Arbeitsrecht

Diskriminierung am Arbeitsplatz – was kann man dagegen unternehmen?

01.11.2022
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Zuletzt bearbeitet am: 18.03.2024

In diesem Ratgeber erfahren Sie, was alles unter Diskriminierung am Arbeitsplatz fällt und wie sich Arbeitnehmer dagegen wehren können. 

Viele Arbeitnehmer müssen die Erfahrung machen, dass sie an ihrem Arbeitsplatz von ihrem Vorgesetzten oder den Arbeitskollegen diskriminiert werden. Darüber hinaus sind auch Stellenbewerber vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt. Nach Angabe der Antidiskriminierungsstelle des Bundes geben ein Drittel der Anfragenden an, dass sie ein Opfer von Diskriminierung geworden sind. Laut einer Studie "Diversity & Inclusion Study 2019", die die Plattform Glassdoor hat, sind 37 Prozent der interviewten Arbeitnehmer in Deutschland entweder selbst erfahren oder mitbekommen. Dies zeigt: Es handelt sich hierbei um kein Randphänomen.

Gesetzliche Regelungen

Aus rechtlicher Sicht bedeutsam ist, dass Arbeitnehmer am Arbeitsplatz keine Diskriminierung erfahren dürfen. Dies folgt bereits aus Art. 3 Abs. 3 GG. Nach dieser Vorschrift darf niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. 

Darüber hinaus verstößt die Diskriminierung von Mitarbeitern im Unternehmen auch gegen das in § 7 AGG normierte Diskriminierungsverbot. Nach dieser Regelung dürfen Arbeitnehmer nicht aus einer der Gründe benachteiligt werden, die in § 1 AGG aufgezählt werden. Sie dürfen vor allem nicht aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden.

Beispiele aus der Rechtsprechung für Diskriminierung am Arbeitsplatz

Was das bedeutet, wird an einigen exemplarischen Beispielen aus der Rechtsprechung deutlich.

Diskriminierung wegen der Herkunft

In einem Fall etwa kündigte ein Arbeitgeber eine Mitarbeiterin während der Probezeit mit dem Argument, dass sie durch ihren russischen Akzent die Kunden erschrecken würde. Dadurch könnten sie glauben, dass in dem Unternehmen um einen „Scheiß-Laden“ handelt, in dem lediglich Ausländer arbeiten würden. Die Mitarbeiterin verklagte daraufhin den Arbeitgeber auf Entschädigung.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven stellte mit Urteil vom 25.11.2009 - 8322/09 klar, dass die Mitarbeiterin hierdurch wegen ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert worden ist im Sinne von § 1 AGG. Von daher sprachen ihr die Richter 5.400 Euro Entschädigung zu. Ebenso entschied das LAG Bremen mit Urteil vom 29.06.2010 - 1 Sa 29/10. 

Anders war es jedoch bei einer russischen Bewerberin, die eine Diskriminierung darin sah, dass der Arbeitgeber für die Stelle als Java Developer sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift verlangte. Hierin sah das Landesarbeitsgericht Hamm mit Urteil vom 04.02.2014 - 7 Sa 1026/13 keine Diskriminierung wegen der Herkunft. Dies begründeten die Richter damit, dass die Mitarbeiterin wegen der von dem Unternehmen angebotenen Beratungsleistungen über sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen muss. Folglich gebe es einen hinreichenden sachlichen Grund. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte für eine Diskriminierung aufgrund ihrer Herkunft. 

Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes

In einem weiteren Sachverhalt bewarb sich ein Industriekaufmann bei einem kleinen Familienunternehmen auf die folgende Stellenausschreibung: bei eBay „Sekretärin gesucht! Beschreibung: Wir suchen eine Sekretärin ab sofort. Vollzeit/Teilzeit Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen.

Standort: 2…. B.“ Als der Bewerber bei der Firma nachfragte, wurde ihm ausdrücklich mitgeteilt, dass dort eine „Dame“ als Sekretärin gesucht wird.

Hierzu entschied das LAG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 21.06.2022 - 2 Sa 21/22, dass hierin und der nicht erfolgten Einladung zu einem Vorstellungsgespräch eine Diskriminierung wegen des Geschlechtes im Sinne von § 1 AGG liegt. Das Gericht sprach ihm daher eine Entschädigung von 7.800 Euro zu. Diese Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig. 

Altersdiskriminierung

Ein 59-jähriger bewarb sich um eine Stelle als Fachkraft für Arbeitssicherheit, die mit monatlich 5.000 Euro brutto vergütet wird. Nachdem er eine Absage erhalten hatte, sah er hierin eine Diskriminierung aufgrund seines Alters. Diese ergab sich für ihn aufgrund der vom Arbeitgeber gewählten Formulierung in der Stelle. Dort heißt es: "Wir bieten Ihnen: …Ein junges und engagiertes Team."

Hierzu entschied das Arbeitsgericht Dortmund mit Urteil vom 23.01.2020 - 6 Ca 3796/19, dass der Arbeitgeber den Bewerber mit 60.000 Euro entschädigen muss. Die Richter begründeten das damit, dass aufgrund dieser Anzeige die Vermutung besteht, dass der Bewerber wegen seines Alters diskriminiert wird. Denn er sei nicht mehr als „jung“ im Sinne dieser Formulierung anzusehen, weil er dem üblichen Rentenalter von 65 Jahren nahestehe. Die Richter setzten dabei ein Jahresentgelt an, da der Arbeitgeber keine konkreten Einwände gegen die Vermutung der Diskriminierung vorgebracht hatte. 

Mobbing: Arbeitnehmer aufs Abstellgleis gezogen

Ein Industriekaufmann war nach der Umstrukturierung als „Task Manager Informations-Technologie" beschäftigt. Nachdem er sich mehrfach darüber beschwert hatte, dass er kaum Arbeit erhielt, sollte er Elektroschrott sortieren und jeden Tag Arbeitsberichte verfassen.

Der auf diese Weise degradierte Arbeitnehmer verklagte schließlich seinen Arbeitgeber auf Schadensersatz wegen Mobbing und kam durch damit. Das Arbeitsgericht Siegburg verurteilte den Arbeitgeber sowie den Chef zu 7.000 Euro mit Urteil vom 11.10.2012 - 1 Ca 1310/12 Schmerzensgeld wegen eines immateriellen Schadens aus § 823 Abs. 1 BGB. Durch eine solche Diskriminierung werde sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Denn der Arbeitgeber lasse ihn dadurch seine Missachtung spüren. 

Was Arbeitnehmer gegen Diskriminierung unternehmen können

Dies zeigt, dass die in § 1 AGG genannten Diskriminierungsgründe nicht abschließend sind. Das gilt besonders für Mobbing. Die exemplarischen Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen, dass sich Arbeitnehmer gegen Diskriminierungen zur Wehr setzen können. Allerdings muss dabei genau dargelegt werden, worin eigentlich die Diskriminierung des Mitarbeiters besteht. Am besten kann dies aufgezeigt werden, wenn sich diese in der Korrespondenz z.B. per E-Mail ereignen. Mitarbeiter sollten diese sichern. Das ist gerade auch bei Mobbing wichtig. Es muss etwa deutlich werden, weshalb ein angeblicher sachlicher Grund nur vorgespiegelt wird. Zunächst sollten Arbeitnehmer das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber suchen und dabei eventuell Zeugen hinzuziehen. Der Betriebsrat ist in der Regel auch eine gute Anlaufstelle im Betrieb. Wenn das nicht klappt und der Arbeitgeber kündigt, kommt eine Arbeitsschutzklage in Betracht. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber auf eine Entschädigung verklagt werden, der hier eine Fürsorgepflicht aus § 618 BGB hat. 

Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Fachanwalt.de-Redaktion)

Symbolgrafik:© Zerbor - stock.adobe.com

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