Münster (jur). Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen tritt für eine enge Begrenzung der Coronahilfen bei Verdienstausfällen von Arbeitnehmern ein. Diese greifen nur dann, wenn kein Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber besteht, urteilte das OVG am Freitag, 10. März 2023, in Münster gegen zwei Subunternehmen der Fleischindustrie (Az.: 18 A 563/22 und 18 A 1460/22). Auf andere Arbeitgeber ist dies nicht immer übertragbar.
Konkret wies das OVG zwei Unternehmen ab, die als Subunternehmen ihre Arbeitnehmer bei großen fleischverarbeitenden Betrieben in Rheda-Wiedenbrück und Coesfeld eingesetzt hatten. Im Mai beziehungsweise Juni 2020 kam es dort zu Corona-Ausbrüchen. Die Betriebe wurden geschlossen und die dort Beschäftigten mussten für fünf Wochen in Quarantäne.
Für Arbeitnehmer gab es damals Hilfen, wenn sie wegen der Coronapandemie einen Verdienstausfall hatten. Die Arbeitgeber sollten das Geld auszahlen und dann beim jeweiligen Bundesland die Erstattung beantragen.
Hier hatten die Subunternehmen ihren Beschäftigten diese Corona-Verdienstausfallentschädigung ausbezahlt. Ihren Antrag auf Erstattung lehnte das Land Nordrhein-Westfalen jedoch ab. Jeweils für die einzelnen betroffenen Arbeitnehmer reichten die Unternehmen zusammen rund 7.000 Klagen ein. In zwei Musterverfahren hatten die Verwaltungsgerichte Münster und Minden diesen noch stattgegeben.
Das OVG Münster hob diese Urteile nun auf und wies die Klagen ab. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließ es aber die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.
Hintergrund ist eine Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Paragraf 616), wonach der Lohnanspruch bei einer nicht vom Arbeitnehmer verschuldeten „vorübergehenden Verhinderung“ fortbesteht. Als vorübergehend gelte nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs – wie bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – bei unbefristeter Beschäftigung eine Frist von sechs Wochen.
Hier seien die Arbeitnehmer unbefristet angestellt gewesen, und die Quarantäne habe fünf Wochen gedauert. Auch trügen nicht die Arbeitnehmer die Schuld für ihre Arbeitsverhinderung. Daher habe ein Lohnanspruch gegen den jeweiligen Arbeitgeber bestanden, urteilte das OVG. Dies schließe die Corona-Verdienstausfallentschädigung aus.
Die Münsteraner Richter widersprachen dem Argument, so ausgelegt gebe es für diese Hilfen gar keinen Anwendungsbereich mehr. Denn dies gesetzliche Verhinderungsklausel könne in Arbeits- und Tarifverträgen abbedungen werden. Zudem sei sie in der Probezeit und auf befristet Beschäftigte jedenfalls nicht in gleichem zeitlichen Umfang anwendbar.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock