Arbeitsrecht

Die 2G-Regelung im Arbeitsrecht - Dürfen ungeimpfte Arbeitnehmer gekündigt werden?

17.03.2022
Zuletzt bearbeitet am: 17.03.2022

2G dürfte mittlerweile jedem ein Begriff sein. Für Ungeimpfte Personen heißt das, dass sie einem Ort fernbleiben müssen, weil eine Einlassbeschränkung gilt, die nur Geimpfte oder Genesene zulässt. Dieses Modell galt schon in Cafés, Restaurants oder Kinos. Aber es ist auch Arbeitgebern möglich die 2G-Regelung für ihre Angestellten zu übernehmen. Es stellt sich dann unweigerlich die Frage, welches Schicksal solchen Arbeitnehmern ereilt, die sich in den vergangenen Monaten nicht gegen Corona haben impfen lassen. Ob eine Kündigung derer möglich ist, hat das Arbeitsgericht Berlin im vergangenen Monat entschieden (ArbG Berlin, Urteil vom 03.02.2022 – 17 Ca 11178/21).

Kündigungsschutzklage einer Ungeimpften erfolglos

Eine Musical-Darstellerin hat sich mit einer Kündigungsschutzklage an das Arbeitsgericht Berlin gewendet. Sie war von zwei Veranstaltungsgesellschaften für ein Musicalstück angestellt worden. Noch bevor sie zum ersten offiziellen Arbeitstag erscheinen konnte, haben ihre Arbeitgeberinnen erfahren, dass sie nicht gegen Corona geimpft war. Aufgrund der Tatsache, dass der Musicalbetrieb für seine Arbeitnehmer die 2G-Regelung aufgenommen hatte, wurde das Arbeitsverhältnis mit der Darstellerin ordentlich und fristgerecht gekündigt. Der Vorschlag ihrerseits, täglich Testnachweise zu erbringen, fand bei den Arbeitgeberinnen keinen Anklang.

Kündigung von ungeimpften Arbeitnehmern verstößt bei betrieblicher 2G-Regelung nicht gegen AGG

Die Richter lehnten die Kündigungsschutzklage ab und erklärten die Kündigungen für wirksam. Eine Maßregelung im Sinne des § 612a BGB läge nicht vor. Die persönliche Einstellung der Darstellerin, sich nicht impfen zu lassen, habe nicht unmittelbar zur Kündigung geführt, sondern lediglich einen Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geliefert.

Denn es stehe jedem Arbeitgeber frei, die 2G-Regelung für die Arbeitsplätze seiner Arbeitnehmer festzulegen. Sind dann schließlich 2G-Modell und persönliche Entscheidung der Angestellten unvereinbar, stelle dies keine Maßregelung dar. Wenn Arbeitgeber infolgedessen ungeimpfte Mitarbeiter entlassen, verstoßen sie nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Arbeitgeber dürfen 2G-Regelung am Arbeitsplatz einführen

Das 2G-Modell im Musicalbetrieb wurde von den Richtern als gerechtfertigt befunden, da das tägliche Kontrollieren von negativen Coronatests einen erheblichen Mehraufwand darstelle, welcher die Betriebsabläufe merklich beeinträchtigen würde. In Anbetracht der strengeren Quarantänemaßnahmen für Ungeimpfte gäbe es außerdem ein höheres Risiko für Personalausfälle, welche im Musicalbetrieb fatale Folgen haben können.

Bei einer Interessenabwägung befände sich die Musicaldarstellerin keineswegs in der Position von ihren Arbeitgeberinnen verlangen zu können, dass diese ein Schutzkonzept umsetzen, welches sowohl mit höherem Kosten- als auch Personalaufwand verbunden wäre. Zusätzlich müsse auch die körperliche Unversehrtheit der Kollegen berücksichtigt werden.

Die Frage nach dem Impfstatus im Bewerbungsgespräch – zulässig oder nicht?

Stand jetzt darf nur bei Einrichtungen des Gesundheitswesens im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) nach dem Impfstatus der (potenziellen) Arbeitnehmer gefragt werden. Für alle anderen Branchen, die nicht dem Tatbestand des § 23 Abs. 3 IfSG unterfallen, gibt es derzeit noch keine gesetzlichen Grundlagen für ein Fragerecht nach dem Impfstatus.

Es bleibt abzuwarten wie die zukünftige Rechtsprechung darauf reagiert und ob Arbeitgeber, die für ihre Angestellten die 2G-Regel eingeführt haben, Bewerber nach deren Impfstatus fragen dürfen. Sollte das nicht der Fall sein, befände man sich in der widersprüchlichen Situation, dass ein ungeimpfter Bewerber eingestellt würde, um dann kurz darauf wieder gefeuert zu werden, weil er doch keinen Impfschutz nachweisen kann und aufgrund der 2G-Regel seiner Arbeit nicht nachgehen kann. Das wäre doch ziemlich paradox, oder?

