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Bundesarbeitsgericht bestätigt Schadensersatz bei verspäteter Zielvorgabe

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 19. Februar 2025 (Az. 10 AZR 57/24) entschieden, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn der Arbeitgeber Ziele verspätet vorgibt und diese somit ihre Anreizfunktion verlieren.

Verspätete Zielvorgabe durch Arbeitgeber

Der Kläger war bis zum 30. November 2019 in leitender Position bei der Beklagten tätig. Laut Arbeitsvertrag hatte er Anspruch auf eine variable Vergütung, deren Höhe von der Erreichung festgelegter Ziele abhing. Eine Betriebsvereinbarung sah vor, dass die Zielvorgaben jährlich bis zum 1. März mit einem Anteil von 70 % an Unternehmenszielen und 30 % an individuellen Zielen festgelegt werden müssen. 

Dennoch informierte die Beklagte die Führungskräfte erst am 26. September 2019 über einen angenommenen Zielerreichungsgrad von 142 % für individuelle Ziele. Konkrete Unternehmensziele wurden dem Kläger erst am 15. Oktober 2019 mitgeteilt. Eine explizite Festlegung individueller Ziele unterblieb. 

Für das Jahr 2019 erhielt der Kläger eine variable Vergütung in Höhe von 15.586,55 Euro brutto, forderte jedoch zusätzliche 16.035,94 Euro brutto als Schadensersatz. Er argumentierte, dass er bei rechtzeitiger Zielvorgabe die Unternehmensziele vollständig und die individuellen Ziele entsprechend dem Durchschnitt erreicht hätte. 

Die Beklagte wies dies zurück und sah keine Pflichtverletzung, da die Vorgaben ihrer Ansicht nach rechtzeitig und angemessen erfolgt seien.

Anspruch auf Schadensersatz besteht

Das Arbeitsgericht wies die Klage zunächst ab. In der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht erhielt der Kläger jedoch Recht, was das Bundesarbeitsgericht nun bestätigt hat. 

Nach Auffassung des BAG steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 16.035,94 Euro brutto gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 283 Satz 1 BGB zu. 

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Beklagte ihre vertragliche Pflicht verletzt habe, indem sie die Unternehmensziele erst nach Ablauf von drei Vierteln der Zielperiode verbindlich vorgab und individuelle Ziele gänzlich ausließ. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Zielvorgabe ihre motivierende Wirkung nicht mehr entfalten. Eine nachträgliche gerichtliche Leistungsbestimmung kam ebenfalls nicht in Betracht, da sie die ursprüngliche Funktion der Zielvorgaben nicht wiederherstellen konnte. 

Die Höhe des Schadens wurde auf Grundlage der zugesagten variablen Vergütung geschätzt (§ 287 Abs. 1 ZPO), wobei das Gericht annahm, dass der Kläger die Ziele bei rechtzeitiger Vorgabe erreicht hätte. Ein Mitverschulden des Klägers wurde ausgeschlossen, da die Initiative zur Zielvorgabe ausschließlich beim Arbeitgeber lag.

Tipp: Unternehmen sollten sicherstellen, dass Zielvorgaben fristgerecht und in klarer Form erfolgen, um Schadensersatzforderungen zu vermeiden. Verbindliche Termine aus Betriebsvereinbarungen sollten strikt eingehalten werden. Zudem ist es ratsam, die Zielvorgaben so zu gestalten, dass sie jederzeit ihre Motivations- und Anreizfunktion erfüllen können.

Symbolgrafik:© Zerbor - stock.adobe.com

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