Sozialrecht

BSG bestätigt Anspruch auf Samenzell-Kryokonservierung bei Geschlechtsangleichung

Zuletzt bearbeitet am: 16.09.2024

Das Bundessozialgericht entschied, dass Transpersonen, die eine geschlechtsangleichende Behandlung von Mann zu Frau auf Kosten der Krankenkasse durchführen lassen, einen Anspruch auf Kryokonservierung ihrer Samenzellen haben können (Az. B 1 KR 28/23 R) .

Kostenerstattung für Samenzell-Kryokonservierung bei Geschlechtsangleichung umstritten

Der Kläger unterzieht sich einer geschlechtsangleichenden Behandlung von Mann zu Frau, die von seiner Krankenkasse finanziert wird. Diese Behandlung führt jedoch zur Unfruchtbarkeit, weshalb der Kläger im Vorfeld die Kostenübernahme für die Kryokonservierung seiner Samenzellen beantragte, um später die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung mit eigenen Samenzellen zu sichern.

Dieser Antrag wurde von der Krankenkasse abgelehnt. Während das Sozialgericht die Krankenkasse zur Kostenübernahme verurteilte, wies das Landessozialgericht die Klage ab. Die Ablehnung begründete das Gericht damit, dass der Gesetzgeber die Kryokonservierung nur vor keimzellschädigenden Therapien, wie etwa einer Chemotherapie, vorgesehen habe.

BSG: Kryokonservierung auch für Transpersonen bei Geschlechtsangleichung

Das Bundessozialgericht entschied zugunsten des Klägers und stellte klar, dass die gesetzliche Regelung zur Kryokonservierung auch für Transpersonen gilt, die eine geschlechtsangleichende Behandlung von Mann zu Frau durchlaufen.

Das Gericht argumentierte, dass das Gesetz die Erhaltung der Fortpflanzungsfähigkeit vor keimzellschädigenden Behandlungen gewährleisten soll. Dieser Schutz gelte unabhängig von der geschlechtlichen Identität der betroffenen Person. Demzufolge haben auch Transpersonen, die eine geschlechtsangleichende Behandlung durchführen lassen, das Recht auf Kryokonservierung ihrer Samenzellen, wenn diese Behandlung zu einer Unfruchtbarkeit führen würde.

Das Gericht betonte, dass der Anspruch nicht durch die Art der Behandlung eingeschränkt werden darf, da das Ziel die Wahrung der Fortpflanzungsfähigkeit sei. 

Tipp: Personen, die eine geschlechtsangleichende Behandlung in Anspruch nehmen möchten, sollten prüfen, ob eine Kryokonservierung ihrer Samenzellen in Betracht kommt. Es empfiehlt sich, frühzeitig einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse zu stellen und im Falle einer Ablehnung rechtliche Schritte zu erwägen. Das Urteil zeigt, dass die Sicherung der Fortpflanzungsfähigkeit unabhängig von der geschlechtlichen Identität anerkannt wird und somit ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsvorsorge sein kann.

Symbolgrafik:© Jörg-Lantelme - stock.adobe.com

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