Verwaltungsrecht

Bundesverwaltungsgericht bestätigt Disziplinarmaßnahme gegen Oberleutnant der Reserve wegen Engagements bei der Identitären Bewegung

29.08.2024
 (2)
Zuletzt bearbeitet am: 29.08.2024

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Berufungsverfahren die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme gegen einen ehemaligen Oberleutnant der Reserve der Bundeswehr bestätigt. Der Soldat hatte sich in den Jahren 2015/2016 aktiv für die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. engagiert und damit gegen die verfassungsrechtliche Treuepflicht gemäß § 8 SG verstoßen. Die Entscheidung beinhaltet den Verlust offener Übergangsleistungen in Höhe von über 23.000 Euro und das Verbot, einen militärischen Dienstgrad zu führen (BVerwG 2 WD 9.23).

Verstoß gegen die Treuepflicht der Bundeswehrsoldaten

Der betroffene Oberleutnant der Reserve hatte sich intensiv am Aufbau einer Regionalgruppe der Identitären Bewegung in Bayern beteiligt, nahm an mehreren Demonstrationen teil und wirkte in einem Werbefilm der Organisation mit. Laut Urteil des 2. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts hat der ehemalige Soldat durch sein Verhalten die für alle Bundeswehrangehörigen geltende verfassungsrechtliche Treuepflicht verletzt, wie sie in § 8 des Soldatengesetzes festgelegt ist.

Identitäre Bewegung verfolgt verfassungswidrige Ziele

Die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. wird vom Bundesverwaltungsgericht als verfassungswidrig eingestuft. Die Organisation vertritt eine Ideologie, die auf der ethnisch-kulturellen Identität basiert und damit eine Unterscheidung in Deutsche "erster" und "zweiter Klasse" vornimmt. Dieses Konzept des "Ethnopluralismus" widerspricht dem Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger und dem Demokratieprinzip der Bundesrepublik Deutschland. Zudem lehnt die Bewegung den Parlamentarismus und das Mehrparteiensystem ab, was ebenfalls im Widerspruch zur freiheitlich demokratischen Grundordnung steht.

Engagement aus innerer Überzeugung

Das Bundesverwaltungsgericht kam zu der Überzeugung, dass der Oberleutnant der Reserve die verfassungswidrigen Ziele der Identitären Bewegung kannte und sich aus innerer Überzeugung engagierte. Der Soldat stand bereits während seines Studiums in engem Kontakt mit Vertretern der Neuen Rechten und veröffentlichte in der von Götz Kubitschek herausgegebenen Zeitschrift "Sezession". Seine umfassende Kenntnis und aktive Unterstützung der Bewegung lassen laut Gericht auf eine vorsätzliche verfassungswidrige Betätigung schließen.

Disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme bestätigt

Die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme gegen den ehemaligen Soldaten wurde gemäß der Rechtsprechung des 2. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt. Diese Maßnahme umfasst den Verlust offener Übergangsleistungen in Höhe von mehr als 23.000 Euro und das Verbot, weiterhin einen militärischen Dienstgrad zu führen. Das Urteil des Gerichts, das in nicht öffentlicher Verhandlung erging, bestätigt damit die Entscheidung des Truppendienstgerichts Süd vom 5. April 2023 (TDG S 8 VL 10/21).

Anwaltstipp: 

Für Soldaten der Bundeswehr gilt eine besondere Treuepflicht gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, wie sie im Grundgesetz verankert ist. Engagements in Organisationen oder Bewegungen, die verfassungswidrige Ziele verfolgen oder die demokratischen Grundprinzipien infrage stellen, können schwerwiegende disziplinarrechtliche Konsequenzen haben. Es ist wichtig, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die potenziellen Konsequenzen eines politischen Engagements im Klaren zu sein. Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, frühzeitig rechtlichen Rat bei einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht einzuholen, um disziplinarrechtliche Maßnahmen und den Verlust von Ansprüchen zu vermeiden. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann helfen, die eigene Situation zu bewerten und gegebenenfalls geeignete Schritte einzuleiten.

Symbolbild/ (se)

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Verwaltungsrecht Viertes Bürokratieentlastungsgesetz: Was Unternehmen erwartet

Das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) steht kurz vor seiner Verabschiedung und zielt darauf ab, die Bürokratie in Deutschland weiter abzubauen. Mit diesem Gesetz sollen insbesondere Unternehmen durch verschiedene Maßnahmen entlastet werden, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führen soll. Das Gesetz ist Teil einer fortlaufenden Initiative, die darauf abzielt, den administrativen Aufwand für Unternehmen in Deutschland zu reduzieren. Die vierte Fassung bringt eine Reihe neuer Regelungen zur spürbaren Entlastung. Bürokratieentlastungsgesetz: Ein Überblick Das  Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) wurde im August 2023 als Teil eines umfassenden ... weiter lesen

Verwaltungsrecht Neues Selbstbestimmungsgesetz ab 1.11.2024: Neue Rechte für Trans-, Inter- und Nichtbinäre Personen

Bisher ermöglichte § 45b PSTG die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens unter bestimmten Bedingungen. Mit 1.11.2024 tritt das am 21.6.2024 verkündete Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) in Kraft und ersetzt damit den § 45b. Diese Regelung hat weitreichende Auswirkungen auf die Rechte und den Alltag von Betroffenen,denn seit 1. August dieses Jahres können Trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen zum 1.11.2024 unbürokratisch beim Standesamt anmelden.  Grundsatz: Selbstbestimmung und Anerkennung für Geschlechtsidentität Das ... weiter lesen

Verwaltungsrecht Längere Wartezeiten bei der Briefzustellung

Der Bundestag hat am 18. Juli 2024 die Novellierung des Postgesetzes verabschiedet. Zukünftig erhält die Deutsche Post mehr Zeit für die Zustellung von Briefen, wobei gleichzeitig eine höhere Zuverlässigkeit angestrebt wird. Gleichzeitig wird sich die Zustelldauer für Briefe deutlich verlängern. Die Deutsche Post schätzt, dass dies ab Januar 2025 für Konsumenten spürbar wird.  Inkrafttreten der neuen Briefzustellungspolitik Das Gesetz zur Modernisierung des Postrechts ist am Tag nach seiner Verkündigung, also am 19. Juli 2024mit dem Ziel in Kraft getreten, den Zeitdruck bei der Briefzustellung zu verringern. Damit sollten 95% aller Briefe ... weiter lesen

Verwaltungsrecht OVG NRW bestätigt Impfpflichtnachweis für Schulkinder

Der Eilantrag gegen den Nachweis der Masernimpfung eines schulpflichtigen Kindes blieb beim Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen erfolglos (Beschluss vom 16.07.2024, Aktenzeichen: 13 B 1281/23 ; I. Instanz: VG Minden 7 L 955/23). Sachverhalt Eltern einer Grundschülerin aus Schieder-Schwalenberg reichten einen Eilantrag gegen die Verpflichtung ein, einen Nachweis über den Masernimpfschutz oder die Immunität ihres Kindes vorzulegen. Diese Verpflichtung ist durch ein Zwangsgeld abgesichert. Nachdem das Verwaltungsgericht Minden ihren Antrag abgelehnt hatte, legten sie Berufung beim Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Sie ... weiter lesen

Ihre Spezialisten