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Der Anspruch auf Teilzeitarbeit im Arbeitsrecht

19.12.2021 Arbeitsrecht

Gem. § 8 Abs. 1 TzBfG kann im Arbeitsrecht ein Arbeitnehmer dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat verlangen, dass seine Arbeitszeit verringert wird. Unter den Begriff des Arbeitnehmers fallen auch Führungskräfte (leitende Angestellte) sowie Arbeitnehmer, für die bereits Teilzeitarbeit gilt. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 8 Abs. 7 TzBfG). Beschäftigte, die eine Berufsausbildung durchlaufen (Ausbildung, Umschulung, Fortbildung) oder Praktikanten bzw. Volontäre nach § 26 BBiG sind, werden bei der Berechnung der Mindestbetriebsgröße nicht mitgerechnet, wohl aber geringfügig beschäftigte Mitarbeiter. Es gilt ein „Pro-Kopf-Prinzip“, jeder Mitarbeiter zählt unabhängig vom Umfang seiner Arbeitsleistung mit dem Faktor 1,0, es findet keine quotale Berechnung wie bei § 23 KSchG statt.

a) Verringerung der Arbeitszeit

Der Arbeitnehmer muss die Verringerung der Arbeitszeit mindestens drei Monate vor dem geplanten Antritt im Wege eines Antrags an den Arbeitgeber geltend machen. Vor der dreimonatigen Ankündigungsfrist muss mindestens die sechsmonatige Wartezeit abgelaufen sein, so dass der Teilzeitanspruch frühestens nach Ablauf von neun Monaten seit Bestand des Arbeitsverhältnisses durchgeführt werden kann. Ein bestimmter Mindestumfang an Verringerung der Arbeitszeit besteht nicht und eine Begründung ist nicht erforderlich. Im Antrag soll der Arbeitnehmer angeben, wie er sich die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Tage vorstellt. Vorstellbar ist nicht nur eine Reduzierung auf eine Halbtagsbeschäftigung, sondern auch eine mehrjährige Beschäftigung mit einem anschließenden Frei-Jahr oder eine Vollzeitbeschäftigung in arbeitsreichen Phasen mit entsprechendem Freizeitausgleich in ruhigen Phasen. Beide Vertragsparteien sollen den Antrag gemeinsam erörtern.

Der Arbeitgeber ist zur Zustimmung zum Arbeitnehmervorschlag verpflichtet, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt nach § 8 Abs. 4 TzBfG dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Das kann der Fall sein, wenn zusätzliche Dienstwagen oder andere Sachmittel für neu einzustellende Beschäftigte bereitgestellt werden müssen, die den Arbeitgeber unverhältnismäßig finanziell belasten. Es muss sich nach der Gesetzesbegründung um „rational nachvollziehbare Gründe“ handeln.

Ein Arbeitgeber muss nicht unbegrenzt allen Teilzeitwünschen gerecht werden. Die Grenze des Überforderungsschutzes wird dort verlaufen, wo zwischen 5 und 10 % der Belegschaft Teilzeit arbeitet. Im Tarifvertrag können Ablehnungsgründe mit verbindlicher Wirkung näher definiert werden. Für das Vorliegen eines betrieblichen Grundes ist der Arbeitgeber im Streitfall beweispflichtig.

Wenn sich der Arbeitgeber auf das Vorliegen betrieblicher Gründe berufen will, muss er mindestens einen Monat vor der gewünschten Reduzierung der Arbeitszeit schriftlich widersprechen (§ 8 Abs. 5 S. 2, 3 TzBfG). Eine Fristversäumung gilt nach dem Gesetz als Zustimmung. Sowohl im Falle der Zustimmung als auch der berechtigten Ablehnung kann der Arbeitnehmer frühestens nach Ablauf von zwei Jahren nach der Arbeitgeberentscheidung eine erneute Verringerung beantragen (§ 8 Abs. 6 TzBfG).

Nach erfolgter Verringerung gilt die neue Arbeitszeit mit entsprechend reduzierten Bezügen. Zur Höhe des reduzierten Arbeitsentgelts enthält § 4 Abs. 1 TzBfG lediglich den Hinweis, dass ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer mindestens in dem Umfang entlohnt werden muss, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. In die Betrachtung einzubeziehen sind nicht nur das Arbeitsentgelt, sondern auch Gratifikationen, Tantiemen, sonstige Einmalzahlungen.

b) Brückenteilzeit

Gem. § 9a TzBfG kann der Teilzeitanspruch auch zeitlich begrenzt werden. Voraussetzung für diese sog. Brückenteilzeit ist, dass das Unternehmen des Arbeitgebers in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt. Gezählt wird pro Kopf, auch bei geringfügig Beschäftigten. Der wählbare Zeitraum kann zwischen einem und fünf Jahren liegen, wobei der Arbeitnehmer weder für den gewählten Zeitraum noch für seine dahinterstehende Motivationslage rechenschaftspflichtig ist. Nach § 9a Abs. 2 kann der Arbeitgeber das Teilzeitverlangen ablehnen, soweit betriebliche Gründe entgegenstehen, was grundsätzlich wie bei § 8 Abs. 4 TzBfG zu beurteilen ist. Zusätzlich kann der Arbeitgeber auch dann ablehnen, wenn sich die entgegenstehenden betrieblichen Gründe gerade auf die Befristung des Teilzeitbegehrens richten. In Betrieben zwischen 45 und 200 Arbeitnehmern steht nur einem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Brückenteilzeit zu. Eine weitere Verringerung oder Verlängerung seiner Arbeitszeit kann während der Brückenteilzeit nicht verlangt werden. Auch die Sperrfristen der Vorschrift sind zu beachten.

c) Verlängerung der Arbeitszeit

Neben einem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit kommt unter gewissen Voraussetzungen auch ein Anspruch auf Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit in Betracht (§ 9 TzBfG). Der Mitarbeiter muss seinen Wunsch dem Arbeitgeber mitteilen. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, ihn im Falle freier Stellen zu informieren. Im Falle des Interesses hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber von sich aus ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages zu unterbreiten. In diesem Falle ist der Arbeitnehmer gegenüber externen Bewerbern vorrangig zu berücksichtigen. Im Falle der gesetzwidrigen anderweitigen Besetzung der Stelle kann der betroffene Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen.

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