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Einwände gegen den Rundfunkbeitrag wegen vermeintlicher Programmdefizite erfolglos

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(1 Bewertung)26.02.2025 Urheberrecht und Medienrecht

VG Koblenz weist Klage gegen Rundfunkbeitrag ab (5 K 720/24.KO)

Das Verwaltungsgericht Koblenz (VG Koblenz) hat am 21. Januar 2025 (Aktenzeichen 5 K 720/24.KO) die Klage einer Wohnungsinhaberin gegen einen Rundfunkbeitragsbescheid zurückgewiesen.

Sachverhalt

Eine Frau richtet sich mit ihrer Klage gegen einen Bescheid über Rundfunkbeiträge. Der zuständige Beitragsservice fordert sie als Inhaberin einer Wohnung zur Begleichung dieser Beiträge auf. Da sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht entsprach, erließ der Beklagte am 1. November 2023 einen Bescheid, der rückständige Beiträge sowie einen Säumniszuschlag festsetzte.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 4. Dezember 2023 Widerspruch ein und brachte dabei verfassungsrechtliche sowie einfachrechtliche Einwände vor. Der Beklagte verwarf den Widerspruch mit einem Bescheid vom 4. Juli 2024 und hielt an der Rechtmäßigkeit der Forderung fest, während er die Argumente der Klägerin zurückwies.

Am 10. Juli 2024 reichte die Klägerin Klage ein, in der sie ihre Einwände aus dem Widerspruchsverfahren wiederholte und vertiefte. Sie trug vor, der Beklagte erfülle seinen verfassungsmäßigen Auftrag nicht, weshalb der Bescheid formal und materiell rechtswidrig sei. Zur Begründung verwies sie auf umfangreiche Ausführungen in ihrer Klageschrift (Blatt 1 bis 228 der elektronischen Gerichtsakte).

In der mündlichen Verhandlung erschien die Klägerin nicht und beantragte schriftlich die Aufhebung des Bescheids vom 1. November 2023 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2024. Der Beklagte, ebenfalls nicht anwesend, widersprach der Klage und forderte deren Abweisung. Für weitere Details wurde auf die Schriftsätze der Parteien, die eingereichten Unterlagen und die Verwaltungsakten verwiesen, die alle in der Verhandlung berücksichtigt wurden.

Entscheidungsbegründung

Das VG Koblenz wies die Klage am 21. Januar 2025 ab, obwohl beide Parteien trotz ordnungsgemäßer Ladung der mündlichen Verhandlung fernblieben. Die Entscheidung traf die Kammer gemäß § 102 Abs. 2 VwGO und sah den Bescheid vom 1. November 2023 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2024 als rechtmäßig an, ohne die Rechte der Klägerin zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Festsetzung der Rundfunkbeiträge stützt sich auf § 2 Abs. 1 RBStV, wonach Wohnungsinhaber im privaten Bereich beitragspflichtig sind. Nach § 7 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RBStV sind die Beiträge monatlich fällig und alle drei Monate im Voraus zu zahlen. Rückstände werden gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV von der Landesrundfunkanstalt eingefordert.

Verfassungsrechtlich ist die Beitragspflicht für Erstwohnungen unbedenklich, wie das Bundesverfassungsgericht am 18. Juli 2018 (1 BvR 1675/16) feststellte. Dieses Urteil hat Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) und bindet alle Behörden. Der Rundfunkbeitrag ist keine Steuer, sondern eine den Ländern zustehende Sonderabgabe, weshalb kein Verstoß gegen das Föderalismusprinzip oder die Ewigkeitsgarantie (Art. 79 Abs. 3 GG) vorliegt. Er verletzt weder den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), noch Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) oder Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), wie verschiedene Gerichte bestätigten. Eine Aussetzung zur Vorlage an das BVerfG war daher nicht erforderlich.

Ein Verstoß gegen die Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) wurde ebenfalls verneint. Die Klägerin kritisierte, der Beklagte dürfe nicht gleichzeitig Forderungen erheben und vollstrecken. Da jedoch keine Vollstreckung strittig war und § 10 Abs. 6 RBStV Vollstreckungshilfe erlaubt, war dieser Einwand unbegründet.

Die Beitragspflicht steht im Einklang mit dem Unionsrecht, wie der EuGH (13. Dezember 2018, C-492/17) und andere Gerichte bestätigten. Sie stellt keine verbotene Beihilfe dar, verletzt weder die Charta der Grundrechte (Art. 20) noch die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und ist mit dem Diskriminierungsverbot (Art. 14 MRK) vereinbar.

