Arbeitsrecht

Einmaliges Richterlachen ist keine grobe Pflichtverletzung

Zuletzt bearbeitet am: 15.03.2023

Berlin (jur). Das einmalige Lachen eines ehrenamtlichen Richters über die Ausführungen eines Anwalts ist noch keine „grobe Pflichtverletzung“. Um einen ehrenamtlichen Richter wegen „ungebührlichen Verhaltens“ für befangen zu erklären, muss regelmäßig eine „gewisse Beharrlichkeit“ der Pflichtverletzung vorliegen oder der einzelne Verstoß so gewichtig sein, „dass ein weiteres Festhalten am ehrenamtlichen Richterverhältnis dem Ansehen der Rechtspflege entgegensteht“, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) in Berlin in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 28. Dezember 2022 (Az.: 2 SHa-EhRi 7013/22). 

Hintergrund des Rechtsstreits war ein Verfahren um die Abgabe einer sogenannten Konfliktmineraliendeklaration. Dabei handelt es sich um die Erklärung eines Unternehmens, inwieweit in seinen Produkten Rohstoffe vorkommen, die unter menschenrechtswidrigen Umständen wie Kinderarbeit gewonnen werden. 

Einer der Verfahrensbevollmächtigten machte hierzu längere Ausführungen und nannte als Beispiel für die Abgabe der Erklärung die Verwendung von „Rohstoffe wie Blutdiamanten“. Mehrfach beanstandete der Anwalt dabei, dass die Vorsitzende Richterin „keinen Blickkontakt mit ihm im Dialog halte“. Gegen Ende seiner Ausführungen lachte ein ehrenamtlicher Richter schließlich einmalig laut auf. 

Dies hielt der Anwalt wiederum als ein „verletzendes, sich über andere aufschwingendes Lachen“. Er stellte einen Befangenheitsantrag. 

Der begründete sein Lachen nicht nur mit dem verwendeten Begriff „Blutdiamanten“, sondern auch mit dem von dem Anwalt übertriebenen wiederholten Anweisungen des Anwalts an die Richterin, ihn anzugucken, wenn sie mit ihm redet. Er habe sein Lachen daraufhin nicht mehr unterdrücken können. 

Der Anwalt sah darin eine „verfassungswidrige Gesinnung“ und verlangte die Enthebung des ehrenamtlichen Richters von seinem Amt. 

Doch hierfür muss eine „grobe Amtspflichtverletzung“ vorliegen, stellte das LAG klar. Dies sei etwa bei der wiederholten Verletzung des Beratungsgeheimnisses oder einer „beständigen Verweigerung der Eidesleistung“ der Fall. Aber auch „ungebührliches Verhalten bei den Sitzungen“ könne dies begründen. Es müsse aber eine „gewisse Beharrlichkeit der Pflichtverletzung vorliegen“. Oder die einzelne Pflichtverletzung müsse so gravierend sein, dass ein „weiteres Festhalten am ehrenamtlichen Richterverhältnis der Wahrung des Ansehens der Rechtspflege entgegensteht“. 

Hier habe der ehrenamtliche Richter zwar pflichtwidrig gelacht, aber nur einmalig. Er habe den Prozessbevollmächtigten und seine berechtigte Forderung nach der Abgabe einer Konfliktmineraliendeklaration auch nicht „ausgelacht“. Eine beharrliche Pflichtverletzung liege damit nicht vor. Auch eine verfassungsfeindliche Gesinnung sei nicht erkennbar, so das LAG. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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