Wer sich ehrenamtlich in einem gemeinnützig geführten Museum engagiert und dafür 5 Euro pro Stunde erhält, muss keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Das Hessische Landessozialgericht (LSG) entschied am 23. Januar 2025, dass es sich bei der Zahlung nicht um ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt handelt, sondern um eine Aufwandsentschädigung für eine ideelle Tätigkeit.
Klare Linie zur Sozialversicherung bei Ehrenamt
Die Entscheidung des LSG Hessen (Az.: L 1 BA 64/23) bringt insbesondere für gemeinnützige Organisationen und ehrenamtlich Engagierte mehr Rechtssicherheit.
Im konkreten Fall hatte ein Verein für seine Museumshelferinnen und -helfer pauschal 5 Euro pro Stunde gezahlt. Die Deutsche Rentenversicherung prüfte die Zahlungen im Rahmen einer Betriebsprüfung und forderte rund 12.800 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen nach. Ihrer Ansicht nach handelte es sich um Arbeitsentgelt, das beitragspflichtig sei.
Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht. Entscheidend sei, dass die Mitarbeitenden eigenverantwortlich und nicht weisungsgebunden gearbeitet hätten. Zudem wäre die Entschädigung nicht als Gegenleistung für eine Erwerbstätigkeit anzusehen, sondern decke lediglich entstandene Aufwendungen ab. Auch die Höhe der Zahlung sprach gegen eine reguläre Vergütung: Mit 5 Euro pro Stunde liegt sie deutlich unter dem gesetzlichen Mindestlohn.
Die Revision gegen dieses Urteil wurde zugelassen, sodass eine abschließende Klärung durch das Bundessozialgericht möglich ist.
Ehrenamt und Zuverdienst: Abgrenzung bleibt wichtig
Für Vereine und Organisationen bedeutet dieses Urteil mehr Klarheit, aber keine pauschale Freistellung. Entscheidend bleibt die Einzelfallbetrachtung. Wer Aufwandsentschädigungen zahlt, sollte dokumentieren, dass diese tatsächlich zum Ausgleich von Kosten dienen und nicht verstecktes Entgelt für eine Arbeitsleistung darstellen.
Auch sollten Art und Umfang der Tätigkeit sowie die Motivation der Helfenden eindeutig dem Bereich des Ehrenamts zuzuordnen sein. Das Gericht hob hervor, dass im konkreten Fall ideelle Beweggründe im Vordergrund standen. Die Helfenden koordinierten ihre Einsätze selbst und trugen keine wirtschaftlichen Risiken. Dies sind wichtige Indizien dafür, dass keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt.
Praxisrelevanz für Träger und Vereine
Das Urteil des LSG Hessen ist praxisrelevant für alle Träger ehrenamtlicher Strukturen. Insbesondere kleine Organisationen, die keine personellen oder finanziellen Ressourcen für aufwändige Statusfeststellungen haben, erhalten durch die Entscheidung eine Orientierung.
Drei zentrale Kriterien zur Abgrenzung:
- Die Höhe der Zahlung liegt unter dem Mindestlohn.
- Die Tätigkeit erfolgt ohne Weisungsbindung und in Eigenverantwortung.
- Der ideelle Zweck der Arbeit steht im Vordergrund.
Sozialversicherung: Bedeutung der Einzelfallprüfung
Ob eine Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist, hängt immer vom Gesamtbild ab. Pauschale Aussagen sind kaum möglich. Das Urteil verdeutlicht jedoch, dass Gerichte bereit sind, ehrenamtliches Engagement vom Erwerbsarbeitsverhältnis abzugrenzen – insbesondere dann, wenn ideelle Ziele verfolgt werden und keine marktfähige Arbeitsleistung vergütet wird.
Organisationen sollten gleichwohl vorsichtig bleiben und sich im Zweifel beraten lassen. Denn eine falsche Einschätzung kann hohe Nachzahlungen bei der Sozialversicherung nach sich ziehen.
Tipp für die Praxis: Vereinbaren Sie schriftlich, dass gezahlte Pauschalen ausschließlich als Aufwandsentschädigung zu verstehen sind. Führen Sie dazu einfache Nachweise über Fahrten, Materialien oder andere Kosten.
Zusammenfassung
Mit seiner Entscheidung hat das LSG Hessen ein wichtiges Signal gesetzt: Ehrenamtliches Engagement darf nicht durch sozialversicherungsrechtliche Unsicherheit erschwert werden. Gleichzeitig bleibt es wichtig, jede Tätigkeit individuell zu prüfen und die genauen Umstände zu betrachten. Das Urteil bietet eine Orientierung, ersetzt jedoch keine gründliche rechtliche Bewertung im konkreten Einzelfall.
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