Celle (jur). Stellt sich ein Testament wegen einer psychischen Erkrankung der Erblasserin als unwirksam heraus, muss der zunächst bedachte Erbe auch noch nach Jahren alles wieder herausgeben. Selbst wenn der Erbe den Nachlass im guten Glauben angenommen hat, trägt er das Risiko für die Unwirksamkeit des Testaments, wie das Oberlandesgericht (OLG) Celle in seiner mündlichen Verhandlung vom 22. November 2022 deutlich machte (Az.: 6 U 2/22). Nach Rücknahme der Berufung wurde so das gleichgerichtete Urteil des Landgerichts Hannover rechtskräftig (Urteil vom 27. Dezember 2021, Az.: 12 O 189/20).
Im konkreten Fall hatte eine alleinstehende und kinderlose Frau ihr Vermögen von mehreren Millionen Euro ihrem langjährigen Steuerberater vermacht. Zunächst legte sie dies 2008 in ihrem Testament und dann 2014 noch einmal in einem beim Notar geschlossenen Erbvertrag fest.
Als dann 2015 die Frau tatsächlich starb, erhielt der Steuerberater einen Erbschein erteilt. Doch das Amtsgericht Hannover hatte Zweifel, ob die Frau überhaupt testierfähig war. Es holte ein psychiatrisches Gutachten ein. Danach litt die Frau an wahnhaften Störungen. Der Sachverständige hatte hierzu zahlreiche Zeugen mit angehört, unter ihnen auch Notare und Ärzte.
Das Amtsgericht und das Landgericht Hannover stellten daraufhin fest, dass das Testament und der Erbvertrag unwirksam sind und der als Erbe eingesetzte Steuerberater das Vermögen wieder zurückgeben muss.
In der mündlichen Verhandlung vor dem OLG vertraten auch die Berufungsrichter diese Position. Sie erklärten, dass es unerheblich sei, ob der Steuerberater im guten Glauben das Vermögen angenommen hat und ob er die Testierunfähigkeit kannte oder hätte erkennen können. Letztlich trage immer der Erbe das Risiko, ob ein Testament wirksam sei. Bei einer Unwirksamkeit müsse er alle Nachlassgegenstände wieder herausgeben.
Nach diesen Hinweisen nahm der Steuerberater seine Berufung wieder zurück. Damit ist das Urteil des Landgerichts Hannover rechtskräftig. Über das Vermögen können sich nun 16 Angehörige als gesetzliche Erben der Verstorbenen freuen. Hätte es keine Angehörigen gegeben, wäre der Staat als Erbe eingetreten.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock