Ab dem 1. Januar 2025 wird es in Deutschland erstmals möglich sein, digitale Arbeitsverträge abzuschließen. Diese Neuerung, eingeführt durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV), markiert einen entscheidenden Meilenstein in der Modernisierung des Arbeitsrechts. Schnellere, effizientere und rechtlich abgesicherte Verfahren werden den Arbeitsalltag transformieren und die Digitalisierung in der Arbeitswelt entscheidend voranbringen. Dieser Fortschritt steht exemplarisch für die Anpassung des Arbeitsrechts an die Erfordernisse einer zunehmend digitalen Gesellschaft.
Neue Chancen durch digitale Arbeitsverträge
Die Möglichkeit, Arbeitsverträge digital abzuschließen, revolutioniert den Einstellungsprozess. Bislang war die eigenhändige Unterschrift auf Papier notwendig.
Ab 2025 können Verträge in Textform nach § 126b BGB erstellt und elektronisch übermittelt werden.
Eine klare Zuordnung des Erklärenden genügt, sodass selbst E-Mails rechtlich gültig sind. Dies bietet erhebliche Flexibilität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Exkurs: Klare Zuordnung
Im Kontext eines digital geschlossenen Arbeitsvertrags versteht man unter klarer Zuordnung, dass der Absender bzw. Erklärende eindeutig identifizierbar sein muss. Dies ist ein wichtiger Aspekt der Textform, die ab 2025 für Arbeitsverträge ausreichend sein wird. Um eine klare Zuordnung zu gewährleisten, können Arbeitgeber folgende Methoden anwenden:
- Verwendung von offiziellen E-Mail-Adressen
- Einsatz von digitalen Signaturen
- Nutzung von Plattformen mit Benutzerauthentifizierung
Wichtig: Die klare Zuordnung dient dazu, die Identität des Unterzeichnenden zweifelsfrei festzustellen und somit die Rechtsgültigkeit des Vertrags zu sichern.
Damit reduzieren diese Möglichkeiten den administrativen Aufwand erheblich. Gleichzeitig profitieren Unternehmen von vereinfachter Dokumentenverwaltung, da digitale Verträge leichter archiviert und bei Bedarf schneller abgerufen werden können. Umweltfreundliche Aspekte, wie die Reduzierung des Papierverbrauchs, runden die Vorteile ab.
Rechtliche Rahmenbedingungen für digitale Arbeitsverträge
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für digitale Arbeitsverträge sind ab 2025 neu geordnet. Basierend auf dem Prinzip der Formfreiheit sind digitale Arbeitsverträge grundsätzlich rechtsgültig.
Rechtliche Grundlage: Nachweisgesetz (NachwG)
Das Nachweisgesetz wurde Anfang 2024 reformiert:
- Arbeitgeber müssen der Nachweispflicht nicht mehr in Schriftform nachkommen. Die wesentlichen Vertragsbedingungen können in digitaler Form kommuniziert werden.
- Der elektronisch unterzeichnete Arbeitsvertrag muss für beide Parteien zugänglich, speicher- und ausdruckbar sein.
- Arbeitgeber müssen einen Nachweis über die Übermittlung und den Empfang erhalten.
Arten der elektronischen Signatur
- Unbefristete Arbeitsverträge können mit jeder Art der elektronischen Signatur (einfach, fortgeschritten oder qualifiziert) abgeschlossen werden.
- Für befristete Arbeitsverträge ist weiterhin die Schriftform vorgeschrieben, wobei nur die qualifizierte elektronische Signatur (QES) zulässig ist.
QES – qualifizierte elektronische Signatur: Definition
Die qualifizierte elektronische Signatur (QES) repräsentiert die höchste Stufe der elektronischen Signaturen im Inland und der EU. Gemäß der EU-Verordnung Nr. 910/2014 (eIDAS) ist sie der handschriftlichen Unterschrift rechtlich gleichgestellt und erfüllt die höchsten Sicherheitsstandards für elektronische Signaturen. Die technische Umsetzung der QES basiert dabei auf einem qualifizierten Zertifikat, das von einem zugelassenen Vertrauensdiensteanbieter (VDA) ausgestellt wird, und wird mittels einer sicheren Signaturerstellungseinheit (SSEE) erzeugt.
In rechtlicher Hinsicht ersetzt die QES die Schriftform nach § 126a BGB und genießt maximale Beweiskraft vor Gericht. Dies macht sie besonders wertvoll für Dokumente mit hohen Haftungsrisiken. Ein wichtiges Anwendungsgebiet findet sich im Arbeitsrecht, wo die QES häufig für befristete Arbeitsverträge und andere Dokumente eingesetzt wird, die einer Schriftform bedürfen.
Durch diese Eigenschaften ermöglicht die QES als höchste Form der elektronischen Signatur eine vollständig digitale Abwicklung von Verträgen und anderen rechtlich bindenden Dokumenten, wobei sie maximale Sicherheit und rechtliche Anerkennung gewährleistet.
