Nürnberg (jur). Das Waschen oder auch Duschen nach der Arbeit kann Arbeitszeit sein. Dafür reicht es aus, wenn die Verschmutzung durch die Arbeit „deutlich über das Maß hinausgeht, das üblicherweise im Privatleben anfällt“, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem inzwischen schriftlich veröffentlichten Urteil vom 6. Juni 2023 entschied (Az.: 7 Sa 275/22). „Es kommt hier nicht darauf an, dass die Verschmutzung des Körpers es unzumutbar macht, den Betrieb ohne Duschen zu verlassen.“
Damit gab das LAG der Klage eines Containermechanikers aus dem Raum Nürnberg teilweise statt. Zu seinen Aufgaben gehören das Abschleifen rostiger und schadhafter Stellen an Transportcontainern und eine anschließende Nachlackierung. Dabei nutzt er die vom Arbeitgeber gestellte Arbeitskleidung und kann auch Handschuhe, Schutzbrille sowie eine Atemmaske tragen. Dennoch wird er dabei sehr schmutzig und muss sich waschen oder duschen, bevor er nach Hause geht.
Dabei bezahlte der Arbeitgeber bislang weder die Umkleidezeiten noch das Waschen oder Duschen und auch nicht die Wegezeiten von der Umkleide zum Arbeitsplatz. Hierfür verlangte der Containermechaniker für die Zeit ab Januar 2017 eine Nachzahlung von mehr als 20.000 Euro.
Das LAG Nürnberg gab dem Kläger nun inhaltlich im Kern recht, sprach ihm aber nur knapp 2.400 Euro plus Zinsen für einen Zeitraum von knapp 20 Monaten zu. Ansprüche für die Zeit vor Juni 2020 seien wegen der arbeitsvertraglich vereinbarten Verfallsfrist erloschen.
Zu den Umkleidezeiten stützte sich das LAG auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt. Hier habe der Arbeitgeber das Tragen der Arbeitskleidung angeordnet und für das Umziehen einen Raum zur Verfügung gestellt. Daher gehöre es zur Arbeitszeit. Die hierfür notwendige Zeit prüfte der vorsitzende Richter in einem „Selbstversuch“; die ehrenamtlichen Richter stoppten übereinstimmend vier Minuten. Ebenfalls vergüten muss der Arbeitgeber laut LAG die erforderlichen Wegezeiten von der Umkleide zum Arbeitsplatz und zurück.
Inwieweit auch das Waschen oder Duschen nach der Arbeit als Arbeitszeit gelten kann, hat das BAG bislang noch nicht entschieden. Das LAG Nürnberg wandte daher die Rechtsprechung zu den Umkleidezeiten entsprechend an.
Danach gehöre das Waschen, wie es üblich auch im Privatleben erforderlich wird, nicht zur Arbeitszeit. Anders sei es aber bei einer Reinigungszeit, „die aufgewendet werden muss, weil die Verunreinigung des Körpers deutlich über das Maß hinausgeht, das üblicherweise im Privatleben anfällt“. Das sei hier der Fall.
Zwar seien tariflich abweichende Regelungen zulässig, solche bestünden hier aber nicht. Ob es trotzdem noch zumutbar wäre, den Betrieb ohne vorheriges Duschen zu verlassen, spiele dagegen keine Rolle, heißt es in dem Nürnberger Urteil. Gleiches gelte für die Frage, ob die Körperreinigung aus Gründen des Arbeitsschutzes erforderlich ist.
Ob sich der Containermechaniker nach der Arbeit duscht oder am Waschbecken wäscht, ergibt nach Ansicht des LAG keinen großen Unterschied, weil er sich ohnehin umziehen müsse. Nach dem Nürnberger Urteil muss der Arbeitgeber arbeitstäglich insgesamt 21 Minuten für das Umkleiden, Waschen und für Wege vergüten. Hiergegen ließ das LAG aber die Revision zum BAG zu.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock