Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet einstweilige Verfügung in der ZPO?
- Abgrenzung: Arrest und einstweilige Verfügung
- Beispiele für einstweilige Verfügungen
- Voraussetzungen für das Erwirken einer einstweiligen Verfügung
- Antrag
- Verfügungsanspruch
- Verfügungsgrund
- Glaubhaftmachung
- Einstweilige Verfügung beantragen
- Welches Gericht ist zuständig?
- Der Antrag: Ein Muster als Beispiel
- Wie wird eine einstweilige Verfügung wirksam?
- Welche Fristen sind noch zu beachten?
- Welche Rechtsfolgen hat eine einstweilige Verfügung?
- Die einstweilige Verfügung wurde abgelehnt – was tun?
- Wie kann man gegen eine einstweilige Verfügung vorgehen?
- Widerspruch gegen die Beschlussverfügung
- Berufung gegen die Urteilsverfügung
- Antrag auf Anordnung der Klageerhebung
- Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände
- Abgabe einer Abschlusserklärung
- Geltendmachung von Schadensersatz
- Besonderheiten
- Wettbewerbsrecht
- Markenrecht
- Urheberrecht
- Die zu erwartenden Kosten in einer Übersicht
- Gerichtskosten
- Rechtsanwaltsvergütung
- Wer hat die Kosten zu tragen?
- Welcher Fachanwalt kann Ihnen weiterhelfen?
Mit einer einstweiligen Verfügung kann ein Anspruch (z.B. auf Unterlassung oder Beseitigung) schnell und vorläufig durchgesetzt werden; dies jedoch nur, wenn es sich für den Antragssteller um eine dringliche Angelegenheit handelt. Dieser Verfügungsgrund ist – wie auch der Verfügungsanspruch – im Antrag glaubhaft zu machen. Der Antragsgegner kann sich zudem gegen die Beschlussverfügung erwehren. Was es seitens des Antragsstellers deshalb alles zu beachten gibt und wie dieser vorzugehen hat, erfahren Sie hier!
Was bedeutet einstweilige Verfügung in der ZPO?
Bei der einstweiligen Verfügung handelt es sich um eine Ausgestaltung des sog. einstweiligen bzw. vorläufigen Rechtsschutzes, welcher als Ganzes in den §§ 916 ff. ZPO [Zivilprozessordnung] geregelt ist. Neben der einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) gibt es noch den sog. Arrest (§§ 916 ff. ZPO), dessen Vorschriften nach § 936 ZPO grundsätzlich auch für die einstweilige Verfügung gelten, soweit sich nicht etwas anderes aus den wenigen besonderen Regelungen zur einstweiligen Verfügung ergibt.
Eine Klage führt regelmäßig zu einem langwierigen Gerichtsverfahren. Dies kann für den Kläger unzumutbar sein, wenn er einen dringlichen Anspruch schnellstmöglich gesichert haben möchte, um so einen Schaden von sich abzuwenden zu können, der durch Warten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren eintreten würde. Sinn und Zweck des vorläufigen Rechtsschutzes und somit der einstweiligen Verfügung ist somit der zeitnahe Schutz von subjektiven Rechten, also bereits vor der Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Man spricht deshalb auch von einem Eilverfahren. Die einstweilige Verfügung dient jedoch lediglich der Sicherung eines dringlichen Anspruchs, nicht aber der Schaffung von endgültigen Tatsachen. Da dieser Rechtsschutz lediglich als vorläufige Entscheidung des Gerichts zu verstehen ist, ist er auch zeitlich begrenzt, wobei eine Verlängerung des vorläufigen Rechtsschutzes bei Bedarf möglich ist.
Das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren sind zwei eigenständige Gerichtsverfahren, die unabhängig voneinander bestehen. Es ist daher nicht zwingend notwendig, ein subjektives Recht auch mit einer Klage zu schützen. Vielmehr gibt es sogar Fälle, in denen es genügt, dass ein Gericht im Eilverfahren entscheidet, da diese Entscheidung immerhin eine Vermutung zum Ausgang des Hauptsacheverfahrens zulässt.
Abgrenzung: Arrest und einstweilige Verfügung
Während die einstweilige Verfügung auf die Sicherung eines Individualanspruchs auf gegenständliche Leistung oder des Rechtsfriedens, ausnahmsweise auch der vorläufigen Befriedigung eines Anspruchs, gerichtet ist, dient der Arrest der Sicherung einer zukünftigen Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung oder eines Anspruchs, der in eine solche übergehen kann. Diese Unterscheidung ist wichtig, da der Arrest und die einstweilige Verfügung nicht parallel beantragt werden können.
Im Übrigen sind auch innerhalb des jeweiligen Rechtsschutzes entsprechende Abgrenzungen vorzunehmen:
- Einstweilige Verfügung
- Sicherungsverfügung, § 935 ZPO
- Regelungsverfügung, § 940 ZPO
- Leistungsverfügung, gesetzlich nicht geregelt, aber anerkannt
Insoweit greift auch § 938 ZPO, wonach das Gericht nach freiem Ermessen bestimmt, welche Anordnung es treffen will.
- Arrest
- dinglich, vgl. § 917 ZPO
- persönlich, vgl. § 918 ZPO
Fachanwalt.de-Hinweis: Es gibt zudem noch die sog. einstweilige Anordnung, die vor allem im Familienrecht gemäß § 333 FamFG Anwendung findet. Sie soll vor allem den Eintritt irreversibler Zustände verhindern. Sie darf die Dauer von sechs Wochen grundsätzlich nicht überschreiten.
Beispiele für einstweilige Verfügungen
Die nachfolgend genannten Fälle stellen beispielhaft dar, wann eine einstweilige Verfügung beantragt werden kann:
- Ein Arbeitnehmer beantragt Urlaub innerhalb der Schulferien, da er schulpflichtige Kinder hat. Dem Arbeitgeber wird sodann mittels vorläufiger Verfügung die Urlaubsgewährung des Arbeitnehmers aufgegeben.
- Ein Unternehmer wird durch eine rechtswidrige Werbung eines Konkurrenten gefährdet. Dem Konkurrenten wird sodann vorläufig untersagt, die Werbung weiterhin zu nutzen.
- Ein IT-Unternehmen hat den Verdacht, dass ein Konkurrent den Quellcode für eine Software kopiert hat, um damit ein eigenes Computerprogramm zu veröffentlichen. Dem Konkurrenten wird durch die einstweilige Verfügung aufgegeben, den Quellcode einen Sachverständigen zu übergeben, der sodann die Ähnlichkeit überprüft.
- Ein Unternehmen hat die Rechte an einen Markennamen. Ein Konkurrent verwendet einen sehr ähnlichen Markennamen für ein eigenes Produkt. Dies wird ihm vorläufig untersagt.
- Ein Unternehmen hat die Bildrechte an einem CD-Cover eines Künstlers. Eine Internetplattform für Musikvermittlung hat dieses Cover unerlaubt genutzt und öffentlich verbreitet. Mit dem erfolgreichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird dem Inhaber der Internetplattform auferlegt, das Cover vorläufig zu entfernen.
Fachanwalt.de-Tipp: Vorläufigen Rechtsschutz gibt es nicht nur im Zivilrecht, sondern auch im Verwaltungsrecht und im Strafrecht. So kann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auch gegen eine Behörde gestellt werden. Im Verwaltungsrecht spielt dies vor allem bei der Zulassung zum Studium oder zu einer Prüfung, bei der Zuteilung eines Kita-Platzes, bei der Schulanmeldung sowie bei der Ernennung von Beamten eine Rolle. Im Strafrecht vor allem beim Stalking, bei Belästigung oder Bedrohung.
Voraussetzungen für das Erwirken einer einstweiligen Verfügung
Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
- Antrag, vgl. § 920 Abs. 1 und 2 ZPO
- Verfügungsanspruch, vgl. §§ 936, 916 ZPO
- Verfügungsgrund, vgl. §§ 936, 917, 918 ZPO
Antrag
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung führt nicht dazu, dass der Rechtsstreit anhängig wird; hierfür bedarf es eine eigenständige Klage – insoweit ist jedoch auch § 926 ZPO zu beachten.
Ein formgerechter Antrag ist enorm wichtig, da anderenfalls seitens des Gerichts gar keine Prüfung stattfindet, ob die weiteren Voraussetzungen vorliegen, selbst wenn dies offensichtlich ist. Aufgrund der Wichtigkeit des Antrags widmen wir uns diesem im nächsten Abschnitt intensiver.
Verfügungsanspruch
Es muss ein materiell-rechtlicher Anspruch bestehen bzw. dieser muss schlüssig dargestellt werden. Es kann sich allerdings grundsätzlich nur um einen solchen Anspruch handeln, der einer vorläufigen Regelung oder Befriedigung zugänglich ist. Demzufolge kommen lediglich die nachfolgenden Verfügungsansprüche in Betracht:
- Unterlassungsanspruch; und zwar grundsätzlich bei jeder rechtswidrigen Handlung (z.B. Kontaktverbot, Markenrechtsverletzung, Stromsperre).
- Beseitigungsanspruch; und zwar grundsätzlich bei jedweder Verwendung oder Vervielfältigung von Namen, Bildern oder Produkten, nicht jedoch, wenn damit endgültige und nicht revidierbare Verhältnisse geschaffen werden (z.B. Firmenlöschung, Vernichtung von Werbematerial).
- Widerrufsanspruch; und zwar wenn ein Dritter falsche Tatsachen verbreitet, die mit einer Gegendarstellung korrigiert werden müssen.
- Auskunftsanspruch; jedoch nur, wenn er aufgrund des Produktpirateriegesetzes entstanden ist (z.B. § 19 Abs. 3 MarkenG, § 14a Abs. 3 GeschmMG, § 101a Abs. 3 UrhG, § 140b Abs. 3 PatG, § 24b Abs. 3 GebrMG) und wenn die Rechtsverletzung offensichtlich ist oder wenn existenzielle Gläubigerinteressen auf dem Spiel stehen.
Ausgeschlossen ist eine einstweilige Verfügung indes bei folgenden Ansprüchen:
- Schadensersatz in Geld
- Feststellungsanspruch
- Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung
Fachanwalt.de-Tipp: Es erscheint sinnvoll, den Antragsgegner vor einem kostspieligen und risikobehafteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst abzumahnen. Diese Abmahnung kann beispielsweise mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verbunden werden, die seitens des Abgemahnten zu unterschreiben ist. Bei Zuwiderhandlung seinerseits droht anderenfalls eine Vertragsstrafe. Eine vorausgegangene Abmahnung ist für eine einstweilige Verfügung zwar keine zwingende Voraussetzung, minimiert jedoch das Risiko, dass das Rechtsschutzbedürfnis des Antragsstellers verneint wird.
Verfügungsgrund
Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn die Sache eilbedürftig ist. Es müssen also Umstände bestehen, die nach dem objektiven Urteil eines vernünftigen Menschen befürchten lassen, dass die Verwirklichung des Individualanspruchs durch bevorstehende Veränderung des bestehenden Zustandes gefährdet ist (Dringlichkeit). Dies ist nicht nur dann gegeben, wenn der Antragssteller ohne Erlass einer etwaigen einstweiligen Verfügung offensichtlich einen Schaden zu befürchten hat, sondern beispielsweise auch dann, wenn sich diese Gefahr aufgrund einer kriminellen Vergangenheit des Schuldners ergibt, wobei ein Generalverdacht nach herrschender Meinung unzulässig ist. Eilbedürftigkeit ist also in diesen Fällen nur dann gegeben, wenn sich der Schuldner wegen einschlägiger Delikte strafbar gemacht hat (etwa Verleumdung oder üble Nachrede), nicht aber darüber hinaus (z.B. Körperverletzung, Verkehrsdelikte etc.).
Glaubhaftmachung
Verfügungsanspruch und -grund sind gemäß § 920 Abs. 2 ZPO i.S.d. § 294 ZPO glaubhaft zu machen, d.h. zu beweisen. Zur Glaubhaftmachung zugelassen sind sämtliche Beweismittel, also unter anderem
- Bestätigungen von Zeugen,
- telefonische Auskünfte,
- Lichtbilder,
- Augenschein,
- unbeglaubigte Fotokopien,
sowie die Versicherung an Eides statt.
Einstweilige Verfügung beantragen
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung muss sowohl den Verfügungsanspruch als auch den Verfügungsgrund nennen und näher ausführen; beides muss zudem grundsätzlich glaubhaft gemacht werden.
Der Antrag kann schriftlich beim zuständigen Gericht gestellt werden. Es ist außerdem möglich, diesen zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts zu erklären.
Welches Gericht ist zuständig?
Für den Erlass der einstweiligen Verfügung ist grundsätzlich das Gericht der Hauptsache zuständig (vgl. § 937 ZPO). Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht, bei dem die Klage in dieser Sache einzureichen wäre.
Die nachfolgende Übersicht zeigt auf, welches Gericht für welche Angelegenheit sachlich zuständig ist:
Gericht | Sachlich zuständig zum Beispiel für |
Zivilgericht (Amts- oder Landgericht) |
Kontaktverbote (außerfamiliär), Urheberrechtsverletzung, Markenrechtsverletzung, Stromsperre |
Familiengericht | Kontaktverbote (innerfamiliär; Gewaltschutz), Unterhaltszahlungen, Aufenthaltsbestimmungsrecht |
Arbeitsgericht | Weiterbeschäftigung nach einer Kündigung, Weiterzahlungen von Gehalt, Durchsetzung von Urlaubsansprüchen |
Strafgericht | Stalking, Belästigung, Bedrohung |
Verwaltungsgericht | Zulassung zum Studium oder zu einer Prüfung, Zuteilung eines Kita-Platzes, Schulanmeldung, Ernennung von Beamten |
Sozialgericht | Bewilligung von Arbeitslosengeld, Anspruch auf Hartz IV / Bürgergeld |
Finanzgericht | Aufschiebung eines Steuerbescheids, Existenzgründung |
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich wiederum danach, welches Gericht sachlich zuständig ist. So richtet sich die örtliche Zuständigkeit der Zivilgerichte danach, in welchem Bezirk die Rechtsverletzung begangen wurde, was bei sog. fliegenden Gerichtsständen, die es vornehmlich bei Internetverstößen gibt, zu einer großen Auswahl an möglichen Gerichten führt. Die örtliche Zuständigkeit von Arbeitsgerichten richtet sich wiederum grundsätzlich danach, in welchem Bezirk die Betriebsstätte des Arbeitnehmers liegt. Beim Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgericht hängt die örtliche Zuständigkeit hingegen in aller Regel davon ab, in welchen Bezirk der streitgegenständliche Verwaltungsakt erlassen wurde.
Hier finden Sie ein Anschriftenverzeichnis der deutschen Gerichte.
Der Antrag: Ein Muster als Beispiel
Hinweis: Sämtliche Abschnitte, die kursiv dargestellt werden, bedürfen einer individuellen Anpassung.
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Datum
Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
des / der
Name, Vorname, Adresse
- Antragsteller/in -
gegen
den / die
Name, Vorname, Adresse
- Antragsgegner/in -
wegen Weiterbeschäftigung nach einer Kündigung
Streitwert: __________ Euro (Hinweis: In diesem Beispiel wären für den Streitwert drei Bruttomonatsgehälter zugrunde zu legen.)
Ich beantrage, folgende einstweilige Verfügung – wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – zu erlassen:
- Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragssteller nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom xx.xx.xxxx bis auf weiteres als Arbeitnehmer zu beschäftigen und tätig werden zu lassen.
- Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Begründung:
Der Antragssteller ist bei der Antragsgegnerin aufgrund des Arbeitsvertrags vom xx.xx.xxxx als Bürokaufmann beschäftigt.
Glaubhaftmachung: Arbeitsvertrag vom xx.xx.xxxx in Kopie – Anlage AS 1
Der Vorgesetzte des Antragsstellers, Herr Name, Vorname, hat dem Antragssteller am xx.xx.xxx ein Kündigungsschreiben übergeben.
Glaubhaftmachung: Kündigungsschreiben vom xx.xx.xxxx in Kopie – Anlage AS 2
Ausweislich des Kündigungsschreibens soll der Antragssteller am xx.xx.xxxx verschiedene Büroutensilien von seinem Arbeitsplatz mit nach Hause genommen haben. Dem Vorgesetzten des Antragsstellers, Herr Name, Vorname, sei dies noch am gleichen Tag aufgefallen. Dem Antragssteller gegenüber wurde zudem ein Hausverbot ausgesprochen.
Der Antragssteller war zu dem genannten Zeitraum aufgrund verschiedener auswärtiger Termine überhaupt nicht am Arbeitsplatz.
Glaubhaftmachung: Kunde Name, Vorname, Adresse als Zeuge
Kunde Name, Vorname, Adresse als Zeuge
Eidesstattliche Versicherung des Antragsstellers
vom xx.xx.xxxx – Anlage AS3
Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin ein Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Die Kündigung des Antragsstellers ist offensichtlich rechtswidrig.
Der Arbeitnehmer hat gegen seinen Arbeitgeber einen Beschäftigungsanspruch zum einen, da er auf sein Gehalt angewiesen ist, zum anderen, um sich im Arbeitsverhältnis entsprechend seinen Fähigkeiten und Leistungen fachlich und persönlich zu entfalten zu können (BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).
Deshalb handelt es sich bei diesem Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers um einen nach Art. 1 und 2 GG besonders geschützten Anspruch, der zudem Ausdruck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist. Dieser Anspruch kann zwar durch einseitige Anordnung des Arbeitgebers eingeengt werden, wenn die Interessen des Arbeitgebers den Anspruch des Arbeitnehmers deutlich überwiegen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Es gibt keine Umstände, die es rechtfertigen würden, dem Antragsteller seinen Beschäftigungsanspruch zu entziehen.
Der Verfügungsgrund ergibt sich aus der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der ausgesprochenen Kündigung. Es kann dahingestellt bleiben, ob die einstweilige Verfügung als Befriedigungs- und Erfüllungsverfügung (LAG Hamm MDR 1996, 1036) oder als Leistungsverfügung (ArbG Stuttgart NZA-RR 1997, 260) zu erlassen ist. Die von der Rechtsprechung (LAG Köln, LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 40) gestellten strengen Anforderungen an den Nachweis des Verfügungsgrundes sind vorliegend gegeben.
Der Antragsgegnerin ist damit aufzugeben, dem Antragssteller nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom xx.xx.xxxx bis auf weiteres als Arbeitnehmer zu beschäftigen und tätig werden zu lassen.
(Unterschrift)
Rechtlicher Hinweis zu der Vorlage: Bei dem kostenlosen Muster handelt es sich um ein unverbindliches Muster. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Vorlage wird keine Gewähr übernommen. Es ist nicht auszuschließen, dass die abrufbaren Muster nicht den zurzeit gültigen Gesetzen oder der aktuellen Rechtsprechung genügen. Die Nutzung erfolgt daher auf eigene Gefahr. Das unverbindliche Muster muss vor der Verwendung durch einen Rechtsanwalt individuell überprüft und dem Einzelfall angepasst werden.
Fachanwalt.de-Tipp: Es ist mit einem solchen Muster zwar möglich, den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne Anwalt zu beantragen, allerdings zeigt das vorstehende Muster ausreichend, dass ein solcher Antrag stets auf die individuelle Situation abgestimmt und zudem mit juristischen Argumenten untermauert sein muss. Es ist deshalb stets zu empfehlen, den zumindest bis zur juristischen Argumentation bereits vorgefertigten Entwurf einem Anwalt vorzulegen, damit dieser ggf. weitere Ergänzungen zum Sachverhalt vornehmen kann und ihren Antrag juristisch untermauern kann. Er kann außerdem prüfen, ob der Antrag an das richtige Gericht adressiert ist und ob der Streitwert korrekt bestimmt wurde. Darüber hinaus kann er für Sie die korrekten Anträge (1. und 2.) formulieren. Schließlich empfiehlt sich die Prüfung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits deshalb, da dieser Ihnen eine fundierte juristische Einschätzung über die Erfolgschancen dieses Antrags geben kann.
Wie wird eine einstweilige Verfügung wirksam?
Das Gericht prüft den Antrag hinsichtlich der Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung. Je nach Umfang und Inhalt des Antrags, wird dies im Normalfall wenige Stunden bis zwei, drei Tage dauern. In aller Regel entscheidet das Gericht sodann ohne eine mündliche Verhandlung, d.h. der Antragsgegner wird zu dem Antrag nicht weiter gehört. Das Gericht terminiert grundsätzlich nur dann eine mündliche Verhandlung, entweder wenn es noch Klärungsbedarf gibt, etwa zur Dringlichkeit des Antrags, oder wenn die einstweilige Verfügung schwerwiegende Konsequenzen für den Antragsgegner nach sich ziehen würde.
Soweit das Gericht die einstweilige Verfügung für berechtigt hält, wird es dem Antrag zustimmen und die beantragte Verfügung erlassen. Die Entscheidung erfolgt im Regelfall durch Beschluss (sog. Beschlussverfügung). Eine sog. Urteilsverfügung ergeht nur, wenn eine mündliche Verhandlung stattfand.
Das Gericht wird sodann dem Antragssteller die einstweilige Verfügung zu stellen. Es liegt sodann am Antragssteller, dem Antragsgegner innerhalb einer Vollziehungsfrist von einem Monat die Verfügung seinerseits zuzustellen (vgl. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO). Diese beginnt bei einer Beschlussverfügung mit der Zustellung des Beschlusses beim Antragssteller. Bei einer Urteilsverfügung beginnt die Monatsfrist indes mit der Verkündung des Urteils zu laufen. Das schriftliche Urteil wird zudem beiden Parteien von Amts wegen zugestellt. Allerdings wird darin keine Vollziehung nach § 929 Abs. 2 ZPO gesehen, sodass der Antragssteller dem Antragsgegner das Urteil nochmal selbst zustellen muss.
Fachanwalt.de-Tipp: Für die Zustellung der einstweiligen Verfügung können Sie sich klassisch eines Postdienstleisters bedienen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, die Zustellung über einen Gerichtsvollzieher oder einen Anwalt zu vollziehen. So ist eine rechtzeitige Zustellung nahezu garantiert. Dies ist besonders wichtig, da eine zu spät zugestellte Verfügung unwirksam wird. Zwar kann sodann erneut eine einstweilige Verfügung beantragt werden, diese wäre jedoch mit zusätzlichen Kosten verbunden und hätte zudem lediglich geringe Erfolgsaussichten, da in das Gericht dann erhebliche Zweifel an der Dringlichkeit haben wird, wenn bereits einmal die Vollziehungsfrist nicht eingehalten wurde.
Welche Fristen sind noch zu beachten?
Neben der einmonatigen Vollziehungsfrist ist seitens des Antragsstellers im Wesentlichen nur noch die Gültigkeit der Verfügung zu beachten. Eine einstweilige Verfügung ist grundsätzlich sechs Monate gültig. Sollte der Antragssteller keine berechtige Verlängerung beantragen, kann er nach Ablauf dieser sechs Monate die Verfügung nicht weiter durchsetzen. Eine Verlängerung ist im Übrigen nur dann berechtigt, wenn der Antragsgegner gegen die Verfügung verstoßen hat oder das Recht des Antragsstellers weiterhin schutzbedürftig ist.
Eine Antragsfrist gibt es in dem Sinne jedoch keine. Eine einstweilige Verfügung kann jederzeit beantragt werden. Da einstweilige Rechtsschutzmittel lediglich bei Dringlichkeit erlassen werden, ist der Antrag schnellstmöglich nach Kenntnisnahme über die streitgegenständliche Rechtsverletzung zu stellen.
Fachanwalt.de-Tipp: Durch den Antrag auf Erlass eines vorläufigen Rechtsschutzes, sei es eine einstweilige Verfügung, ein Arrest oder einer einstweiligen Anordnung, kommt es zur Hemmung des geltend gemachten Anspruchs – vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 9 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]. Dies bedeutet, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird (vgl. § 209 BGB).
Welche Rechtsfolgen hat eine einstweilige Verfügung?
Der im Antrag der einstweiligen Verfügung gestellte konkrete Antrag wird durchsetzbar. Mit Blick auf unser Muster müsste der Antragsgegner, der Arbeitgeber des Antragsstellers, diesen also nach Maßgabe des Arbeitsvertrags bis auf weiteres beschäftigen.
Ein Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung kann mit einem Ordnungsgeld oder sogar mit Ordnungshaft geahndet werden. Dies gilt vor allem hinsichtlich der Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen. Insoweit bestimmt § 890 ZPO, dass das einzelne Ordnungsgeld 250.000 Euro und die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen dürfen. Welches Ordnungsmittel in welcher Höhe zur Durchsetzung der einstweiligen Verfügung ist jedoch eine Frage des Einzelfalls und liegt im Ermessen des erkennenden Gerichts. Dazu bedarf es somit einer Durchfügung eines entsprechenden Verfahrens (vgl. §§ 890, 891 ZPO).
Eine weitere Folge einer einstweiligen Verfügung bzw. eines vorläufigen Rechtsschutzes kann zudem sein, dass hierdurch der damit einhergehende Rechtsstreit beendet wird, eine Klage also nicht mehr notwendig ist. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn der Antragsgegner den vorgebrachten Glaubhaftmachungen keine Gegenbeweise entgegenbringen kann. In solchen Fällen wird der Antragsgegner eine Abschlusserklärung abgeben, um eben eine für ihn mit weiteren Kosten verbundene Klage zu vermeiden, indem er die seitens des Gerichts getroffenen Regelungen akzeptiert.
Die einstweilige Verfügung wurde abgelehnt – was tun?
Hält das Gericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung jedoch für unberechtigt, so wird es den Antrag entweder direkt durch Beschluss zurückweisen oder einen Termin für eine mündliche Verhandlung bestimmen. In diesem Termin kann der Antragssteller neue Tatsachen vortragen, soweit er diese auch glaubhaft machen kann. Allerdings wird zu diesem Termin auch der Antragsgegner geladen, der seinerseits ebenso Tatsachen vortragen darf, soweit er diese glaubhaft machen darf.
Gegen den Beschluss, der einen Verfügungsantrag zurückweist, kann der Antragssteller eine sofortige Beschwerde erheben (vgl. § 567 Abs. 1 ZPO). Hält das Gericht, welches den Zurückweisungsbeschluss erlassen hat, die Beschwerde für begründet, so erlässt es die einstweilige Verfügung durch Beschluss (vgl. § 572 Abs. 1 ZPO). Sollte es weiterhin der Ansicht sein, dass der Verfügungsantrag zurückzuweisen ist, so wird es die Sache dem Beschwerdegericht vorlegen. Das Beschwerdegericht kann seinerseits die Beschwerde durch Beschluss zurückweisen, die einstweilige Verfügung durch Beschluss erlassen oder nach mündlicher Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Wie kann man gegen eine einstweilige Verfügung vorgehen?
Der Antragsgegner einer einstweiligen Verfügung hat grundsätzlich die folgenden Reaktionsmöglichkeiten:
- Widerspruch gegen die Beschlussverfügung bzw. Berufung gegen die Urteilsverfügung
- Antrag auf Anordnung der Klageerhebung
- Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände
- Abgabe einer Abschlusserklärung
- Geltendmachung von Schadensersatz
Widerspruch gegen die Beschlussverfügung
Ist die gegen den Antragsgegner erlassene einstweilige Verfügung unberechtigt, kann dieser gemäß §§ 936, 924 Abs. 1 ZPO einen Widerspruch gegen die Beschlussverfügung erheben. Dieser Widerspruch ist nicht fristgebunden, kann daher grundsätzlich auch nach mehreren Monaten erst erhoben werden; durch ein spätes Erheben ihm aber der Verwirkungseinwand entgegengehalten werden. Ein Widerspruch für zwingend zu einer mündlichen Verhandlung, welche die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat. Das Gericht entscheidet sodann durch Endurteil (vgl. § 925 ZPO).
Im Übrigen ist zu beachten, dass die Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch den Widerspruch gemäß § 924 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht gehemmt wird. Es kommt nach §§ 924 Abs. 3 Satz 2, 707 ZPO lediglich und ausnahmsweise eine Einstellung der Zwangsvollstreckung in Betracht, etwa wenn das Gericht den Widerspruch für offensichtlich begründet hält.
Es besteht zudem die Möglichkeit, den Widerspruch allein auf die Kostenfolge zu richten:
- Ein Widerspruch kann von Anfang an lediglich auf die Verfahrenskosten beschränkt werden (sog. Kostenwiderspruch). Der Antragsgegner erkennt den Verfügungsanspruch damit konkludent an, verzichtet konkludent jedoch auf die Erhebung eines sog. Vollwiderspruchs. Das Gericht entscheidet bei einem Kostenwiderspruch ebenso durch Endurteil.
- Alternativ dazu kann der Antragsgegner einen Vollwiderspruch erheben und mit diesem gleichzeitig eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Dies hat zur Folge, dass die Hautsache für erledigt erklärt wird und die Kosten gemäß §§ 91a, 93 ZPO dem Antragssteller auferlegt werden.
Berufung gegen die Urteilsverfügung
Bei einer Urteilsverfügung handelt es sich um ein Endurteil, gegen das grundsätzlich nach § 511 ZPO die Berufung statthaft ist.
Gleiches gilt bei einem Vollwiderspruch, über dem ebenso mit einem Endurteil entschieden wird. Bei einem bloßen Kostenwiderspruch, über den ebenso durch Endurteil entschieden wird, ist jedoch nur die sofortige Beschwerde nach § 99 Abs. 2 ZPO analog zulässig.
Antrag auf Anordnung der Klageerhebung
Der Antrag auf Anordnung der Klageerhebung (vgl. § 926 ZPO) kann bereits bei Antragsstellung auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Hierdurch wird der Antragssteller vor die Wahl gestellt, entweder eine endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren herbeizuführen oder die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu riskieren.
Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände
Sollten sich nach Erlass der einstweiligen Verfügung die Umstände, die zum Erlass dieser Verfügung geführt haben, geändert, so kann der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen dieser veränderten Umstände beantragen (vgl. § 927 ZPO). Dieser Antrag ist nicht fristgebunden, er unterliegt jedoch dem Einwand der Verwirkung und des Verzichts.
Abgabe einer Abschlusserklärung
Bei einer einstweiligen Verfügung handelt es sich lediglich um eine vorläufige Entscheidung. Um diese jedoch effektiv und dauerhaft werden zu lassen, wie ein Urteil in der Hauptsache, hat die Praxis die sog. Abschlusserklärung des Schuldners entwickelt. In dieser erkennt der Schuldner, also der Antragsgegner, die durch die Verfügung ergangene Regelung als endgültige Regelung des Rechtsstreits an und verzichtet gleichzeitig auf die vorgenannten Rechte aus §§ 924, 926 und 927 ZPO. Dies hat die Folge, dass für den Antragssteller das Rechtsschutzinteresse für eine Klage in der Hauptsache entfällt, wodurch wiederum der Antragsgegner die Verfahrenskosten für das Hauptsacheverfahren vermeidet.
Einer solchen Abschlusserklärung des Schuldners kann ein sog. Abschlussschreiben des Gläubigers (mithin des Antragsstellers) vorausgehen. Mit diesem Abschlussschreiben wird der Schuldner aufgefordert, innerhalb einer angemessenen Frist eine (ggf. bereits vorformulierte) Abschlusserklärung abzugeben. Dieses Abschlussschreiben muss die Androhung der Klage in der Hauptsache für den Fall der Fristversäumung enthalten.
Der Antragssteller kann dieses Abschlussschreiben – zusammen mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – von einem Rechtsanwalt verfassen lassen. Dadurch entstehen jedoch neue Kosten, die ebenso vom Antragsgegner zu erstatten sind. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch besteht jedoch nur, wenn der Antragssteller eine angemessene Frist gestellt hat. Der Bundesgerichtshof [BGH] entschied insoweit mit Urteil vom 22.01.2015 (Az.: I ZR 59/14), dass eine Wartefrist von mindestens zwei Wochen ab Zustellung des Urteils, durch das die einstweilige Verfügung erlassen oder bestätigt worden ist, angemessen ist. Mit Urteil vom Urteil vom 30.03.2017 (Az.: I ZR 263/15) hat der BGH nochmals konkretisiert, dass diese Wartefrist von zwei Wochen im Regelfall sowohl für eine durch Urteil ergangene oder nach Widerspruch bestätigte einstweiligen Verfügung als auch für eine Beschlussverfügung geboten und ausreichend ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Antragsgegner im Normalfall die (angemessenen) Kosten für ein anwaltliches Abschlussschreiben erstatten muss, wenn die angemessene Wartefrist von zwei Wochen ab Zustellung der Beschlussverfügung oder der Urteilverfügung abgelaufen ist.
Geltendmachung von Schadensersatz
Sollte sich die Anordnung der einstweiligen Verfügung von Anfang an als ungerechtfertigt erweisen, und ist dem Antragsgegner dadurch ein Schaden entstanden, so kann er gemäß § 945 ZPO gegen den Antragssteller einen entsprechenden Schadensersatzanspruch geltend machen.
Für den Antragssteller gilt zu beachten, dass dieser Anspruch auf Schadensersatz verschuldensunabhängig ist.
Besonderheiten
Im Zusammenhang mit der einstweiligen Verfügung sind vor allem bei den nachfolgend genannten Rechtsgebieten einige Besonderheiten zu beachten:
- Wettbewerbsrecht
- Markenrecht
- Urheberrecht
Wettbewerbsrecht
Im Wettbewerbsrecht stellt der sog. unlautere Wettbewerb den Regelfall für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dar. Unlauterer Wettbewerb meint, wenn das Verhalten eines Unternehmens oder einer Organisation im wirtschaftlichen Wettbewerb gegen die guten Sitten verstößt, also unfair ist. Da ein solches Verhalten zu hohen wirtschaftlichen Schäden bei den anderen Unternehmen führen kann, regelt § 12 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb [UWG], dass eine einstweilige Verfügung auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der Dringlichkeit erlassen werden kann. Die Dringlichkeit wird also bei Wettbewerbsverstößen vielmehr angenommen. Es handelt sich hierbei jedoch um eine widerlegliche tatsächliche Vermutung. Dies bedeutet, dass der Antragssteller die Dringlichkeit dann darzulegen und glaubhaft zu machen hat, wenn sie seitens des Antragsgegner widerlegt worden ist. Eine Dringlichkeit ist zudem widerlegt, wenn der Antragssteller zu lange untätig bleibt, er also zu lange mit dem Antrag wartet.
Wann ein zu langes Warten angenommen wird, wird von den Gerichten unterschiedlich gehandhabt. Es sind sog. Dringlichkeitsfristen von einem bis drei Monaten möglich.
Im Übrigen sind gemäß § 13 UWG bei Wettbewerbsstreitigkeiten ausschließlich die Landgerichte zuständig. Bei einer Wettbewerbsrechtsverletzung im Internet ist außerdem zu beachten, dass insoweit der sog. fliegende Gerichtsstand gilt. Sollte beispielsweise die unlautere Werbung bestimmungsgemäß deutschlandweit abrufbar sein und wirken, so ergibt sich eine bundesweite Zuständigkeit der Gerichte, d.h. in diesem Falle wären alle deutschen Landgerichte entscheidungsbefugt.
Markenrecht
Eine sog. Dringlichkeitsvermutung, wie sie eben im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht erläutert wurde, gibt es seit dem 2019 in Kraft getretenen Markenrechtsmodernisierungsgesetz nun ebenso. Normiert ist dies im § 140 Abs. 3 des Markengesetzes [MarkenG].
Urheberrecht
Ein Urheberrechtsverstoß kann ähnliche Folgen haben wie eine Wettbewerbsverletzung oder ein Verstoß gegen das Markenrecht. Dennoch greift hier die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG nicht, sodass der Antragssteller bei Urheberechtsverstößen durchaus darlegen und glaubhaft machen muss, dass eine Dringlichkeit besteht (vgl. dazu OLG Köln mit Beschluss vom 12.04.2021, Az.: 6 W 98/20).
Fachanwalt.de-Hinweis: Der Verfügungsanspruch muss sich freilich jeweils aus dem konkreten Wettbewerbsverstoß, Markenverstoß oder Urheberverstoß ergeben.
Die zu erwartenden Kosten in einer Übersicht
Durch die Beantragung einer einstweiligen Verfügung fallen grundsätzlich nachfolgende Kosten an:
- Gerichtskosten
- Rechtsanwaltsvergütung
- ggf. Gerichtsvollzieherkosten
Die Höhe der jeweiligen Kosten hängt zum einen vom Verfahrensabschnitt ab, und zum anderen vom Streitwert. Der Verfahrensstreitwert wird vom Gericht festlegt, wozu bewertet es die Rechtsverletzung im konkreten Einzelfall bewertet.
Gerichtskosten
Mit dem Antrag entsteht eine sog. 1,5 Gebühr (Nr. 1410 KV GKG). Sollte es zu einer mündlichen Verhandlung kommen, so fällt zusätzlich eine 3,0 Gebühr an (Nr. 1412 KV GKG). Sollte das gesamte Verfahren durch die Rücknahme des Antrags vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung, durch ein Anerkenntnis- bzw. Verzichtsurteil, durch übereinstimmende Erledigungserklärungen ohne streitige Kostenentscheidung oder vor einem Urteil durch einen Vergleich enden, so fällt anstelle der 3,0 Gebühr eine 1,0 Erledigungsgebühr an (Nr. 1411 KV GKG).
Rechtsanwaltsvergütung
Mit dem Antrag entsteht eine 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 RVG-VV). Sollte es zu einer mündlichen Verhandlung kommen, so fällt zusätzlich eine 1,2 Terminsgebühr (pro Verhandlungstag) an (Nr. 3104 RVG-VV). Sollte es zum Abschluss eines Vergleichs kommen, so fällt dafür eine 1,5 Einigungsgebühr (Nr. 1000 RVG-VV) an.
Wer hat die Kosten zu tragen?
Im Regelfall trägt derjenige die Kosten, der im jeweiligen Verfahren unterlegen ist. Wird also eine einstweilige Verfügung vom Gericht erlassen, dann trägt der Antragsgegner die Kosten. Wird der Antrag jedoch zurückgewiesen, dann sind die Kosten vom Antragssteller zu tragen.
Fachanwalt.de-Tipp: Abhängig von Ihrem Rechtsschutzvertrag trägt ggf. auch Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten für die einstweilige Verfügung. Informieren Sie sich dort. Soweit Sie sich eines Rechtsanwalts bedienen, kann auch dieser für Sie eine kostenlose Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung stellen.
Welcher Fachanwalt kann Ihnen weiterhelfen?
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist – wie dargestellt – eine eher komplexe Angelegenheit, weshalb es sich in jedem Fall lohnt, einen Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt damit zu beauftragen. Einen Anwalt in Ihrer Nähe finden Sie hier.
Der Schwerpunkt des Rechts- bzw. Fachanwalts ist auch bei der einstweiligen Verfügung davon abhängig, worum es in der Hauptsache geht:
Fachanwalt für | für beispielsweise |
Arbeitsrecht | Weiterbeschäftigung nach einer Kündigung, Weiterzahlungen von Gehalt, Durchsetzung von Urlaubsansprüchen |
Familienrecht | Kontaktverbote (innerfamiliär; Gewaltschutz), Unterhaltszahlungen, Aufenthaltsbestimmungsrecht |
Strafrecht | Stalking, Belästigung, Bedrohung |
Verwaltungsrecht | Zulassung zum Studium oder zu einer Prüfung, Zuteilung eines Kita-Platzes, Schulanmeldung, Ernennung von Beamten |
Sozialrecht | Bewilligung von Arbeitslosengeld, Anspruch auf Hartz IV / Bürgergeld |
Steuer- und Abgabenrecht | Aufschiebung eines Steuerbescheids, Existenzgründung |
Handels- und Gesellschaftsrecht | Wettbewerbsverstöße |
Urheber- und Medienrecht | Urheberrechtsverstöße |
Gewerblichen Rechtsschutz | Markenrechtsverletzungen |
Der Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt übernimmt für Sie vor allem folgende Aufgaben:
- Prüfung, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erfolgreich sein wird; damit zusammenhängen das eigene Kostenrisiko sowie grundsätzliche Prüfung der zu erwartenden Kosten
- Rechtssichere Argumentation im Antrag hinsichtlich des Anspruchs und Dringlichkeit;
- Zusammentragen aller notwendigen Beweismittel für die Glaubhaftmachung des Anspruchs und der Dringlichkeit;
- Antragsstellung beim zuständigen Gericht;
- Fristgerechte Zustellung der Beschlussverfügung (bzw. der Urteilsverfügung) an den Antragsgegner innerhalb der Vollziehungsfrist;
- Vollziehung und Überwachung der einstweiligen Anordnung;
- Vorgehen gegen etwaige Verletzungen der einstweiligen Verfügung;
- Verlängerung der einstweiligen Verfügung;
- Hinwirken auf eine Abschlusserklärung des Beschuldigten;
- Gerichtliche Vertretung im Falle einer Hauptverhandlung.
Fachanwalt.de-Tipp: Ein Fachanwalt bringt für sämtliche Fragestellungen ausreichend Expertise mit. Denn die Fachanwaltsbezeichnung wird nur verliehen, wenn der Rechtsanwalt besondere Kenntnisse im jeweiligen Schwerpunkt nachweisen kann. Ein Fachanwalt muss dabei auch nicht zwingend teurer sein als ein Rechtsanwalt. Denn für alle Anwälte gelten die im Abschnitt zuvor genannten Gebühren. Es steht ihnen jedoch frei, eine höhere Anwaltsgebühr zu verlangen. Dieses Recht steht jedoch nicht nur dem Fachanwalt, sondern auch dem Rechtsanwalt zu.
Autor: Fachanwalt.de-Redaktion
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