Handelsrecht und Gesellschaftsrecht

Die Treuepflichten eines GmbH-Gesellschafters als Angriffspunkt im Rahmen eines Gesellschafterstreits.

30.07.2023
Zuletzt bearbeitet am: 30.07.2023

1. Die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten in der GmbH

Die Treuepflichten eines Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sind ein zentraler Bestandteil des deutschen GmbH-Gesellschaftsrechts. Sie sind in verschiedenen Rechtsnormen verankert und durch zahlreiche Gerichtsurteile konkretisiert worden.

Die Treuepflichten eines Gesellschafters ergeben sich primär aus der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag. Es handelt sich um eine vertraglich konkretisierte Pflicht, die sich auch an die nachgelagert eintretendem GmbH-Gesellschafter richtet. 

Ihren Ausfluss hat die Gesellschaftertreuepflicht aus unter anderem aus dem gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot, den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30 ff. GmbHG und den Schutzvorschriften des Konzernrechts gemäß §§ 291 ff. AktG analog.

 

2. Der Umfang der gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten

Die Rechtsprechung hat die Treuepflichten eines GmbH-Gesellschafters in zahlreichen Entscheidungen konkretisiert. 

Ein zentraler Grundsatz wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 29. Juni 1981 (Az. II ZR 178/80) aufgestellt. Danach hat jeder Gesellschafter im Rahmen seiner Treuepflicht die Interessen der Gesellschaft zu wahren und bei seiner Willensbildung diese Interessen zu berücksichtigen.

Die Treuepflicht eines GmbH-Gesellschafters umfasst im Wesentlichen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft und der Mitgesellschafter. Dies bedeutet, dass der Gesellschafter seine eigenen Interessen nicht über die Interessen der Gesellschaft stellen darf. Er darf insbesondere keine Geschäfte zu Lasten der Gesellschaft tätigen und muss bei Interessenkonflikten seine persönlichen Interessen zurückstellen.

Nachfolgend sind exemplarische Treuepflichten des Gesellschafters aufgeführt:

  • Ein Gesellschafter darf die Gesellschaft nicht gegenüber Dritten nicht diskreditieren;
  • Geschäftsgeheimnisse und Unternehmensinternas dürfen nicht ggü. Dritten bekanntgegeben werden;
  • Ein Gesellschafter muss bei der Kündigung oder Rückforderung eines ausgegebenen Gesellschafterdarlehens auf die Belange der Gesellschaft - und eine möglicherweise eintretende finanzielle Schieflage - Rücksicht nehmen;
  • Ein Mehrheitsgesellschafter muss bei der Ausschüttung und Thesaurierung der Gesellschaftsgewinne auch die Belange der Minderheitsgesellschafter berücksichtigen;
  • Ein Mehrheitsgesellschafter darf nicht einen Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer wegen geringer Pflichtverstöße abberufen und diesem so finanziell und liquiditätsmäßig dekupieren;
  • Ein Gesellschafter darf keine Beschlussfassung herbeiführen, die gegen die Interessen oder sogar zum Schaden der Gesellschaft und der Mitgesellschafter sind;
  • Jeder Gesellschaft ist zum aktiven Mitwirken zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks verpflichtet;
  • Ein Gesellschafter unterliegt der Kapitalerhaltungspflicht ggü. der GmbH usw.

 

3. Konsequenzen und Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten

Verstößt ein Gesellschafter gegen seine Treuepflichten, kann dies erhebliche Konsequenzen haben. Ein Verstoß kann zivilrechtliche Haftungsansprüche der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter gegen den betreffenden Gesellschafter auslösen. Im Einzelfall kann ein schwerwiegender Verstoß gegen die Treuepflicht sogar zur Ausschließung des Gesellschafters aus der Gesellschaft führen.

Zudem können Verstöße gegen die Treuepflicht auch strafrechtliche Konsequenzen haben. So kann beispielsweise die Verletzung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen strafbar sein. Auch die Untreue gemäß § 266 StGB kann in Betracht kommen, wenn der Gesellschafter seine Pflichten zum Nachteil der Gesellschaft verletzt.

Die Treuepflichten eines GmbH-Gesellschafters sind daher von zentraler Bedeutung für das Funktionieren der Gesellschaft. Sie dienen dem Schutz der Gesellschaft und der Minderheitsgesellschafter.

 

4. Fazit

Es ist für jeden GmbH-Gesellschafter elemtar und von entscheidender Bedeutung, seine Treuepflichten zu kennen und zu beachten. Denn bei einem Verstoß (auch unbewusst) gegen die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten kann aus der trügerischen Sicherheit der beschränkten Haftung eines Gesellschafters eine unbeschränkte und persönliche Haftung generieren.

Bei Unklarheiten oder Zweifeln sollte frühzeitig rechtlicher Rat durch einen fachkundigen Rechtsanwalt eingeholt eingeholt werden.

 

 

Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

 

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