München (jur). Sieht ein Testament vor, dass zunächst der Ehepartner und dann beispielsweise die Kinder erben sollen, sind dies zwei getrennte „Erbfälle“. Daher können zunächst der Ehemann als „Vorerbe“ und dann auch die Kinder als „Nacherben“ bei der Erbschaftsteuer die „Erbfallkostenpauschale“ absetzen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag, 4. Mai 2023, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: II R 3/20). Ein Nachweis, dass im Zusammenhang mit dem Erbe Kosten entstanden sind, sei dafür nicht nötig.
Gerade bei Ehepaaren mit Kindern sind solche Testamente inzwischen üblich. Auch im Streitfall hatte die Erblasserin bestimmt, dass nach ihrem Tod zunächst ihr Ehemann erben soll, als Nacherbin dann aber ihre Nichte.
Für die Nichte setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer in Höhe von 3.960 Euro fest. Die Nichte hielt dies für zu viel und zog vor Gericht. Vor der Berechnung der Erbschaftsteuer müsse das Finanzamt von dem Nachlass die Erbfallkostenpauschale in Höhe von 10.300 Euro abziehen.
Das Finanzamt meinte, die Pauschale habe nur dem Ehemann als Vorerbe zugestanden. Denn dieser habe für die Beerdigungskosten seiner Frau aufkommen müssen.
Hierzu betonte nun der BFH, dass Vorerbe und Nacherbe als zwei getrennte Erbfälle zu behandeln sind. Daher müsse das Finanzamt auch bei beiden die Erbfallkostenpauschale berücksichtigen, hier also auch bei der Nichte.
Zwar sei die Pauschale auch der Höhe nach ursprünglich vorwiegend als Ausgleich für die Beerdigungskosten gedacht gewesen. Zusätzlich solle sie aber auch weitere Kosten der Nachlassverwaltung abdecken.
Da es sich um eine Pauschale handelt, müsse hier die Nichte auch nicht belegen, dass ihr überhaupt mit ihrer Erbschaft verbundene Kosten entstanden sind, heißt es weiter in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 1. Februar 2023. In diesem Punkt rückten die obersten Finanzrichter damit von ihrer bislang gegenteiligen Rechtsprechung ab.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock