Strafrecht

EGMR: Folterer in Saudi-Arabien sind durch Immunität geschützt

15.01.2014
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Zuletzt bearbeitet am: 28.11.2023

Straßburg (jur). Werden Bürger während einer Haft im Ausland gefoltert, können sie den jeweiligen Staat oder die für die Folter verantwortlichen offiziellen Personen nicht in ihrem Heimatland auf Schmerzensgeld verklagen. Denn andere Staaten, sowie ihre offiziellen Vertreter genießen nach dem Völkerrecht Immunität, urteilte am Dienstag, 14. Januar 2014, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg (Az.: 34356/06 und 40528/06).

Damit scheiterten vier britische Staatsangehörige vor Gericht. Diese waren in den Jahren 2000 und 2001 in Saudi Arabien in einem Gefängnis in Riad inhaftiert gewesen. Die Männer gaben an, dass sie dort auch gefoltert wurden. Nach ihrer Rückkehr in Großbritannien bestätigten medizinische Untersuchungen die Vorwürfe.

In Großbritannien wollten sie nun Saudi Arabien, den damaligen saudischen Innenminister und den unmittelbar für die Folter verantwortlichen Mann zivilrechtlich belangen. Ein britisches Gericht entschied, dass die Kläger zwar nicht Saudi Arabien, dafür aber die namentlich genannten Personen in Großbritannien zur Rechenschaft ziehen können.

Doch das House of Lords, das Oberhaus des britischen Parlaments, hob als Revisionsinstanz diese Entscheidung wieder auf. Nach dem Völkerrecht könnten andere Staaten und deren offizielle Personen nicht in Großbritannien gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden. Sie könnten sich auf ihre Immunität berufen.

Gegen diese Entscheidung legten die Kläger beim EGMR Beschwerde ein. Ihr in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankertes Recht auf Zugang zu einem Gericht sei verletzt worden.

Doch die Straßburger Richter sahen kein fehlerhaftes Vorgehen Großbritanniens. Das Recht auf Zugang zu einem Gericht sei nicht absolut und könne mit einem sachlichen Grund auch beschränkt werden.

Nach dem Völkerrecht könnten sich Staaten und ihre offiziellen Vertreter auf Immunität berufen. Das Konzept der Immunität ziele darauf, dass ein Staat sich nicht dem Rechtssystem eines anderen Staates unterwerfen muss. Damit werden das gute Einvernehmen zwischen den Völkern und die Souveränität der Staaten sichergestellt.

Die Immunität schütze dabei auch Staaten, die mit Foltervorwürfen konfrontiert werden. Im konkreten Fall müsse sich daher auch das Königreich Saudi Arabien nicht in einem Zivilverfahren vor einem britischen Gericht verantworten. Grundsätzlich stünden nach dem internationalen Recht auch namentlich genannte Vertreter Saudi Arabiens unter Immunität, betonte der EGMR.

Großbritannien habe daher zu Recht die Zivilklagen der Beschwerdeführer nicht zugelassen.
 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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