Bremen (jur). Servicemitarbeiter eines Bürgertelefons müssen während ihrer Arbeitszeit auch regelmäßig ans Telefon gehen. Liegen die Telefoniezeiten während der dienstplanmäßigen Arbeitszeit nur zwischen 16 und 35 Prozent statt der erwarteten 60 Prozent, ist von einem vorsätzlichen Arbeitszeitbetrug auszugehen, urteilte am Donnerstag, 14. Dezember 2023, das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven (Az.: 2 Ca 2206/23 und 2 Ca 2207/23).
Im Streitfall waren die zwei Kläger bei der zur Stadt Bremen gehörenden „Performa Nord“ als Servicemitarbeiter im Bereich des Bürgertelefons beschäftigt. Doch die Mitarbeiter traten nach Auffassung ihrer Arbeitgeberin zu wenig mit den Bürgerinnen und Bürgern in telefonischen Kontakt.
Mit Zustimmung des Personalrates wertete die Arbeitgeberin in den Monaten März bis Mai 2023 an vier einzelnen Tagen exemplarisch das Telefonverhalten der Beschäftigten aus. Im Ergebnis stellte die Arbeitgeberin fest, dass statt der erwarteten Telefoniezeiten von 60 Prozent in der dienstplanmäßigen Arbeitszeit die Beschäftigten nur zwischen 30 und 35 Prozent beziehungsweise zwischen 16 und 33 Prozent den Bürgern am Telefon Rede und Antwort standen. Die unzureichenden Telefoniezeiten seien als Arbeitszeitbetrug zu werten. Die Arbeitgeberin kündigte den Mitarbeitern fristlos.
Diese hielten die Kündigung für unwirksam und verlangten Weiterbeschäftigung. Es gebe keinen Grund für die Kündigung. Die Auswertung ihres Telefonverhaltens sei unzulässig gewesen. Es fehle auch an einer vorherigen Abmahnung. Ihr Telefonverhalten sei nicht als betrügerisch, sondern allenfalls als „unterdurchschnittliche Leistung“ zu bewerten.
Doch das Arbeitsgericht urteilte, dass die fristlosen Kündigungen wirksam seien. Es liege mit den geringen Telefoniezeiten eine „vorsätzliche vertragswidrige Vernachlässigung der Arbeitspflicht“ vor, die nicht durch eine bloße Minderleistung erklärt werden könne.
Zwar sei nach einer Dienstvereinbarung die Auswertung zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle von Arbeitnehmern untersagt. Hier habe der Personalrat dem aber ausdrücklich zugestimmt. Selbst wenn die gewonnenen Daten „nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts“ stehen, könnten diese nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bei einem vorsätzlich vertragswidrigen Verhalten verwertet werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitgeberin das Verhalten der Kläger wegen ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft ausgewertet und ihnen gekündigt hatte, gebe es nicht.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock








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