Handelsrecht und Gesellschaftsrecht

Die Entlastung des GmbH-Geschäftsführers.

13.09.2023
Zuletzt bearbeitet am: 13.09.2023

1. Einführung

Aufgrund diverser Haftungsrisiken eines GmbH-Geschäftsführers (in diesem Zusammenhang verweise ich auf die Beiträge "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers und Maßnahmen zu deren Einschränkung" und "6 Haftungsfallen, die jeder Unternehmer und Geschäftsführer kennen muss") ist die Entlastung für ein vergangenes Wirtschaftsjahr/Kalenderjahr ein wesentliches Ziel und eine wesentliche Intention eines jeden Geschäftsführers ggü. den Gesellschaftern.

Obwohl es keine gesetzliche Vorschrift darüber gibt, wann und ob überhaupt ein Geschäftsführer entlastet werden sollte, ist es in der Unternehmenspraxis üblich, dass die Geschäftsleitung einer GmbH entlastet wird, wenn es bzgl. des durchlaufenen Wirtschaftsjahres/Kalenderjahres keine Beanstandungen seitens der Gesellschafter gibt. Ein Anspruch des Geschäftsführers auf Entlastung gibt es nicht (sofern nicht im GmbH-Vertrag vereinbart).

Die Entlastung des GmbH-Geschäftsführers ist über § 46 Nr. 5 GmbHG den Gesellschaftern zugewiesen und steht in deren Ermessen. Sie entfaltet zwei wesentliche Signalwirkungen. 

Zum einen wird der Geschäftsführer rein faktisch im Rahmen der Rechtsordnung von potentiellen Haftungsansprüchen der Gesellschaft/Gesellschafter freigestellt.

Weiter signalisieren die Gesellschafter ihr Vertrauen ggü. der aktiven Geschäftsleitung, was wiederum positive Auswirkungen auf das Verhältnis Geschäftsführer/Gesellschafter mit sich bringt.

 

2. Die Wirkung der Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers

Die Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers erfolgt im Beschlusswege über die Gesellschafterversammlung gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG.

Ein Entlastungsbeschluss der Gesellschafterversammlung hat prinzipiell zur Folge, dass Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführer ausgeschlossen und sonstige Sanktionen wie eine außerordentliche Abberufung/Kündigung aus wichtigem Grund für die Gesellschafter versperrt sind. 

 

3. Voraussetzungen und Anforderungen an die Durchführung einer rechtswirksamen Entlastung

Voraussetzung für eine rechtssichere und nachhaltige Entlastung der Geschäftsleitung gegen eine Inanspruchnahme ist, dass insoweit bestehende Ansprüche im Entlastungszeitpunkt für die Gesellschafter erkennbar waren. 

Die Geschäftsführung hat also, mit Intention auf eine rechtswirksame Entlastung, der Gesellschafterversammlung alle erforderlichen Informationen zu liefern (nachweislich!), damit die Gesellschafter eine Entlastung sorgfältig prüfen und auf vollständig bekannter Tatsachengrundlage entscheiden können. 

Der Entlastungsbeschluss wird in der Regel mit einfacher Mehrheit der Gesellschafterstimmen gefasst (§§ 47 ff. GmbHG). Eine abweichende Regelung hierzu im Gesellschaftsvertrag der GmbH ist möglich.

Ist der zu entlastende Geschäftsführer zugleich Gesellschafter, hat dieser nach § 47 Abs. 4 Satz 1 GmbHG kein Stimmrecht bzgl. der eigenen Entlastung

Konsequenter Weise gibt es bei der Ein-Mann-GmbH keine Möglichkeit der Entlastung ("Personenidentität").

 

4. Umfang und Reichweite der Entlastung

Die Enthaftung und Präklusion einer Geschäftsführerentlastung erfasst nur solche Schadensersatz- und Erstattungsansprüche, für die den Gesellschaftern der entscheidungserhebliche Sachverhalt offengelegt wurde und/oder die Gesellschafter die relevanten zu Grunde liegenden Tatsachen bei sorgfältiger Prüfung hätten erkennen können/müssen.

Die Reichweite und der Umfang einer Geschäftsführerentlastung kann daher sowohl dem Grunde nach als auch zeitlich eingeschränkt sein. 

Eine zeitliche Einschränkung der Entlastung des Geschäftsführers ergibt sich daraus, dass eine rechtswirksame Entlastung prinzipiell nur für die Zeiträume möglich ist, für welche bereits vollständig und rechtkonform Rechnung gelegt wurde.

Wichtig zu erwähnen ist darüber hinaus, dass auch eine wirksam erteilte Entlastung nicht generell die Haftung des Geschäftsführers ausschließt. Denn die Gesellschafter können die Entlastung nur über deren - vom Gesetzgeber zugestandenen - Rechtskreise erteilen. Handelt es sich um sog. "drittschützende Normen" wie den Grundsatz der Kapitalerhaltung, bleibt die Haftung bestehen. Hierdurch soll insbesondere verhindert werden, dass z. B. Gesellschafterdarlehen zum Nachteil von Gläubigern ausbezahlt werden und dies durch die Gesellschafter rechtswirksam "legitimiert" wird.

 

Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

 

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Dr. Holger Traub
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