Steigern Sie Ihre Sichtbarkeit und gewinnen Sie mehr Mandate. Jetzt 1 Monat kostenlos testen!Pfeil rechtsPremiumeintrag jetzt kostenlos testenPfeil rechts

Erbpflichtteil für Kinder von EU-Ausländern durch BGH gesichert

SternSternSternSternStern
(3 Bewertungen)28.10.2024 Erbrecht

Karlsruhe. EU-Ausländer kommen nach einem langjährigen Aufenthalt in Deutschland nicht um die Kerngedanken des deutschen Erbrechts herum. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe mit einem am Freitag, 22. Juli 2022, veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: IV ZR 110/21). Damit rückte er von früheren Urteile ab und sicherte den Kindern den Erbpflichtanteil, der ihnen nach deutschem Erbrecht zusteht.

Für Erbschaften gilt nach EU-Recht zunächst das Recht am Wohnsitz. Zugezogenen EU-Bürgern erlaubt die EU-Erbverordnung jedoch auch, das Erbrecht des Landes ihrer Staatsangehörigkeit zu wählen.

Im streitigen Fall hat ein 2018 verstorbener Brite genau das getan. Allerdings lebte er schon seit 1965 in Deutschland und adoptierte hier 1974 einen Jungen.

Der Engländer wählte für sein Testament die Anwendung englischen Rechts. Wie bereits beim Adoptionsvertrag schloss er auch im Testament "Pflichtteilsrechte für das Kind".

Nach deutschem Recht hat jedes Kind Anspruch auf mindestens einen sogenannten Pflichtanteil. Das wollte der Adoptivsohn auch hier durchsetzen. So forderte er zunächst die testamentarische Alleinerbin auf, Auskunft über den Umfang des Nachlasses zu erteilen.

Wie bereits das Oberlandesgericht Köln in der Vorinstanz gab nun auch der BGH dem statt. Der Ausschluss des Pflichtteils widerspreche der im Grundgesetz verankerten Erbrechtsgarantie und damit einem Kerngedanken der deutschen Rechtsordnung.

Die Karlsruher Richter argumentierten, dass die EU-Erbverordnung es ausdrücklich zulasse, dass das gewählte ausländische Recht unangewendet bleibt, sofern es gegen diese sogenannte „ordre public“ (öffentliche Ordnung) verstößt. Dazu gehöre jedenfalls der Pflichtteil bei einem Erbe sofern es sich um einen Sachverhalt mit ausreichend starkem Inlandsbezug handelt.

Der BGH hatte bis zuletzt 1993 noch anders entschieden. Nach dem neuen Urteil vom 29. Juni 2022 sei dies vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „überholt“ (Beschluss vom 26. November 2018, Az.: 1 BvR 1511/14).

Für eine Berufung auf den „ordre public“ ist der erforderliche Inlandsbezug im streitigen Fall eindeutig gegeben. Der Erblasser habe über 50 Jahre dauerhaft in Deutschland gelebt. Er habe hier auch seine erbrechtlich geschützten familiären Beziehungen gehabt. Sein Adoptivsohn sei Deutscher und lebe ebenfalls in Deutschland.

Quelle: © Fachanwalt.de

Symbolgrafik: © Marco2811 - stock.adobe.com

Diesen Artikel bewerten: SternSternSternSternStern (3 Bewertungen)
Diesen Artikel teilen: Linkedin Xing X
Whatsapp
Facebook
Fragen? Jetzt Fachanwalt.de-KI kostenlos fragen

Ihr Chatverlauf

Schildern Sie Ihr Problem ausführlich und erhalten innerhalb von Sekunden eine kostenlose KI-Ersteinschätzung:

Mit Nutzung unseres KI-Features akzeptieren Sie unsere Nutzungsbedingungen.

