Karlsruhe (jur). Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat das gesetzliche Vorkaufsrecht der Mieter beim Verkauf ihrer Wohnung gestärkt. Nach einem am Mittwoch, 23. März 2022, veröffentlichten Urteil müssen sie nur den Preis bezahlen, den der bisherige Eigentümer mit einem außenstehenden Interessenten für die vermietete Wohnung vereinbart hat (Az: VIII ZR 305/20).
Will ein Wohnungseigentümer eine vermietete Wohnung verkaufen, muss er laut Gesetz die Mieter hierüber informieren. Den Mietern steht dann ein Vorkaufsrecht zu. Dies können sie ausüben, sobald der Eigentümer mit einem außenstehenden sogenannten Erstkäufer einen Kaufvertrag geschlossen hat. Es gilt dann der mit dem Erstkäufer vereinbarte Preis.
In dem nun entschiedenen Fall geht es um eine unsanierte Wohnung mit 47 Quadratmetern in einem Mehrparteienhaus in Berlin. Der bisherige Eigentümer hatte mit einem Erstkäufer gleich zwei Preise vereinbart: 163.000 Euro, wenn die Wohnung am Kaufstichtag unvermietet ist, zehn Prozent weniger und damit 147.000 Euro, wenn die Wohnung dann weiter vermietet ist.
Die Mieterin wollte die Wohnung übernehmen und machte daher ihr Vorkaufsrecht geltend. Dafür zahlte sie unter Vorbehalt die vom Eigentümer verlangten 163.000 Euro. Mit ihrer Klage forderte sie dann aber 16.000 Euro zurück. Es müsse der niedrigere Preis von 147.000 Euro gelten.
Wie schon die Vorinstanzen ist dem nun auch der BGH gefolgt. Die Preisvereinbarung zwischen Eigentümer und Erstkäufer sei „eine unzulässige Vereinbarung zulasten Dritter“ und daher unwirksam. Auch für die Mieterin gelte daher der geringere Preis für die unvermietete Wohnung.
Nach den gesetzlichen Vorgaben dürften die Kaufbedingungen für Mieter nicht ungünstiger sein als für den Erstkäufer, heißt es zur Begründung in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 23. Februar 2022.
Dass hier der niedrigere Preis von der Bedingung einer weiteren Mietbelegung abhängt, ändere daran nichts. Zwar komme es vor, dass Wohnungen unvermietet teurer verkauft werden können als vermietet. Der Gesetzgeber habe aber gewollt, dass der mit der Vermietung verbundene Preisabschlag dann den ihr Vorkaufsrecht ausübenden Mietern zukommt.
Für den Verkäufer entstehe dadurch kein Nachteil, betonte der BGH. Er erhalte den Preis, den er auch vom Erstkäufer für die vermietete Wohnung erhalten hätte. Auch könne er umgekehrt mit dem Erstkäufer einen höheren Preis vereinbaren, wenn die Wohnung am Kaufstichtag doch frei sein sollte. In der Regel könnten Vermieter dies nur erreichen, indem sie den Mietern eine Abfindung anbieten. Auch dies zeige, „dass der mit einer Vermietung der Wohnung möglicherweise einhergehende Nachteil wirtschaftlich betrachtet dem Verkäufer zuzuordnen ist“.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock