Essen. Bei einem Zelt auf einem Campingplatz handelt es sich um eine Unterkunft. Von Jobcentern sind daher die Kosten für den Stellplatz als „Koster der Unterkunft“ zu erstatten. Dies hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) in Essen in einem am Freitag, 1. April 2022 bekannt gegebenen Urteil entschieden (Az.: L 19 AS 1201/ 21).
Damit gab es einem Arbeitslosen aus Bonn recht. Er war nach einem längeren Krankenhausaufenthalt vorübergehend ohne Wohnung. Also mietete er von Juni bis September auf einem Campingplatz einen Zeltplatz und wohnte da in einem Zelt.
Vom Campingplatzbetreiber wurde dafür insgesamt 1.100 Euro in Rechnung gestellt. Diese Kosten wollte das Jobcenter Rhein-Sieg jedoch nicht tragen. Bei einem Zelt handele es sich nicht um eine Unterkunft. Die Kosten für den Stellplatz seien daher auch keine erstattungsfähigen „Kosten der Unterkunft“.
Das LSG Essen widersprach dieser Ansicht wie zuvor bereits das Sozialgericht Köln. Das Gericht betonte, dass die Unterkunftsanforderungen nicht überzogen werden dürfen. Es würde andernfalls zu einer Benachteiligung der Menschen kommen, denen es aus finanziellen oder persönlichen Gründen nicht möglich ist, ein qualitativ besseres Obdach erhalten zu können. "Je niedriger der Standard des ‚Dachs über dem Kopf‘, desto wahrscheinlicher würde ihm der Charakter einer Unterkunft abgesprochen."
Eine Unterkunft müsse nach dem Sozialgesetzbuch einen ausreichenden Schutz vor Witterung sowie ein gewisses Maß an Privatsphäre bieten. Hierzu gehöre auch die Möglichkeit der Aufbewahrung privater Gegenstände.
Das LSG entschied, dass dies hier der Fall gewesen ist. Der Campingplatz sei umzäunt und vom Baurecht zugelassen. Es habe auch die Möglichkeit bestanden, sanitären Einrichtungen und Stromanschlüssen zu benutzen.
Vom Jobcenter sind nach dem Urteil aus Essen daher die Kosten in kompletter Höhe zu übernehmen. Eine Revision gegen das Urteil vom 10. Februar wurde vom LSG nicht zugelassen.
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