Familienrecht

7 Vorteile der Ehe finanziell, steuerlich und juristisch

20.08.2024
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Zuletzt bearbeitet am: 20.08.2024

Inhaltsverzeichnis

Die Ehe ist weit mehr als ein Symbol der Liebe und des Zusammenhalts – sie bringt eine Vielzahl rechtlicher Vorteile mit sich, die Eheleuten in verschiedenen Lebenssituationen zugutekommen. Dieser Ratgeber beleuchtet ausführlich sieben juristische Gründe, warum eine Eheschließung nach deutschem Recht sinnvoll sein kann. 

1. Finanzielle Absicherung durch Ehegattenunterhalt und Zugewinnausgleich

Ehegattenunterhalt (Rechtsgrundlage: § 1570 BGB ff.)

Nach einer Scheidung hat der finanziell schwächer gestellte Ehepartner Anspruch auf Unterhalt. Dieser Anspruch basiert auf dem Prinzip der ehelichen Solidarität und umfasst verschiedene Arten von Unterhalt:

Trennungsunterhalt: Ab der Trennung bis zur Scheidung besteht ein Anspruch auf Unterhalt, wenn ein Partner bedürftig ist und der andere leistungsfähig. Die Höhe richtet sich nach den Lebensverhältnissen während der Ehe und dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Partners.

Nachehelicher Unterhalt: Dieser wird nach der Scheidung gewährt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, wie etwa die Betreuung gemeinsamer Kinder, Alter, Krankheit oder Erwerbslosigkeit des bedürftigen Ehepartners. Die Berechnung erfolgt nach der sogenannten „Düsseldorfer Tabelle“ und richtet sich ebenfalls nach den Einkommensverhältnissen.

Zugewinnausgleich (Rechtsgrundlage: §§ 1363 ff. BGB)

Der Zugewinnausgleich greift, wenn Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Im Fall einer Scheidung oder beim Tod eines Ehepartners wird das während der Ehe erworbene Vermögen gerecht aufgeteilt. Der Zugewinn ist die Differenz zwischen dem Anfangsvermögen (bei Eheschließung) und dem Endvermögen (bei Scheidung oder Tod).

Beispiel: Hat ein Ehepartner bei Eheschließung ein Vermögen von 10.000 Euro und bei Scheidung ein Vermögen von 100.000 Euro, beträgt der Zugewinn 90.000 Euro. Der andere Ehepartner hat Anspruch auf die Hälfte dieses Zugewinns, also 45.000 Euro.

2. Steuerliche Vorteile und Erbschaftsrecht

Ehegattensplitting (Rechtsgrundlage: § 26b EStG)

Das Ehegattensplitting bietet verheirateten Paaren erhebliche steuerliche Vorteile. Bei der Zusammenveranlagung werden die Einkommen beider Partner addiert und dann halbiert. Diese „fiktiven“ halben Einkommen werden besteuert und die Steuer anschließend verdoppelt. Da der progressive Steuersatz bei höherem Einkommen steigt, kann dies zu einer erheblichen Steuerersparnis führen.

Beispiel: Verdient ein Ehepartner 70.000 Euro und der andere 30.000 Euro, wird das gemeinsame Einkommen von 100.000 Euro auf zwei fiktive Einkommen von je 50.000 Euro aufgeteilt. Dadurch sinkt die Steuerlast im Vergleich zur Einzelveranlagung.

Erbschaftssteuer und Freibeträge (Rechtsgrundlage: § 16 ErbStG)

Ehegatten genießen im Erbfall hohe Freibeträge und geringere Steuersätze:

  • Der Freibetrag für Ehegatten beträgt 500.000 Euro. Bis zu dieser Summe bleibt eine Erbschaft steuerfrei.
  • Bei Beträgen über dem Freibetrag greift die Erbschaftssteuerklasse I mit einem Steuersatz von 7% bis 30%, abhängig von der Höhe des Erbes. Im Vergleich dazu beträgt der Freibetrag für Lebenspartner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lediglich 20.000 Euro, und sie fallen in Steuerklasse III mit einem Steuersatz von 30% bis 50%.

3. Hinterbliebenenschutz und Witwen-/Witwerrente

Witwen-/Witwerrente (Rechtsgrundlage: §§ 46 ff. SGB VI)

Die gesetzliche Rentenversicherung sichert den überlebenden Ehepartner im Todesfall durch die Witwen- oder Witwerrente ab. Es wird zwischen der kleinen und der großen Witwen-/Witwerrente unterschieden:

Kleine Witwen-/Witwerrente: Diese beträgt 25% der Rente des verstorbenen Ehepartners und wird gezahlt, wenn der Hinterbliebene jünger als 45 Jahre ist, keine Kinder erzieht und nicht erwerbsgemindert ist.

Große Witwen-/Witwerrente: Diese beträgt 55% der Rente des verstorbenen Ehepartners (bzw. 60% bei Ehen, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden). Sie wird gezahlt, wenn der Hinterbliebene das 45. Lebensjahr vollendet hat, erwerbsgemindert ist oder ein Kind unter 18 Jahren erzieht.

Unverheiratete Lebenspartner haben keinen Anspruch auf eine solche Rente.

4. Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteilsrecht

Gesetzliche Erbfolge (Rechtsgrundlage: §§ 1931, 1371 BGB)

Ehepartner sind in der gesetzlichen Erbfolge besonders privilegiert. Ohne ein Testament erbt der Ehegatte neben Verwandten erster Ordnung (z.B. Kindern) 1/4 des Nachlasses. Zusätzlich kommt noch 1/4 hinzu, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten, sodass der Ehegatte insgesamt 50% des Nachlasses erhält.

Beispiel: Hinterlässt der Verstorbene ein Vermögen von 200.000 Euro, erbt der überlebende Ehepartner 100.000 Euro, wenn Kinder vorhanden sind. Ohne Kinder würde der Ehepartner mindestens 50% und in manchen Fällen sogar den gesamten Nachlass erben.

Pflichtteilsrecht (Rechtsgrundlage: § 2303 BGB)

Sollte der Ehepartner in einem Testament enterbt werden, steht ihm dennoch ein Pflichtteil zu. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. So bleibt der Ehepartner auch bei einer Enterbung finanziell abgesichert.

5. Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

Familienversicherung (Rechtsgrundlage: § 10 SGB V)

In der Ehe besteht die Möglichkeit, den nicht erwerbstätigen oder geringfügig beschäftigten Ehepartner kostenlos über die Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung mitzuversichern. Voraussetzung ist, dass der mitversicherte Partner kein Einkommen von mehr als 505 Euro monatlich (bei geringfügiger Beschäftigung: 538 Euro) hat.

Beispiel: Ist ein Ehepartner in Vollzeit beschäftigt und gesetzlich krankenversichert, kann der andere Partner, der beispielsweise als Hausfrau oder -mann tätig ist, ohne eigene Beiträge versichert werden. Dies spart monatlich mehrere hundert Euro an Krankenversicherungsbeiträgen.

6. Vorteile für Kinder: Sorgerecht und Namensrecht

Sorgerecht (Rechtsgrundlage: § 1626 BGB)

Verheiratete Eltern haben automatisch das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder. Bei unverheirateten Paaren muss das gemeinsame Sorgerecht beim Jugendamt oder Gericht beantragt werden. Die Ehe bietet also eine klare rechtliche Grundlage für die gemeinsame Sorge um die Kinder.

Namensrecht (Rechtsgrundlage: §§ 1355 ff. BGB)

Bei der Eheschließung können Ehepartner einen gemeinsamen Familiennamen wählen. Dies erleichtert die Namensgebung für gemeinsame Kinder und fördert die Familienidentität. Ohne Ehe tragen Kinder in der Regel den Namen der Mutter, es sei denn, die Eltern entscheiden sich für einen anderen Namen.

7. Mehr Rechte im Notfall: Notvertretungsrecht und Entscheidungsbefugnis

Notvertretungsrecht (Rechtsgrundlage: § 1357 BGB)

Ehepartner haben das Recht, sich in Notfällen gegenseitig zu vertreten, insbesondere wenn einer der Partner aufgrund von Krankheit oder Unfall geschäftsunfähig wird. Dies umfasst Entscheidungen über medizinische Behandlungen oder die Verwaltung des gemeinsamen Haushalts.

Beispiel: Wird ein Ehepartner nach einem Unfall bewusstlos, kann der andere Ehepartner ohne zusätzliche Vollmachten medizinische Entscheidungen treffen und beispielsweise einer Operation zustimmen.

Die Ehe bietet eine Vielzahl von rechtlichen Vorteilen, die weit über die bloße Partnerschaft hinausgehen. Von finanziellen Absicherungen über steuerliche Vorteile bis hin zu Rechten im Notfall – die Eheschließung schafft klare rechtliche Rahmenbedingungen, die in vielen Lebenslagen Sicherheit bieten. Es lohnt sich daher, die rechtlichen Aspekte der Ehe sorgfältig zu prüfen und abzuwägen.

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