Sie interessieren sich dafür, Vermögenswerte wie Grundstücke, Häuser oder Wohnungen auf die nächste Generation zu übertragen, sei es, um dem Nachwuchs finanziell für den Bau eines Eigenheims unter die Arme zu greifen oder aus steuerlichen Erwägungen heraus. Dennoch möchten Sie sich dabei umfassende Freiheiten und Verfügungsmöglichkeiten bewahren?
In diesem Beitrag erkläre ich Ihnen das Konzept des Nießbrauchrechts, das Ihnen sowohl Flexibilität ermöglicht als auch steuerlich meist eine äußerst sinnvolle Option darstellt, um dem Finanzamt legal so wenig wie möglich abzutreten.
Wenn Sie ein Grundstück, eine Wohnung oder eine Immobilie übertragen, geschieht dies in der Regel über einen Kaufvertrag oder eine Schenkung. Im Falle des Kaufvertrags behandeln wir dies in diesem Video nicht ausführlich. Hier geht es um die Situation, in der Vermögenswerte wie Grundstücke an ein oder mehrere Kinder oder Enkelkinder verschenkt werden.
Hierbei sind insgesamt vier Aspekte zu berücksichtigen, die ich im Folgenden mit Ihnen besprechen werde:
Wenn Sie das Eigentum übertragen, geht es für Sie persönlich verloren. Das bedeutet, dass der neue Eigentümer damit nach Belieben verfahren kann. Er könnte es sogar an eine andere Person weiterveräußern. In diesem Video werde ich Ihnen jedoch auch erklären, wie Sie Maßnahmen ergreifen können, um solche Verkäufe zu verhindern – und ich werde Tipps geben, um potenzielle Probleme im Voraus zu vermeiden. Das Nießbrauchrecht ermöglicht Ihnen, die Immobilie uneingeschränkt zu nutzen. Anders ausgedrückt: Sie können in der Immobilie wohnen oder lebenslang Mieteinnahmen generieren. Was die finanziellen Aufwendungen betrifft, sind Sie als Nießbraucher weiterhin für diese verantwortlich. Investitionen oder Verbesserungen hingegen sollte der neue Eigentümer – also Ihr Kind oder Enkelkind – übernehmen. Falls erb- oder pflichtteilsberechtigte Personen existieren, sollten Sie diese in die Übertragungsüberlegungen miteinbeziehen. Das Nießbrauchrecht wird im Rahmen einer Schenkung festgelegt. Der Eigentümer einer Immobilie, auch Schenker genannt, überträgt das Eigentum auf eine andere Person. Das Eigentum am Grundstück geht somit an den Beschenkten über, während gleichzeitig das Nießbrauchrecht für den früheren Eigentümer entsteht und im Grundbuch vermerkt wird. So entstehen zwei separate Rechte am Grundstück: das Eigentumsrecht am Vermögenswert und das Nutzungsrecht an der Immobilie, das juristisch als Nießbrauch bezeichnet wird.
Welche Auswirkungen hat das in der Praxis? In den meisten Fällen führt das Nießbrauchrecht dazu, dass die Immobilie faktisch nicht verkäuflich ist. Das Nießbrauchrecht stellt eine Art Verkaufshemmnis dar. Schließlich wird niemand eine Immobilie erwerben wollen, über die er nicht uneingeschränkt verfügen kann. Das Nießbrauchrecht dämpft jegliches Kaufinteresse und sämtliche Erträge fließen weiterhin an den Nießbrauchberechtigten, der auch das Recht zur Nutzung der Immobilie behält. Darüber hinaus gibt es weitere Vorkehrungen, die den Verkauf der Immobilie unterbinden.
Der Schenker – also der Nießbrauchberechtigte – ist durch bestimmte Rechtsvorschriften und den Schenkungsvertrag abgesichert. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht beispielsweise vor, dass der Schenker das Eigentum zurückfordern kann, wenn er verarmt. Zudem können Schutzmechanismen vereinbart werden, falls der Nießbrauchberechtigte nicht vereinbarten Unterhalt leistet oder die Versorgung vernachlässigt. In solchen Fällen kann der Schenker die Immobilie zurückverlangen.
Zusätzlich können im Schenkungsvertrag weitere Konditionen festgelegt werden, die die Rückübertragung der Immobilie ermöglichen. Beispielsweise kann eine Bedingung oder Auflage eingeführt werden, unter der der Schenker das Recht zur Rückforderung der Immobilie ausüben kann. Dies könnte beispielsweise relevant sein, wenn der Beschenkte die Immobilie verkauft oder nicht entsprechend nutzt. Auch Faktoren wie Scheidung, Alkoholismus oder Drogensucht könnten als Auslöser für die Rückgabe der Immobilie an den Schenker vereinbart werden.
Solche Klauseln zur Rückgabe sind nicht nur wichtig, um den Beschenkten "auf Kurs" zu halten, sondern auch aus schenkungsteuerlichen Gründen. Während Schenkungen von Eltern an Kinder aufgrund hoher Freibeträge steuerlich günstig sind, existiert im Fall einer schenkweisen Rückübertragung an die Eltern lediglich ein sehr kleiner Freibetrag.
Das einzige Mittel, das in einer solchen Situation hilft, ist ein sorgfältig formulierter Vertrag, der diese speziellen Fälle konkret und korrekt festlegt. Daher ist es ratsam, neben dem Notar, der keine Steuerberatung anbietet, auch einen Steueranwalt oder Steuerberater einzubeziehen. Dieser stellt sicher, dass die Rückforderungsrechte steuerlich neutral abgesichert sind.
Warum ein derartiger Vertrag so gründlich durchdacht sein muss, liegt darin, dass ein Nießbrauchrecht gemäß der Gesetzgebung nicht übertragbar ist, aber vertraglich vereinbart werden kann. Daher ist es oft ratsam, nicht nur den bisherigen Eigentümer mit einem Nießbrauchrecht auszustatten, sondern auch den Ehe- oder Lebenspartner. Mit dem Tod des oder der Nießbrauchberechtigten endet dieses Recht automatisch.
Wenn Sie die Immobilie nutzen, können Sie darin wohnen oder Mieteinnahmen generieren. Dabei stellt sich zwangsläufig die Frage nach den Unterhaltskosten, d.h., den Ausgaben für die Immobilie.
In der Regel sind Sie als Nießbraucher für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Pflege der Immobilie verantwortlich. Dies umfasst Reparaturen, Renovierungen und die Begleichung der laufenden Kosten wie Strom und Wasser. Dennoch können Sie vertraglich andere Vereinbarungen treffen – lassen Sie sich diesbezüglich beraten.
Es ist entscheidend, dass in die Vereinbarung aufgenommen wird, dass das Nießbrauchrecht mit dem Tod des Berechtigten erlischt.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass das Nießbrauchrecht in erbrechtlicher Hinsicht einen bedeutenden Aspekt hat. Doch dieser kann leicht gelöst werden: In diesem Kontext ist es dringend ratsam, die Pflichtteilsberechtigten in die Nießbrauchvereinbarung einzubeziehen. In der Urkunde, die vom Notar erstellt wird, sollte eine spezielle Regelung mit diesen Personen aufgenommen werden. Es sollte festgelegt werden, dass diese Personen im Hinblick auf den Pflichtteil keine Ansprüche geltend machen, wenn ein Nießbrauch vereinbart ist. Der erbrechtliche Hintergrund hierbei ist, dass die Übertragung der Immobilie aus erbrechtlicher Sicht erst zum Zeitpunkt des Todes erfolgt. Dies hat zur Folge, dass enterbte Personen einen höheren Anspruch auf den Pflichtteil haben. Juristisch betrachtet handelt es sich um den Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Oft werde ich gefragt, was passiert, wenn jemand später in ein Seniorenheim oder Pflegeheim umziehen möchte oder muss. Diesbezüglich haben Richter bereits umfassende Überlegungen angestellt, und es gelten zwei grundlegende Prinzipien:
Erstens: Ist die Immobilie bereits seit mindestens zehn Jahren übertragen worden, kann beispielsweise das Sozialamt das übertragene Haus oder die Wohnung nicht mehr zur Deckung der Lebenshaltungskosten heranziehen. Anders ausgedrückt: Das Haus bleibt dort, wo es ist. Es muss nicht verkauft werden, um die finanzielle Versorgung sicherzustellen.
Zweitens: Die Person, d.h. der Schenker, der bis zu diesem Zeitpunkt in der Wohnung gelebt hat und jetzt in ein Seniorenheim umzieht, ist nicht verpflichtet, die Wohnung zu vermieten. Niemand drängt ihn dazu, seinen Lebensraum für eine gewisse Zeit oder dauerhaft aufzugeben. In der Regel muss er die Wohnung nicht vermieten, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das hat das Oberlandesgericht Köln bereits 2011 entschieden. Diejenigen, die sich für ein Nießbrauchrecht entscheiden, haben also die Wahl: Sie können ihre Immobilie vermieten oder sie als Option für eine mögliche Rückkehr offengehalten.
Was ist also das Fazit?
Das Nießbrauchrecht ist sowohl in zivilrechtlicher als auch in steuerlicher Hinsicht von großer Bedeutung. Als Schenkungsvertrag ermöglicht es dem Schenker, das Eigentum an einer Immobilie zu übertragen, während er das Recht zur Nutzung und zum Ertrag behält. Es können sowohl gesetzliche als auch vertragliche Rückforderungsrechte vereinbart werden.
In der Regel sind Sie als Nießbraucher für die regelmäßige Instandhaltung der Immobilie verantwortlich, aber Sie sollten eine klare Vereinbarung treffen, die zu Ihrer finanziellen Situation passt. Erbrechtlich ist es wichtig, Pflichtteilsberechtigte möglichst in die Vereinbarung einzubeziehen. Als Mediator kann ich Ihnen bei Gesprächen mit allen Beteiligten helfen, Ihr Konzept reibungslos umzusetzen.
Ich hoffe, dieser Beitrag hat Ihr Wissen über das Nießbrauchrecht erweitert.
Ihr Hartmut Göddecke