Die Bewerbungsphase ist bekanntlich für viele Menschen eine stressige Zeit. Der Druck, den perfekten Job zu ergattern, führt manchmal dazu, dass Bewerberinnen und Bewerber ihre Unterlagen „aufhübschen“ oder sogar falsche Angaben machen. Doch was auf den ersten Blick wie eine harmlose Notlösung erscheint, kann unter gewissen Umständen schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dieser Artikel beleuchtet, welche Risiken mit Lügen und Falschangaben im Lebenslauf und anderen Bewerbungsunterlagen verbunden sind und welche rechtlichen Folgen daraus entstehen können.
Warum lügen Menschen in ihren Bewerbungsunterlagen?
Bevor wir uns den rechtlichen Konsequenzen widmen, ist es wichtig zu verstehen, warum Menschen überhaupt falsche Angaben in ihren Bewerbungsunterlagen machen:
- Wettbewerbsdruck: In vielen Branchen herrscht ein hoher Konkurrenzdruck. Dementsprechend glauben einige Bewerber, dass sie nur mit „perfekten“ Unterlagen eine Chance haben.
- Lücken im Lebenslauf: Arbeitslücken oder gescheiterte Projekte werden oft als Makel angesehen, die man lieber verschweigt oder beschönigt.
- Übertriebene Selbstdarstellung: Manche Bewerber neigen dazu, ihre Fähigkeiten oder Erfahrungen übertrieben darzustellen, um sich attraktiver zu machen.
- Angst vor Ablehnung: Die Sorge davor, nicht gut genug zu sein, kann dazu führen, dass Bewerber ihre Qualifikationen „aufbessern“.
Doch egal wie verlockend es erscheinen mag, falsche Angaben zu machen – die Risiken überwiegen bei Weitem die vermeintlichen Vorteile.
Rechtliche Grundlagen: Was sagt das Gesetz?
In Deutschland unterliegen Bewerbungsunterlagen verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen, wie unter anderem dem sogenannten Grundsatz der Wahrheit. Das bedeutet, dass Bewerber stets dazu verpflichtet sind, sämtliche Angaben korrekt und vollständig zu machen. Dies ergibt sich zum einen aus dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie zum anderen aus dem bestehenden Arbeitsvertragsrecht.
Wichtig: Falsche Angaben können grundsätzlich (und in besonders schweren Fällen) sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Hier sind die wichtigsten rechtlichen Aspekte im Überblick:
Zivilrechtliche Konsequenzen
Anfechtung des Arbeitsvertrags
Wenn der Arbeitgeber feststellt, dass ein Bewerber bewusst falsche Angaben gemacht hat, kann er den Arbeitsvertrag anfechten. Gemäß § 123 BGB liegt ein Anfechtungsgrund vor, wenn der Arbeitgeber durch arglistige Täuschung getäuscht wurde. Im Klartext bedeutet das, dass der Arbeitgeber den Vertrag rückwirkend für ungültig erklären kann. Die Folge: Das Arbeitsverhältnis gilt als von Anfang an nicht bestehend und der Arbeitnehmer verliert seinen Job.
Dazu ein Beispiel zur Verdeutlichung: Ein Bewerber gibt an, über einen bestimmten Hochschulabschluss zu verfügen, worauf hin er den gewünschten Job bekommt. Stellt der Arbeitgeber später fest, dass der Abschluss erfunden wurde, kann er den Vertrag anfechten. Das Arbeitsverhältnis gilt dann rückwirkend als nicht existent – und der Arbeitnehmer verliert nicht nur seinen Job, sondern muss auch bereits erhaltene Gehälter zurückzahlen, sofern dies vertraglich vereinbart oder gesetzlich vorgesehen ist.
Schadensersatzansprüche
In einigen Fällen kann der Arbeitgeber darüber hinaus auch Schadensersatz fordern. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die falschen Angaben zu finanziellen Verlusten geführt haben. Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat behauptet, über bestimmte Qualifikationen zu verfügen – und der Arbeitgeber hat daraufhin teure Schulungen finanziert. Stellt sich dann heraus, dass die Qualifikationen nur erfunden waren, kann der Arbeitgeber die entstandenen Kosten zurückfordern.
