Manche Arbeitgeber wollen ihre Mitarbeiter zur Installation und Nutzung einer Corona-Warn-App - am besten auf dem eignen Handy - zwingen. Doch dürfen sie das?
Die Bundesregierung wirbt damit, dass Bürger zwecks Bekämpfung der Covid-19-Pandemie die Corona-Warn-App auf ihrem Smartphone installieren. So können laut Bundesregierung besser Infektionsketten nachverfolgt werden. Ob die Bürger dies tun, ist ihnen - anders als in einigen anderen Staaten - freigestellt.
Corona-Warn-App - Anordnung durch Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt?
Aber wie sieht die rechtliche Situation aus, wenn der Arbeitgeber die Installation der Corona-Warn-App auf dem eigenen Smartphone oder dem Diensthandy verlangt? Dürfen sich die Arbeitnehmer dann weigern?
Das hängt davon ab, ob der Arbeitgeber hierzu kraft seines Direktionsrechtes berechtigt ist, das aus § 106 GewO hergeleitet wird. Hiernach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Verstößt Corona-Warn-App Anordnung gegen den Beschäftigtendatenschutz?
Dieses Direktionsrecht geht jedoch nur soweit, dass die Weisung im Einklang mit datenschutzrechtlichen Vorschriften stehen muss. Hier kommt ein Verstoß gegen Art. 9 DSGVO in Betracht, wonach die Verarbeitung von Gesundheitsdaten als besonders schützenswerten personenbezogenen Daten normalerweise untersagt ist. Anders ist das, wenn dies nach § 26 Abs. 1 BDSG ausnahmsweise gerechtfertigt ist.
Nach § 26 Abs. 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.
Ob eine derartige Verarbeitung erforderlich ist, ist zweifelhaft. Denn der Arbeitgeber ist auf die Nutzung einer Corona-Warn-App nicht angewiesen, um im Rahmen seiner Fürsorgepflicht seine Mitarbeiter vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie zu schützen. Denn die Corona-Warn-App erteilt keine Auskunft darüber, ob der jeweilige Mitarbeiter an Covid-19 erkrankt ist. Hierzu sollte der Arbeitgeber besser die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales wegen SARS-COV- 2 beschlossenen Arbeitsschutzstandards in seinem Betrieb umsetzen, wonach vor allem die Einhaltung von Mindestabständen und eine gute Hygiene wichtig ist.
Die Frage ist, inwieweit der Arbeitnehmer hierzu wirksam seine Einwilligung gegenüber dem Arbeitgeber erteilen kann. Dies beurteilt sich danach, inwieweit er diese freiwillig erteilt. Hieran stellt § 26 Abs. 2 Satz 1 BDSG bei einem Arbeitsverhältnis strenge Anforderungen. Hiernach ist zu berücksichtigen, dass sich Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber häufig in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden.
Sichtweise der Datenschützer
Da es hierzu noch keine einschlägigen Gerichtsentscheidungen gibt, ist besonders die Sichtweise der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden in den einzelnen Bundesländern interessant. Diese hat zwar bezüglich der Installation der Corona-Warn-App der einzelnen Bürger keine datenschutzrechtlichen Bedenken, weil die Speicherung der personenbezogenen Daten lediglich dezentral auf dem eigenen Smartphone erfolgt. Gleichfalls betonen die Datenschützer in einer Pressemitteilung der Datenschutzkonferenz (DSK) vom 16.06.2020, dass der Zugang unter anderem zu Arbeitsstätten nicht vom Vorweisen der App abhängig gemacht werden darf. Hiernach dürfen Arbeitgeber nicht ihren Arbeitnehmern die Nutzung einer Corona-Warn-App vorschreiben. Ebenso wenig dürfen sie Druck machen, dass der Arbeitnehmer diese App „freiwillig“ installiert. Da gerade bei einem Arbeitsverhältnis schnell der Verdacht aufkommt, dass auf Arbeitnehmer Druck zumindest durch die Kollegen gemacht wird, sollten Arbeitgeber besser nicht die Nutzung einer Corona-Warn-App erwarten.
Corona-Warn-App und Betriebsrat
Wenn Arbeitgeber sich nicht vorab an den Betriebsrat gewendet haben, kommt ein Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Betracht. Das gilt vor allem, wenn es um die Nutzung auf einem Diensthandy geht. Gleichwohl sollten Arbeitgeber dies nicht dadurch umgehen, dass sie die Nutzung auf dem Smartphone anordnen. Hierdurch kommt eine Verletzung des persönlichen Selbstbestimmungsrechtes der Arbeitnehmer in Betracht.
Fazit:
Arbeitnehmer wenden sich bei der Anordnung einer Corona-Warn-App durch den Arbeitgeber am besten an den Betriebsrat, soweit dieser vorhanden ist. Dies gilt vor allem dann, wenn sie diese nicht auf ihrem Diensthandy, sondern ihrem privaten Handy installieren sollen. Denn hier wäre auch ihre persönliche Freiheit betroffen. Darüber hinaus können Arbeitnehmer auch bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde ihres Bundeslandes nachfragen. Diese können dies dem Arbeitgeber etwa untersagen im Wege der Weisung gem. Art. 58 Abs. 2 DSGVO beziehungsweise gegen ihn ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen den Datenschutz verhängen gem. Art. 83 DSGVO. Je nach Arbeitgeber können Arbeitnehmer auch eine anonyme Beschwerde einreichen. Schließlich können sie auch bei dem Rechtssekretär einer Gewerkschaft oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht nachfragen, um auf der sicheren Seite zu sein.
Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Fachanwalt.de-Redaktion)
Foto: © DenysPrykhodov - Fotolia.com