Die Klägerin scheiterte auch mit dem Argument, der RBStV sei ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter (§ 1 Abs. 1 LVwVfG, § 58 Abs. 1 VwVfG). Die Pflicht basiert auf Gesetz, nicht auf Vertrag, weshalb §§ 54 ff. VwVfG nicht greifen. Eine Kündigung (§ 60 VwVfG) oder Sittenwidrigkeit (§ 59 Abs. 1 VwVfG, § 138 BGB) wurden ausgeschlossen.

Formell ist der Bescheid rechtmäßig. Der Beklagte ist gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV zuständig und nutzt den Beitragsservice zulässig als Verwaltungshilfe (§ 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV). Dieser agiert im Auftrag der Rundfunkanstalt, weshalb keine Nichtigkeit nach § 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG vorliegt. Der Bescheid nennt den Beklagten klar als Behörde, sodass auch § 44 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG nicht einschlägig ist.

Ein Verstoß gegen Selbstorganschaft (Art. 33 Abs. 4 GG) oder das Rechtsdienstleistungsgesetz (§ 3 RDG) wurde verneint. Der Beitragsservice benötigt keine Registrierung, da er nicht selbständig tätig ist (§ 10 Abs. 7 Satz 2 RBStV). Eine Urkunde ist nicht erforderlich (§ 44 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG), da Bescheide formlos bekanntgegeben werden (§ 41 Abs. 1 VwVfG).

Die automatisierte Erstellung des Bescheids ist gemäß § 10a RBStV zulässig, da kein Ermessen besteht. Eine Unterschrift fehlt zwar, ist aber bei automatisierten Verwaltungsakten entbehrlich (§ 37 Abs. 5 Satz 1 VwVfG). Der Widerspruchsbescheid stellte zudem eine manuelle Überprüfung sicher.

Materiell ist die Festsetzung ebenfalls korrekt. Die Klägerin war als Wohnungsinhaberin zahlungspflichtig (§ 2 Abs. 1 RBStV) und geriet in Rückstand (§ 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV). Die Datenverarbeitung ohne Einwilligung ist durch Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO gedeckt, da sie im öffentlichen Interesse liegt.

Die Klägerin konnte nicht mit dem Argument durchdringen, der Beklagte verfehle seinen Programmauftrag strukturell, weshalb kein individueller Vorteil die Beitragspflicht rechtfertige. Die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) sichert Programmautonomie, die durch gesetzliche Vorgaben und Aufsichtsgremien gewährleistet wird. Einzelne Bürger haben kein Recht auf gerichtliche Programmprüfung; dies obliegt den Rundfunkräten (§ 11 SWR-Staatsvertrag). Der Vorteil liegt in der Nutzungsmöglichkeit, nicht in der Programmqualität.

Entgegen der Auffassung der Klägerin müssen Verwaltungsgerichte den Programmauftrag nicht prüfen. Der Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 24. April 2023 (1 BvR 601/23) ändert daran nichts, da er nur prozessuale Fragen behandelt. Ebenso bleibt der BVerwG-Beschluss vom 23. Mai 2024 (6 B 70.23) ohne materielle Aussage.

Die Klägerin behauptete ferner, die Aufsichtsgremien seien nicht staatsfern. Dies blieb unsubstantiiert, da die Gremien gemäß §§ 14, 20 SWR-Staatsvertrag pluralistisch besetzt sind. Eine direkte demokratische Legitimation ist nicht erforderlich.

Selbst bei hypothetischer Prüfpflicht wäre die Klage erfolglos. Ein systemisches Versagen erfordert gravierende, flächendeckende Mängel, die die Klägerin nicht darlegte. Ihre Kritik an einzelnen Themen (z. B. Corona, Ukraine) genügt nicht, wie das VG Freiburg (17. Mai 2023, 9 K 385/23) bestätigte. Das BVerfG sah 2021 (20. Juli 2021, 1 BvR 2756/20) keine strukturellen Defizite.

Ein Verstoß gegen Sparsamkeit oder Zweckmäßigkeit wurde verworfen, da dies außerhalb der gerichtlichen Prüfung liegt. Die Nebenforderungen (Säumniszuschlag) sind gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV rechtmäßig. Kosten trägt die Klägerin (§ 154 Abs. 1 VwGO), die Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert beträgt bis 500 Euro (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Fazit: Die Entscheidung zeigt, dass Einwände gegen den Rundfunkbeitrag wegen vermeintlicher Programmdefizite kaum Aussicht haben. Zahlungen sollten fristgerecht erfolgen, da Rückstände festgesetzt werden. Bei Kritik am Programm sind die Aufsichtsgremien der richtige Adressat, nicht die Gerichte.

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