Benötigen Sie Beratung im Zusammenhang mit einer Kündigung, stehen Ihnen die Anwälte von ROSE & PARTNER, insbesondere unsere Anwälte für Arbeitsrecht, grundsätzlich gerne zur Verfügung. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Webseite: https://www.rosepartner.de/arbeitsrecht/kuendigung-kuendigungsschutz.html

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor

Gesamt:

Kolja Schlecht
Rechtsanwalt • Fachanwalt für Erbrecht
Jungfernstieg 40
20354 Hamburg

Telefon: 040-41437590


Honorar/Leistung: (5)
Erreichbarkeit: (5)
Verständlichkeit: (5)
Freundlichkeit: (5)
Diesen Rechtsanwalt bewerten
Vereinbaren Sie hier eine Rechtsberatung zum Artikel-Thema:
Kontaktieren Sie hier Fachanwalt Kolja Schlecht:
* Pflichtfeld
Ja, ich willige ein, dass meine im „Kontaktformular“ eingetragenen personenbezogenen Daten zum Zwecke der Angebotsvermittlung per Fax und E-Mail an den zu kontaktierenden Anwalt übermittelt und gespeichert werden. Diese jederzeit widerrufliche Einwilligung sowie die Verarbeitung und Datenübermittlung durch Dritte erfolgen gem. unserer Datenschutzerklärung.
Kontaktieren
Weitere Artikel des Autors
Arbeitsrecht Wie berechnet sich die Höhe der Karenzentschädigung in der GmbH? Aktienoptionen und nachvertragliches Wettbewerbsverbot
11.01.2022

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote findet man regelmäßig in Geschäftsführeranstellungsverträgen, Vorstandsverträgen oder auch sonstigen Arbeitsverhältnissen, aber vor allem auf Führungsebene. Im Rahmen dieser nachvertraglichen Wettbewerbsverbote treffen die Parteien oft auch eine Vereinbarung für eine Karenzentschädigung entsprechend der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Zu dieser Thematik hat das LAG Hamm im August eine neue Entscheidung gefasst ( LAG Hamm, Urteil vom 11.08.2021 – Az. 10 Sa 284/21 ). Es hatte darüber zu entscheiden, ob Restricted Stock Units (RSU) bzw. Aktienoptionen , welche dem ... weiter lesen

Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Arbeitsrecht Ergonomischer Büroarbeitsplatz mit Merkblatt

Der Begriff "Büroarbeitsplatz" bezieht sich auf die Gesamtheit aller Elemente und Bedingungen, die in einem Büroumfeld zur Durchführung von Arbeitsaufgaben erforderlich sind. Hierzu zählen insbesondere Arbeitsmittel wie Schreibtisch und Bürostuhl, die gemäß den Anforderungen des Arbeitsschutzes ergonomisch gestaltet sein müssen, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden und die Arbeitsleistung zu steigern. Rechtliche Grundlagen für Büroarbeitsplätze Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und die Bildschirmarbeitsverordnung bilden die rechtliche Basis für die Gestaltung von Büro- und Bildschirmarbeitsplätzen in ... weiter lesen

Arbeitsrecht Arbeitsgericht Siegburg urteilt: Keine Diskriminierung bei Nichteinstellung aus gesundheitlichen Gründen

Das Arbeitsgericht Siegburg hat in einem Fall, in dem es um die Rücknahme einer Einstellungszusage für einen schwerbehinderten Bewerber ging, entschieden. Im Mittelpunkt der Verhandlung stand die Frage, ob die Nichteinstellung aufgrund eines ärztlichen Gutachtens eine Diskriminierung darstellt (Az.: 3 Ca 1654/23 ). Stadt zieht Jobzusage an diabetischen Bewerber zurück – Klage wegen Diskriminierung Ein schwerbehinderter Bewerber, der an Diabetes leidet, bewarb sich Anfang 2023 bei einer Stadtverwaltung für eine Ausbildung zum Straßenwärter. Seine Schwerbehinderung gab er dabei offen an. Er erhielt eine vorläufige Zusage, die jedoch von den Ergebnissen einer ... weiter lesen

Arbeitsrecht Nebenbeschäftigung durch Detektei aufgedeckt – was Arbeitgeber jetzt beachten müssen

Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und -geber ist wichtig, Vertrauen allein reicht aber oft nicht aus. Zu den häufigsten Zwischenfällen gehört die Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit durch den Arbeitnehmer. Grundsätzlich ist der Hauptarbeitgeber verpflichtet, einen Nebenjob zu gewähren, sofern die eigenen Interessen davon nicht betroffen sind. So muss der Arbeitnehmer weiterhin mit seiner vollen Arbeitskraft verfügbar sein und darf nicht in konkurrierenden Betrieben arbeiten. Heimlich ausgeführt ist eine Nebentätigkeit nicht erlaubt. Die Aufdeckung erfolgt regelmäßig durch erfahrene Wirtschaftsdetektive, aber was passiert dann?  ... weiter lesen

Arbeitsrecht Verwaltungsgericht Hannover bestätigt Entlassung von Polizeikommissar-Anwärterin

Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover (Az. 2 B 512/24; 2 A 5953/23 ) bekräftigt die Entlassung einer Polizeikommissar-Anwärterin aufgrund ihrer polizeikritischen Äußerungen in sozialen Netzwerken. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Neutralität und des Mäßigungsgebots im Beamtenverhältnis. Polizeianwärterin wegen kritischer Äußerungen in sozialen Medien entlassen Im Zentrum des Rechtsstreits stand eine angehende Polizeikommissarin, gegen die die Niedersächsische Polizeiakademie eine Entlassungsverfügung erließ. Ausschlaggebend waren diverse Äußerungen in sozialen Medien, die als kritisch gegenüber der Polizei ... weiter lesen

Ihre Spezialisten