SofortantwortSofortantwort 24/7
NachfragemöglichkeitNachfragemöglichkeit
Kostenlos!Kostenlos!
Antwort erhalten Pfeil nach rechts
Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
OLG Zweibrücken: Anfechtung der Erbausschlagung nicht erfolgreich
23.12.2024Redaktion fachanwalt.deErbrecht
OLG Zweibrücken: Anfechtung der Erbausschlagung nicht erfolgreich

Das OLG Zweibrücken (Az. 8 W 102/23 ) entschied, dass eine Erbausschlagung nicht wegen Irrtums angefochten werden kann, wenn nur der Wert des Nachlasses falsch eingeschätzt wurde. Erblasserin hinterlässt Haus mit Grundschuld Die Erblasserin verstarb im Alter von 106 Jahren und hinterließ kein Testament. Sie lebte zuvor in einem Seniorenheim, dessen Kosten durch ein Darlehen der Kriegsopferfürsorge gedeckt wurden. Dieses Darlehen war durch eine Grundschuld auf ihr Haus abgesichert. Als gesetzliche Erben traten ihre Enkel und Urenkel in die Erbfolge ein. Eine Enkelin schlug die Erbschaft aus und begründete dies mit einer vermuteten Überschuldung des Nachlasses. Nach dem Verkauf des Hauses durch eine Nachlasspflegerin erfuhr die Enkelin von einem Bankguthaben und focht die Ausschlagung an, um sich als Miterbin...

weiter lesen weiter lesen

Erbschaftsausschlagung und Anfechtung bei Irrtum
SternSternSternSternStern
(1 Bewertung)02.09.2024Redaktion fachanwalt.deErbrecht
Erbschaftsausschlagung und Anfechtung bei Irrtum

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit einem aktuellen Beschluss entschieden, dass eine Erbschaftsausschlagung angefochten werden kann, selbst wenn der Erbe nicht alle möglichen Informationsquellen über die Zusammensetzung des Nachlasses genutzt hat. Dies gilt insbesondere, wenn der Erbe aufgrund einer Fehlvorstellung von einer Überschuldung ausgegangen ist. ( Az. 21 W 146/23 ) Erbschaftsausschlagung und die Rolle des Irrtums Eine Erbschaftsausschlagung kann unter bestimmten Umständen angefochten werden. Gemäß dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juli 2024 ist dies möglich, wenn ein Erbe seine Ausschlagungserklärung aufgrund eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses abgegeben hat (§ 119 BGB). Dies setzt jedoch voraus, dass der Irrtum für die...

weiter lesen weiter lesen
OLG Oldenburg bestätigt: Testament auf Kneipenblock rechtsgültig
SternSternSternSternStern
(2 Bewertungen)15.03.2024Redaktion fachanwalt.deErbrecht
OLG Oldenburg bestätigt: Testament auf Kneipenblock rechtsgültig

Ein ungewöhnlicher Testamentfall, verhandelt vom 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg unter dem Aktenzeichen 3 W 96/23 , hat für Aufsehen gesorgt: Ein Gastwirt aus dem Ammerland verfasste sein Testament auf einem Kneipenblock, welches von seiner Partnerin, die sich als Alleinerbin sah, beim Nachlassgericht zur Erteilung eines Erbscheins eingereicht wurde. Kneipenblock-Testament: Gericht zweifelt letzten Willen an Ein Gastwirt hinterließ nach seinem Ableben ein Testament, das auf einem im Gastraum gefundenen Kneipenblock notiert war. Darauf stand unter Datum und Unterschrift der Spitzname einer Person – „X“ – mit dem Vermerk „X bekommt alles“. Seine Lebensgefährtin, überzeugt, dass sie mit „X“ gemeint sei, strebte nach dem Erbschein. Das Amtsgericht Westerstede erkannte in dem...

weiter lesen weiter lesen

Kein Erbe nach ignorierter Gerichtspost
SternSternSternSternStern
(3 Bewertungen)20.06.2023Redaktion fachanwalt.deErbrecht
Kein Erbe nach ignorierter Gerichtspost

Karlsruhe (jur). Trotz aller Trauer nach dem Tod eines nahen Angehörigen sollte die Post vom Gericht nicht unbeantwortet liegenbleiben. Denn das kann dazu führen, dass man unverhofft ohne Erbe dasteht, wie ein am Montag, 12. Juni 2023, veröffentlichter Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe zeigt (Az.: IV ZB 11/22). Danach kann ein Gericht die „Erbunwürdigkeit“ auch in einem sogenannten Versäumnisurteil ohne jede Beteiligung der betroffenen Person aussprechen.  Im konkreten Fall war ein Mann aus dem Raum Köln am 9. November 2018 verstorben. Fünf Wochen später reichte seine Ehefrau beim Nachlassgericht ein von beiden Eheleuten unterzeichnetes Testament ein, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Der Text über den Unterschriften war von der Ehefrau handschriftlich verfasst...

weiter lesen weiter lesen

Icon Über den Autor

Rechtsanwalt gesucht?
Sie haben Fragen?