Ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Juni 2025 sorgt für klare Verhältnisse: Die Bundesnetzagentur durfte eine Pressemitteilung veröffentlichen, in der sie ein Energieunternehmen namentlich nennt und auf gesetzliche Verstöße hinweist. Rechtliche Grundlagen und Maßstäbe, die anzuwenden sind, haben eine große Bedeutung für Unternehmen und deren Kommunikationsstrategie.
Pressemitteilung der Bundesnetzagentur: Informationsinteresse versus Reputationsschutz
Die Bundesnetzagentur überwacht unter anderem die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben im Energiesektor. Nach § 54 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist sie verpflichtet, für eine sichere, verbraucherfreundliche Versorgung zu sorgen und Missstände zu ahnden.
Wann ist öffentliche Kritik durch Behörden erlaubt?
Behördliche Pressearbeit unterliegt dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorgaben. Sie muss zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und dem Recht auf unternehmerischen Persönlichkeitsschutz abwägen. Eine namentliche Nennung ist nur dann zulässig, wenn sie auf belastbaren Feststellungen beruht und sachlich erfolgt.
Der Fall im Überblick: Untersagung und mediale Begleitung
Ein Energieversorger, der Haushaltskunden belieferte, hielt sich nach Einschätzung der Bundesnetzagentur nicht an grundlegende gesetzliche Anforderungen. Infolgedessen wurde ihm die weitere Tätigkeit untersagt.
Die Behörde veröffentlichte eine Pressemitteilung mit Nennung des Unternehmensnamens und der Information, dass das Unternehmen gegen gesetzliche Pflichten verstoßen habe. Das betroffene Unternehmen klagte gegen die Veröffentlichung und berief sich auf eine Verletzung seiner Rechte.
Die Pressemitteilung der Bundesnetzagentur im vorliegenden Fall enthält neben der Nennung der konkreten Sanktionsmaßnahmen auch detaillierte Hinweise darauf, in welchen Punkten der Energieversorger von den gesetzlichen Vorgaben abwich. Eine zentrale Diskussion in diesem Kontext betrifft das Spannungsfeld zwischen Transparenzpflicht und Datenschutz.
- Transparenz als wichtiger Pfeiler staatlicher Informationspolitik: Transparente Behördenkommunikation stärkt das Vertrauen der Öffentlichkeit und sorgt dafür, dass Verbraucher und Partner umfassend informiert sind.
- Herausforderungen im Datenschutz: Datenschutz und Unternehmensgeheimnisse müssen auch bei öffentlichen Bekanntmachungen gewahrt bleiben. Es ist eine sorgfältige Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und Unternehmensschutz nötig.
Entscheidung des BGH: Behörden dürfen informieren – aber nicht vorverurteilen
Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab (Az. EnVR 10/24). Nach Auffassung der Richter liegt ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit vor, über Versorgungsprobleme und nicht regelkonformes Verhalten im Energiesektor informiert zu werden. Die Pressemitteilung sei auf überprüfbare Tatsachen gestützt gewesen und diene dem legitimen Ziel des Verbraucherschutzes.
Wichtig war dem Gericht die Feststellung, dass die Mitteilung weder übertrieben noch unsachlich war. Es handelte sich nicht um eine Vorverurteilung, sondern um eine behördlich verantwortete Information. Der Maßstab war nicht die vollständige gerichtliche Klärung, sondern die objektive Tatsachengrundlage.
Handlungsrelevanz für Unternehmen
- Frühzeitig agieren, statt nur reagieren: Unternehmen in regulierten Märkten sollten mögliche Compliance-Verstöße rasch erkennen und angemessen darauf reagieren. Eine proaktive Kommunikation mit Behörden kann helfen, öffentliche Sanktionen oder Mitteilungen zu vermeiden.
- Strategien der Krisenkommunikation: Ein vorbereitetes Konzept hilft, im Fall einer öffentlichen Benennung professionell zu reagieren. Die Verbindung von PR-Kompetenz mit rechtlicher Beratung ist entscheidend, um Reputationsrisiken zu kontrollieren.
- Vertrauen durch Rechtskonformität: Energieversorger und ähnliche Anbieter stehen besonders im Fokus der öffentlichen Kontrolle. Unternehmen, die auf rechtlich einwandfreie Prozesse, transparente Kommunikation und funktionierende Kontrollmechanismen setzen, sind für potenzielle Konflikte besser gewappnet.
Praxistipp: Analysieren Sie regelmäßig Ihre internen Abläufe auf rechtliche Schwachstellen. Sorgen Sie dafür, dass Rechts-, Kommunikations- und Fachabteilungen eng zusammenarbeiten. Das stärkt die Reaktionsfähigkeit im Krisenfall und schützt Ihre Reputation.
Fazit
Das Urteil des Bundesgerichtshofs stärkt das Recht von Behörden auf sachliche, namentliche Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit. Für Unternehmen bedeutet dies: Wer in regulierten Märkten tätig ist, sollte nicht nur rechtskonform handeln, sondern sich auch kommunikativ auf Krisen vorbereiten. Transparenz, Kooperation und strategische Kommunikation sind zentrale Elemente, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu erhalten – auch im Fall einer behördlichen Maßnahme.