Kündigung
Selbst wenn der Arbeitsvertrag nicht angefochten wird, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen. Eine Kündigung wegen arglistiger Täuschung ist auch noch nach der Probezeit möglich, da sie einen schweren Vertrauensbruch darstellt.
Strafrechtliche Konsequenzen
Urkundenfälschung
Wenn Bewerber gefälschte Zeugnisse oder Zertifikate einreichen, machen sie sich strafbar. Gemäß § 267 StGB handelt es sich dabei um Urkundenfälschung, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden kann. Besonders schwer wiegt übrigens die Fälschung von amtlichen Dokumenten, wie beispielsweise Hochschulabschlüssen oder staatlich anerkannten Zertifikaten.
Betrug
Falsche Angaben im Lebenslauf können auch den Tatbestand des Betrugs (§ 263 StGB) erfüllen. Dies ist der Fall, wenn der Bewerber vorsätzlich falsche Angaben macht, um sich einen finanziellen Vorteil (zum Beispiel ein höheres Gehalt) zu verschaffen. Betrug kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.
Verleitung zum Vertragsbruch
In bestimmten Fällen kann ein Bewerber auch strafbar handeln, wenn er seinen aktuellen Arbeitgeber täuscht, um einen neuen Job annehmen zu können. Dies fällt unter den Tatbestand der Verleitung zum Vertragsbruch (§ 266a StGB). Beispiel: Ein Arbeitnehmer täuscht seinen aktuellen Arbeitgeber über seinen Gesundheitszustand, um früher aus dem Vertrag entlassen zu werden und nimmt dann eine neue Stelle an.
Berufsrechtliche Konsequenzen
In einigen Berufen können falsche Angaben in Bewerbungsunterlagen nicht nur zivil- oder strafrechtliche, sondern auch berufsrechtliche Konsequenzen haben. Dies betrifft insbesondere Berufe, die einer besonderen öffentlichen Verantwortung unterliegen oder für die eine spezifische Zulassung erforderlich ist. Beispielsweise können Ärzte, Anwälte oder Lehrer ihre Zulassung verlieren, wenn sie ihre Qualifikationen gefälscht haben.
Was gilt als „erlaubte Schönung“ und was als „verbotene Lüge“?
Nicht jede Ungenauigkeit im Lebenslauf ist gleich eine strafbare Handlung. Es gibt nämlich durchaus Fälle, in denen Bewerber ihre Angaben „schönen“ dürfen, ohne direkt rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Dazu gehören zum Beispiel die Hobbys im Lebenslauf, die man ohne Bedenken etwas „aufpolieren“ darf.
- Positives Formulieren: Schwächen oder Lücken im Lebenslauf dürfen grundsätzlich positiv formuliert werden, solange sie nicht falsch dargestellt werden.
- Unwesentliche Ungenauigkeiten: Kleine Fehler, die für die Eignung des Bewerbers irrelevant sind, gelten ebenfalls oft als unproblematisch.
Verboten sind jedoch:
- Erfundene Abschlüsse oder Zeugnisse
- Falsche Angaben zu Berufserfahrungen oder Fähigkeiten
- Verschweigen von relevanten Informationen (wie beispielsweise Vorstrafen, sofern sie für die Stelle relevant sind)
Praktische Tipps für Bewerber
Um rechtliche Probleme von vornherein zu vermeiden, sollten Bewerber stets aufrichtig und transparent sein:
- Seien Sie ehrlich: Machen Sie nur Angaben, die der Wahrheit entsprechen.
- Erklären Sie Lücken: Arbeitslücken oder gescheiterte Projekte können oft durch eine plausible Erklärung entschärft werden.
- Holen Sie sich Hilfe: Wenn Sie unsicher sind, wie Sie Ihren Lebenslauf gestalten sollen, wenden Sie sich an einen unabhängigen Karriereberater.
- Prüfen Sie Ihre Unterlagen: Stellen Sie sicher, dass alle Angaben korrekt und vollständig sind.
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