, dass ohne behördliche Erlaubnis in Deutschland abgeschlossene Wettverträge nichtig sind. Verspielte Einsätze können dementsprechend von den Spielern zurückgefordert werden.
Zu klärende Rechtsfragen in Bezug auf Erstattungsansprüche der Spieler
Es gibt allerdings Rechtsfragen hinsichtlich der Erstattungsansprüche von Spielern, die seitens des BGH noch zu klären sind: zum Beispiel die zu den Erstattungsansprüchen der Spieler gegen Zahlungsdienstleister wie PayPal oder Kreditkartenanbieter. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Mitwirkungsverbot an Zahlungen in Verbindung mit illegalem Online-Glücksspiel gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Die Klage gegen PayPal, den größten Zahlungsdienstleister weltweit, liegt dem obersten Gericht schon vor.
Spieler mit guten Chancen vor deutschen Gerichten
In Bezug auf die Erstattungsansprüche gegen die Online-Glücksspielanbieter steht die deutsche Rechtsprechung auf Seiten der Spieler. Seit 2020 haben sich bundesweit schon 16 Landgerichte zugunsten der Kläger ausgesprochen. Mit seinem jüngsten Beschluss bestätigt der BGH, dass die Entscheidungen der Landgerichte und das deutsche Online-Casinoverbot mit deutscher und europäischer Rechtsprechung vereinbar sind. Ein Verstoß gegen das Verbot hat daher rechtliche Folgen für die Online-Casino-Betreiber.
An der Anwendung von § 817 Satz 2 BGB (Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten) bei Schutzgesetzen sind zwei Klagen von Spielern gescheitert. Doch ein Beschluss des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit „Schneeballsystemen“ spricht sich zugunsten der Verbraucher (in diesem Fall der Spieler) aus. Ob sich der BGH erneut mit § 817 Satz 2 BGB im Zusammenhang mit Online-Glücksspiel befassen wird, ist noch offen. Zu erwarten ist das nach Einschätzung der Anwaltskanzlei Lenné aktuell jedoch nicht, denn der Beschluss im Zusammenhang mit den „Schnellballsystemen“ war umfassend und eindeutig.
Die deutsche Rechtsprechung zum Online-Glücksspielverbot steht also in Einklang mit dem Gesetz und zudem hinter den Spielern, die Geld an die illegale Online-Glücksspielindustrie verloren haben. Die Anwaltskanzlei Lenné hat bereits zahlreiche Betroffene erfolgreich vertreten, die Geld in illegalen Online-Casinos verloren haben. Gerne kämpfen wir auch für Sie, um möglichst große Teile der verspielten Einsätze zurückzuholen, indem wir zivilrechtlich gegen die Online-Glücksspielanbieter vorgehen. Lassen Sie sich unverbindlich in einem kostenlosen Erstgespräch beraten.