Textform – Schriftform: Unterschiede nach § 126 BGB
Der Unterschied zwischen Textform und Schriftform im Arbeitsrecht lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Schriftform | Textform |
|
|
Die geplante Einführung der Textform im Arbeitsrecht durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV zielt darauf ab, Prozesse zu vereinfachen und zu digitalisieren, ohne die Rechtssicherheit zu gefährden. Zusammengefasst:
- Eine lesbare, aber unterschriftslose Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger ist ausreichend.
- Arbeitsverträge können per E-Mail übermittelt werden.
Ausnahmen
Bestimmte Wirtschaftsbereiche wie das Baugewerbe, die Gebäudereinigung und die Fleischindustrie sind von diesen Änderungen ausgenommen und unterliegen weiterhin strengeren Formvorschriften. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass der Schwarzarbeit ein Riegel vorgeschoben werden soll.
Datenschutzrisiken minimieren
Verstöße gegen die Vertraulichkeit digitaler Arbeitsverträge können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Die Umstellung auf digitale Arbeitsverträge bietet zwar zahlreiche Vorteile, wie effizientere Verwaltungsprozesse und den Verzicht auf Papierdokumente, verlangt jedoch höchste Sorgfalt beim Schutz sensibler Mitarbeiterdaten. Werden diese Daten durch unzureichende Sicherheitsmaßnahmen oder vorsätzliches Handeln offengelegt, drohen erhebliche Strafen nach der DSGVO – mit Bußgeldern von bis zu 20 Millionen Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag höher ist.
Zudem können Arbeitgeber mit Schadensersatzforderungen seitens betroffener Mitarbeiter konfrontiert werden, was nicht nur finanzielle Belastungen, sondern auch erheblichen Reputationsschaden zur Folge haben kann. In besonders schweren Fällen von Datenmissbrauch können sogar strafrechtliche Konsequenzen drohen. Der Umstieg auf digitale Arbeitsverträge erfordert daher den Einsatz moderner, sicherheitszertifizierter Technologien und eine umfassende Schulung der Mitarbeiter, um Datenschutzverstöße effektiv zu vermeiden.
Empfehlungen
Unternehmen sollten auf datenschutzkonforme Software setzen. Zertifizierte Anbieter mit ISO-Standards sind besonders empfehlenswert, um sensible Mitarbeiterdaten zu schützen und das Vertrauen in digitale Prozesse zu stärken.
Einschränkungen bei der Digitalisierung von Arbeitsverträgen
Trotz der vielen Vorteile gibt es wichtige Ausnahmen, bei denen die Digitalisierung nicht greift:
- Kündigungen und Aufhebungsverträge: Hier bleibt die Schriftform gemäß § 623 BGB verpflichtend.
- Notariell beurkundete Verträge: Diese müssen weiterhin physisch unterzeichnet werden.
- Tarifvertragliche Vorgaben: Regelungen in Tarifverträgen, die besondere Formvorschriften enthalten, bleiben unberührt.
- Wettbewerbsverbote.
- Befristete Arbeitsverträge.
Besondere Aufmerksamkeit erfordern zudem international geregelte Arbeitsverhältnisse. Unternehmen sollten prüfen, ob länderspezifische Vorschriften wie Übersetzungen oder Beglaubigungen erforderlich sind. Diese Einschränkungen sichern, dass besonders sensible Vertragsinhalte höchsten rechtlichen Standards entsprechen.
Anwendung auf bestehende Arbeitsverhältnisse
Die Digitalisierung wirkt nicht nur bei neuen Verträgen, sondern auch bei bestehenden Arbeitsverhältnissen. Anpassungen wie Gehaltsänderungen oder Vereinbarungen zu Telearbeit können ab 2025 digital vorgenommen werden. Dies erleichtert nicht nur die Nachverfolgbarkeit, sondern sorgt auch für mehr Transparenz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Größere Unternehmen profitieren besonders von der Umstellung auf digitale Prozesse. Ressourcen können effizienter genutzt und interne Abläufe nachhaltig optimiert werden. Für beide Seiten bedeutet dies eine erhebliche Zeitersparnis.
Praxis-Tipps für den erfolgreichen Einstieg in digitale Arbeitsverträge
Die Umstellung auf digitale Arbeitsverträge erfordert gezielte Vorbereitung. Arbeitgeber sollten frühzeitig in leistungsfähige Software investieren, die Datenschutzanforderungen erfüllt. Regelmäßige Schulungen helfen Mitarbeitern, sich mit den neuen Technologien vertraut zu machen.
Arbeitnehmer sollten darauf achten, digitale Verträge sicher zu speichern und deren Inhalte genau zu prüfen. Zusätzlich ist es sinnvoll, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut zu machen, um potenzielle Nachteile zu vermeiden. Eine klare Kommunikation zwischen beiden Parteien ist entscheidend, um Akzeptanz und Vertrauen aufzubauen.
Fazit
Die Einführung des digitalen Arbeitsvertrags ab 2025 stellt einen bedeutenden Fortschritt im Arbeitsrecht dar. Weniger Bürokratie, schnellere Abläufe und eine höhere Flexibilität zeichnen diesen Wandel aus. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich frühzeitig auf diese Neuerung vorbereiten, um die Chancen der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Mit den richtigen Werkzeugen und einer offenen Haltung zur Transformation kann die Arbeitswelt effizienter, nachhaltiger und zukunftsorientierter gestaltet werden.
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