Nürnberg (jur). Der fachlich am besten geeignete Bewerber für eine befristete Stelle eines öffentlichen Arbeitgebers kann auch leer ausgehen. War der Stellenbewerber bereits seit mehreren Jahren bei demselben Arbeitgeber befristet beschäftigt und wäre eine erneute Befristung unzulässig, darf er vom Stellenbesetzungsverfahren ausgeschlossen werden, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem am 11. August 2023 veröffentlichten Urteil (Az.: 5 Sa 373/22). Dem stehe auch nicht das verfassungsrechtliche Gebot der „Bestenauslese“ entgegen, nach der der am besten geeignete Bewerber den Zuschlag erhalten soll.
Damit kann der seit März 2016 mehrfach und zuletzt bis 30. Juni 2023 befristet angestellte Kläger nicht verlangen, dass er bei der Ausschreibung einer erneuten befristeten Stelle seines öffentlichen Arbeitgebers berücksichtigt wird. Der schwerbehinderte Mann war als technischer Assistent an der Universität im Institut für Pathologie einer Universität tätig. Von April 2010 bis März 2016 war sein Arbeitgeber noch das Uniklinikum. Dort hatte er insgesamt sieben befristete Arbeitsverträge.
Als die Universität erneut eine befristete Stelle für die technische Assistenz ausschrieb, bewarb sich auch der schwerbehinderte Kläger erneut darauf. Der Leiter der Pathologischen Abteilung wollte den Kläger auch einstellen. Die Personalabteilung lehnte dies wegen eines drohenden „institutionellen Rechtsmissbrauchs“ ab. Eine erneute Befristung würde gegen die gesetzlichen Befristungsregelungen verstoßen und könnte als „institutioneller Rechtsmissbrauch“ gewertet werden. Die Universität befürchtete, dass bei einem erneuten befristeten Arbeitsvertrag der schwerbehinderte Beschäftigte Anspruch auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis haben könnte.
Der Kläger verwies auf die verfassungsrechtliche Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers, den fachlich am besten geeigneten Bewerber einzustellen. Er sei der am besten geeignete Bewerber. Der Leiter der Pathologie habe ausdrücklich ihn für die Stelle haben wollen. Außerdem habe die Universität eine Inklusionsvereinbarung abgeschlossen, nach der schwerbehinderte Menschen bei der Einstellung bevorzugt zu behandeln sind. Ohnehin liege schon ein Rechtsmissbrauch vor. Denn die befristeten Arbeitsverhältnisse des Uniklinikums und der Universität müssten zusammengerechnet werden. Es handele sich dann um verbotene Kettenbefristungen.
Das LAG urteilte am 30. Juni 2023, dass der Kläger im Auswahlverfahren für die neue befristete Stelle nicht zu berücksichtigen sei. Dem stehe auch nicht das verfassungsrechtliche Gebot der Bestenauslese entgegen. Zwar sei der Kläger der fachlich am besten geeignete Bewerber gewesen. Mit der erneuten befristeten Einstellung des Klägers würde sich der Arbeitgeber jedoch der Gefahr aussetzen, gegen die gesetzlichen Befristungsregelungen zu verstoßen. Bei Vorliegen eines solchen institutionellen Rechtsmissbrauchs müsse der Arbeitgeber befürchten, dass der Kläger eine unbefristete Anstellung verlange.
Dass wegen der zahlreichen Befristungen bereits jetzt schon ein Rechtsmissbrauch vorliege, überzeugte das LAG nicht. Denn der Kläger habe mit zwei verschiedenen Arbeitgebern, dem Uniklinikum und der Universität, mehrfach befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. Diese Befristungen könnten nicht zusammengerechnet werden.
Unbeachtlich sei es, dass der Leiter der Pathologie den Kläger gerne einstellen wolle. Denn die Einstellungsbefugnis liege nicht bei diesem, sondern bei der Personalabteilung, betonte das LAG.
Schließlich könne auch die Inklusionsvereinbarung der Universität keine Einstellung begründen. Diese beinhalte keinen individuellen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.
Der Kläger hat gegen das Urteil Revision beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt eingelegt. Das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen 8 AZR 187/23 anhängig.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock